Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

noch immer in der Hanney's. Und du, fuhr er fort, spielst auch gern mit mir?

Das Mädchen kam nicht dazu, zu antworten -- einer der Mitspielenden kam von draußen herein und rief den Anwesenden lachend zu, daß es unten auf dem Platze einen Spectakel zum Todtlachen gebe. Das Mohrenfranzel habe auch mit Komödie spielen wollen und sei darüber in Streit gekommen mit den Burschen, weil sie sie ausgelacht hätten. Alles eilte von Bühne und Coulissen den Fenstern zu, um den Vorgang mit anzusehen -- das Pärchen war wieder allein, und Nichts hinderte Hanney, auf Beantwortung seiner Frage zu dringen.

Dieser aber war auf einmal wie umgewandelt. Die bloße Nennung der Jugendgespielin genügte, ihm deren Bild vor die Seele zu rufen, wie sie einsam und freundlos auf der Plätte gesessen war. Er sah ihre Betrübniß, er hörte das rohe Schreien und das Spottgelächter, das ihr galt ... es war ihm, als ob ihr Hülferuf mitten durch den Lärmen dränge ... als ob sie ihm riefe . . . und ohne sich eigentlich selbst Rechenschaft zu geben, was er that, hatte er Wolfsind's Hand gelassen und stand unten auf dem Platze, mitten unter den Burschen und den Gaffern, die sich dort um diese und um Mohrenfranzel versammelt hatten.

Franzel stand in eine Ecke gedrängt. -- die Aufwallung ihrer vorigen Zuversicht war dem Bewußtsein ihrer Ohnmacht, dem Gefühle ihrer Hülflosigkeit gewichen.

noch immer in der Hanney's. Und du, fuhr er fort, spielst auch gern mit mir?

Das Mädchen kam nicht dazu, zu antworten — einer der Mitspielenden kam von draußen herein und rief den Anwesenden lachend zu, daß es unten auf dem Platze einen Spectakel zum Todtlachen gebe. Das Mohrenfranzel habe auch mit Komödie spielen wollen und sei darüber in Streit gekommen mit den Burschen, weil sie sie ausgelacht hätten. Alles eilte von Bühne und Coulissen den Fenstern zu, um den Vorgang mit anzusehen — das Pärchen war wieder allein, und Nichts hinderte Hanney, auf Beantwortung seiner Frage zu dringen.

Dieser aber war auf einmal wie umgewandelt. Die bloße Nennung der Jugendgespielin genügte, ihm deren Bild vor die Seele zu rufen, wie sie einsam und freundlos auf der Plätte gesessen war. Er sah ihre Betrübniß, er hörte das rohe Schreien und das Spottgelächter, das ihr galt ... es war ihm, als ob ihr Hülferuf mitten durch den Lärmen dränge ... als ob sie ihm riefe . . . und ohne sich eigentlich selbst Rechenschaft zu geben, was er that, hatte er Wolfsind's Hand gelassen und stand unten auf dem Platze, mitten unter den Burschen und den Gaffern, die sich dort um diese und um Mohrenfranzel versammelt hatten.

Franzel stand in eine Ecke gedrängt. — die Aufwallung ihrer vorigen Zuversicht war dem Bewußtsein ihrer Ohnmacht, dem Gefühle ihrer Hülflosigkeit gewichen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0033"/>
noch immer in der Hanney's. Und du,                fuhr er fort, spielst auch gern mit mir?</p><lb/>
        <p>Das Mädchen kam nicht dazu, zu antworten &#x2014; einer der Mitspielenden kam von draußen                herein und rief den Anwesenden lachend zu, daß es unten auf dem Platze einen                Spectakel zum Todtlachen gebe. Das Mohrenfranzel habe auch mit Komödie spielen wollen                und sei darüber in Streit gekommen mit den Burschen, weil sie sie ausgelacht hätten.                Alles eilte von Bühne und Coulissen den Fenstern zu, um den Vorgang mit anzusehen &#x2014;                das Pärchen war wieder allein, und Nichts hinderte Hanney, auf Beantwortung seiner                Frage zu dringen.</p><lb/>
        <p>Dieser aber war auf einmal wie umgewandelt. Die bloße Nennung der Jugendgespielin                genügte, ihm deren Bild vor die Seele zu rufen, wie sie einsam und freundlos auf der                Plätte gesessen war. Er sah ihre Betrübniß, er hörte das rohe Schreien und das                Spottgelächter, das ihr galt ... es war ihm, als ob ihr Hülferuf mitten durch den                Lärmen dränge ... als ob sie ihm riefe . . . und ohne sich eigentlich selbst                Rechenschaft zu geben, was er that, hatte er Wolfsind's Hand gelassen und stand unten                auf dem Platze, mitten unter den Burschen und den Gaffern, die sich dort um diese und                um Mohrenfranzel versammelt hatten.</p><lb/>
        <p>Franzel stand in eine Ecke gedrängt. &#x2014; die Aufwallung ihrer vorigen Zuversicht war                dem Bewußtsein ihrer Ohnmacht, dem Gefühle ihrer Hülflosigkeit gewichen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0033] noch immer in der Hanney's. Und du, fuhr er fort, spielst auch gern mit mir? Das Mädchen kam nicht dazu, zu antworten — einer der Mitspielenden kam von draußen herein und rief den Anwesenden lachend zu, daß es unten auf dem Platze einen Spectakel zum Todtlachen gebe. Das Mohrenfranzel habe auch mit Komödie spielen wollen und sei darüber in Streit gekommen mit den Burschen, weil sie sie ausgelacht hätten. Alles eilte von Bühne und Coulissen den Fenstern zu, um den Vorgang mit anzusehen — das Pärchen war wieder allein, und Nichts hinderte Hanney, auf Beantwortung seiner Frage zu dringen. Dieser aber war auf einmal wie umgewandelt. Die bloße Nennung der Jugendgespielin genügte, ihm deren Bild vor die Seele zu rufen, wie sie einsam und freundlos auf der Plätte gesessen war. Er sah ihre Betrübniß, er hörte das rohe Schreien und das Spottgelächter, das ihr galt ... es war ihm, als ob ihr Hülferuf mitten durch den Lärmen dränge ... als ob sie ihm riefe . . . und ohne sich eigentlich selbst Rechenschaft zu geben, was er that, hatte er Wolfsind's Hand gelassen und stand unten auf dem Platze, mitten unter den Burschen und den Gaffern, die sich dort um diese und um Mohrenfranzel versammelt hatten. Franzel stand in eine Ecke gedrängt. — die Aufwallung ihrer vorigen Zuversicht war dem Bewußtsein ihrer Ohnmacht, dem Gefühle ihrer Hülflosigkeit gewichen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:20:55Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/33
Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/33>, abgerufen am 21.11.2024.