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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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mit gehöriger Gradation anzuwenden, um nicht Er-
bitterung, Heucheley, Trotz, Abneigung gegen die
Schule, und eine niedrige sclavische Denkungsart bey
den Schülern hervorzubringen; in einigen der besseren
württembergischen Jndustrie-Schulen ist es bisher den
Lehrern und Vorstehern gelungen, die meisten Kinder,
zum Theil aus den niedrigsten Volksclassen, ohne solche
traurige Mittel in Ordnung zu bringen und zu erhal-
ten. -- Nähere allgemeine Vorschriften in Hinsicht
auf die Schulzucht lassen sich nicht wohl ertheilen,
sondern es muß vielmehr den Lehrern und Vorstehern
überlassen werden, in den vorkommenden verschiedenen
Fällen nach eigenem besten Wissen und Gewissen zu
verfahren.

§. 55.

Aufmerksamkeit, Fleiß, und Wohlver-
halten
der Kinder sollten, wo nur immer Mittel
dazu vorhanden sind, durch Geschenke an Kleidungs-
stücken, Arbeits-Materialien und Geräthschaften, Schul-
büchern und anderen Jugendschriften, Denkmünzen mit
passenden Jnschriften, und dergleichen belohnt wer-
den, um dadurch sie und andere zu künftigem Fleiß
und Wohlverhalten aufzumuntern. Es möchte jedoch
den Kindern in dieser Beziehung bey jeder schicklichen
Gelegenheit zu bemerken seyn, daß alle Geschenke die-
ser Art nur ein Merkmaal und Unterpfand der Liebe,
Zufriedenheit, und Wünsche ihrer Lehrer und übrigen
Vorgesetzten, nur eine sinnliche Hindeutung auf die
zeitlichen Vortheile, welche Geschicklichkeit und Arbeit-
samkeit, in den Schranken der Pflicht geübt, gewäh-
ren, nur ein äußeres Zeichen, ein Denkmaal seyen,
das sie auch außer dem Feste hieran erinnern, und sie

mit gehoͤriger Gradation anzuwenden, um nicht Er-
bitterung, Heucheley, Trotz, Abneigung gegen die
Schule, und eine niedrige ſclaviſche Denkungsart bey
den Schuͤlern hervorzubringen; in einigen der beſſeren
wuͤrttembergiſchen Jnduſtrie-Schulen iſt es bisher den
Lehrern und Vorſtehern gelungen, die meiſten Kinder,
zum Theil aus den niedrigſten Volksclaſſen, ohne ſolche
traurige Mittel in Ordnung zu bringen und zu erhal-
ten. — Naͤhere allgemeine Vorſchriften in Hinſicht
auf die Schulzucht laſſen ſich nicht wohl ertheilen,
ſondern es muß vielmehr den Lehrern und Vorſtehern
uͤberlaſſen werden, in den vorkommenden verſchiedenen
Faͤllen nach eigenem beſten Wiſſen und Gewiſſen zu
verfahren.

§. 55.

Aufmerkſamkeit, Fleiß, und Wohlver-
halten
der Kinder ſollten, wo nur immer Mittel
dazu vorhanden ſind, durch Geſchenke an Kleidungs-
ſtuͤcken, Arbeits-Materialien und Geraͤthſchaften, Schul-
buͤchern und anderen Jugendſchriften, Denkmuͤnzen mit
paſſenden Jnſchriften, und dergleichen belohnt wer-
den, um dadurch ſie und andere zu kuͤnftigem Fleiß
und Wohlverhalten aufzumuntern. Es moͤchte jedoch
den Kindern in dieſer Beziehung bey jeder ſchicklichen
Gelegenheit zu bemerken ſeyn, daß alle Geſchenke die-
ſer Art nur ein Merkmaal und Unterpfand der Liebe,
Zufriedenheit, und Wuͤnſche ihrer Lehrer und uͤbrigen
Vorgeſetzten, nur eine ſinnliche Hindeutung auf die
zeitlichen Vortheile, welche Geſchicklichkeit und Arbeit-
ſamkeit, in den Schranken der Pflicht geuͤbt, gewaͤh-
ren, nur ein aͤußeres Zeichen, ein Denkmaal ſeyen,
das ſie auch außer dem Feſte hieran erinnern, und ſie

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[69/0079] mit gehoͤriger Gradation anzuwenden, um nicht Er- bitterung, Heucheley, Trotz, Abneigung gegen die Schule, und eine niedrige ſclaviſche Denkungsart bey den Schuͤlern hervorzubringen; in einigen der beſſeren wuͤrttembergiſchen Jnduſtrie-Schulen iſt es bisher den Lehrern und Vorſtehern gelungen, die meiſten Kinder, zum Theil aus den niedrigſten Volksclaſſen, ohne ſolche traurige Mittel in Ordnung zu bringen und zu erhal- ten. — Naͤhere allgemeine Vorſchriften in Hinſicht auf die Schulzucht laſſen ſich nicht wohl ertheilen, ſondern es muß vielmehr den Lehrern und Vorſtehern uͤberlaſſen werden, in den vorkommenden verſchiedenen Faͤllen nach eigenem beſten Wiſſen und Gewiſſen zu verfahren. §. 55. Aufmerkſamkeit, Fleiß, und Wohlver- halten der Kinder ſollten, wo nur immer Mittel dazu vorhanden ſind, durch Geſchenke an Kleidungs- ſtuͤcken, Arbeits-Materialien und Geraͤthſchaften, Schul- buͤchern und anderen Jugendſchriften, Denkmuͤnzen mit paſſenden Jnſchriften, und dergleichen belohnt wer- den, um dadurch ſie und andere zu kuͤnftigem Fleiß und Wohlverhalten aufzumuntern. Es moͤchte jedoch den Kindern in dieſer Beziehung bey jeder ſchicklichen Gelegenheit zu bemerken ſeyn, daß alle Geſchenke die- ſer Art nur ein Merkmaal und Unterpfand der Liebe, Zufriedenheit, und Wuͤnſche ihrer Lehrer und uͤbrigen Vorgeſetzten, nur eine ſinnliche Hindeutung auf die zeitlichen Vortheile, welche Geſchicklichkeit und Arbeit- ſamkeit, in den Schranken der Pflicht geuͤbt, gewaͤh- ren, nur ein aͤußeres Zeichen, ein Denkmaal ſeyen, das ſie auch außer dem Feſte hieran erinnern, und ſie

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/79>, abgerufen am 24.11.2024.