Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.die Kinder, besonders die Kinder der är- §. 2. Gewiß kann dieser Zweck nie erreicht werden, wenn die Kinder, beſonders die Kinder der aͤr- §. 2. Gewiß kann dieſer Zweck nie erreicht werden, wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0012" n="2"/> <hi rendition="#g">die Kinder, beſonders die Kinder der aͤr-<lb/> meren Volksclaſſe, auf eine den Beduͤrf-<lb/> niſſen ihres Standes und ihrer kuͤnftigen<lb/> Beſtimmung moͤglichſt angemeſſene Weiſe<lb/> zu erziehen und auszubilden.</hi> </p> </div><lb/> <div n="1"> <head>§. 2.</head><lb/> <p>Gewiß kann dieſer Zweck nie erreicht werden, wenn<lb/> die Kinder in ihrer Jugend <hi rendition="#g">ohne Aufſicht und Be-<lb/> ſchaͤftigung dem Muͤßiggange uͤberlaſſen</hi><lb/> werden. — Die lange Weile verleitet ſie zu allen moͤg-<lb/> lichen Verirrungen, Fehltritten, und Laſtern, und waͤh-<lb/> rend alſo der Muͤßiggang fuͤr ſie ſelbſt ſittenverderblich<lb/> iſt, wird er zugleich fuͤr Andere, z. B. fuͤr die Be-<lb/> ſitzer der Waldungen und Felder, in welchen ſie dann<lb/> gewoͤhnlich umherſtreifen, und allen moͤglichen Unfug<lb/> ausuͤben, in hohem Grade laͤſtig und ſchaͤdlich. — Am<lb/> gefaͤhrlichſten jedoch iſt er fuͤr die Kinder der aͤrmeren<lb/> Volksclaſſe, indem er bey dieſen zugleich das <hi rendition="#g">Umher-<lb/> laufen auf dem Bettel beguͤnſtigt</hi>, wozu ſie<lb/> ohnehin ſo leicht theils durch Mangel an hinlaͤnglicher<lb/> Nahrung zu Hauſe, theils durch das ſchlimme Bey-<lb/> ſpiel der herumziehenden fremden Bettler verleitet, ja<lb/> oft durch ihre Eltern ſelbſt angewieſen, und angehal-<lb/> ten, und durch das uͤbel angebrachte Mitleiden man-<lb/> cher Vermoͤglicheren ermuntert werden. — Welche<supplied>n</supplied><lb/> unſeligen Einfluß aͤußert aber der Bettel nicht auf die<lb/> demſelben ergebenen Kinder! Dem religi<supplied>oͤ</supplied>ſen, ſittlichen,<lb/> und intellectuellen Unterichte und aller Aufſicht entzo-<lb/> gen, bleiben Religion, Sittlichkeit, Ordnung, und Jn-<lb/> duſtrie ihnen fremd, der Hang zum Muͤßiggang und<lb/> einem leichtſinnigen, unſteten, und ungebundenen Le-<lb/> ben wurzelt immer tiefer bey ihnen ein, ſie werden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0012]
die Kinder, beſonders die Kinder der aͤr-
meren Volksclaſſe, auf eine den Beduͤrf-
niſſen ihres Standes und ihrer kuͤnftigen
Beſtimmung moͤglichſt angemeſſene Weiſe
zu erziehen und auszubilden.
§. 2.
Gewiß kann dieſer Zweck nie erreicht werden, wenn
die Kinder in ihrer Jugend ohne Aufſicht und Be-
ſchaͤftigung dem Muͤßiggange uͤberlaſſen
werden. — Die lange Weile verleitet ſie zu allen moͤg-
lichen Verirrungen, Fehltritten, und Laſtern, und waͤh-
rend alſo der Muͤßiggang fuͤr ſie ſelbſt ſittenverderblich
iſt, wird er zugleich fuͤr Andere, z. B. fuͤr die Be-
ſitzer der Waldungen und Felder, in welchen ſie dann
gewoͤhnlich umherſtreifen, und allen moͤglichen Unfug
ausuͤben, in hohem Grade laͤſtig und ſchaͤdlich. — Am
gefaͤhrlichſten jedoch iſt er fuͤr die Kinder der aͤrmeren
Volksclaſſe, indem er bey dieſen zugleich das Umher-
laufen auf dem Bettel beguͤnſtigt, wozu ſie
ohnehin ſo leicht theils durch Mangel an hinlaͤnglicher
Nahrung zu Hauſe, theils durch das ſchlimme Bey-
ſpiel der herumziehenden fremden Bettler verleitet, ja
oft durch ihre Eltern ſelbſt angewieſen, und angehal-
ten, und durch das uͤbel angebrachte Mitleiden man-
cher Vermoͤglicheren ermuntert werden. — Welchen
unſeligen Einfluß aͤußert aber der Bettel nicht auf die
demſelben ergebenen Kinder! Dem religioͤſen, ſittlichen,
und intellectuellen Unterichte und aller Aufſicht entzo-
gen, bleiben Religion, Sittlichkeit, Ordnung, und Jn-
duſtrie ihnen fremd, der Hang zum Muͤßiggang und
einem leichtſinnigen, unſteten, und ungebundenen Le-
ben wurzelt immer tiefer bey ihnen ein, ſie werden
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