Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Untersuchung derer von super-klugen ber wenn sich eine Mutter vorsetzte/ sie wolte ihrKind unter 4. biß 5. Jahren nicht entwöhnen/ ließ es auch wircklich ohne Beschämung oder Schelten so lange trincken/ so setze ich meine Eh- re zum Pfande/ ein solch Kind wird sich noch im fünfften Jahre ohne Scham an der Mutter Brust machen/ und trincken; und hieran ist nicht das Kind Schuld/ vielweniger etwas anders/ sondern die Mutter/ die solche Albertät so lange gestattet/ und ihr Kind nicht anders gewöhnet hat. Gleicher Gestalt ist es auch mit der biß in das dritte und vierdte Jahr continuirenden und heßlichen Benetzung der Betten beschaffen/ es kömmt alleine auff euch Mütter und eure gute Zucht an/ keines weges aber auff vorgegebene Verwahrlosung des Pathen. Denn wenn euer Kind lange das Bette also verunehret/ woher wollet ihr denn wissen/ daß sein Pathe habe das Wasser abgeschlagen/ ehe er zur Kirchen gangen ist/ denn ihr habts nicht gesehen. Ich setze aber den Fall/ ihr hättet es selbst gesehen/ so könnet ihr doch nicht erweisen/ daß dieses die Ursach sey/ daß euer Kind dergleichen Fehler begehet; sonst wür- de man unzählich viel dergleichen auff die Bahn dringen können. Zum Exempel/ wenn ein Pa- the in der Kirchen hustet/ und das Kind bekäme einmahl auch den Husten/ und ihr woltet davor halten/ daß es durch des Pathen Husten in der Kirche
Unterſuchung derer von ſuper-klugen ber wenn ſich eine Mutter vorſetzte/ ſie wolte ihrKind unter 4. biß 5. Jahren nicht entwoͤhnen/ ließ es auch wircklich ohne Beſchaͤmung oder Schelten ſo lange trincken/ ſo ſetze ich meine Eh- re zum Pfande/ ein ſolch Kind wird ſich noch im fuͤnfften Jahre ohne Scham an der Mutter Bruſt machen/ und trincken; und hieran iſt nicht das Kind Schuld/ vielweniger etwas anders/ ſondern die Mutter/ die ſolche Albertaͤt ſo lange geſtattet/ und ihr Kind nicht anders gewoͤhnet hat. Gleicher Geſtalt iſt es auch mit der biß in das dritte und vierdte Jahr continuirenden und heßlichen Benetzung der Betten beſchaffen/ es koͤmmt alleine auff euch Muͤtter und eure gute Zucht an/ keines weges aber auff vorgegebene Verwahrloſung des Pathen. Denn wenn euer Kind lange das Bette alſo verunehret/ woher wollet ihr denn wiſſen/ daß ſein Pathe habe das Waſſer abgeſchlagen/ ehe er zur Kirchen gangen iſt/ denn ihr habts nicht geſehen. Ich ſetze aber den Fall/ ihr haͤttet es ſelbſt geſehen/ ſo koͤnnet ihr doch nicht erweiſen/ daß dieſes die Urſach ſey/ daß euer Kind dergleichen Fehler begehet; ſonſt wuͤr- de man unzaͤhlich viel dergleichen auff die Bahn dringen koͤnnen. Zum Exempel/ wenn ein Pa- the in der Kirchen huſtet/ und das Kind bekaͤme einmahl auch den Huſten/ und ihr woltet davor halten/ daß es durch des Pathen Huſten in der Kirche
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Unterſuchung derer von ſuper-klugen
ber wenn ſich eine Mutter vorſetzte/ ſie wolte ihr
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ließ es auch wircklich ohne Beſchaͤmung oder
Schelten ſo lange trincken/ ſo ſetze ich meine Eh-
re zum Pfande/ ein ſolch Kind wird ſich noch im
fuͤnfften Jahre ohne Scham an der Mutter
Bruſt machen/ und trincken; und hieran iſt nicht
das Kind Schuld/ vielweniger etwas anders/
ſondern die Mutter/ die ſolche Albertaͤt ſo lange
geſtattet/ und ihr Kind nicht anders gewoͤhnet
hat. Gleicher Geſtalt iſt es auch mit der biß in
das dritte und vierdte Jahr continuirenden und
heßlichen Benetzung der Betten beſchaffen/ es
koͤmmt alleine auff euch Muͤtter und eure gute
Zucht an/ keines weges aber auff vorgegebene
Verwahrloſung des Pathen. Denn wenn euer
Kind lange das Bette alſo verunehret/ woher
wollet ihr denn wiſſen/ daß ſein Pathe habe das
Waſſer abgeſchlagen/ ehe er zur Kirchen gangen
iſt/ denn ihr habts nicht geſehen. Ich ſetze aber
den Fall/ ihr haͤttet es ſelbſt geſehen/ ſo koͤnnet ihr
doch nicht erweiſen/ daß dieſes die Urſach ſey/ daß
euer Kind dergleichen Fehler begehet; ſonſt wuͤr-
de man unzaͤhlich viel dergleichen auff die Bahn
dringen koͤnnen. Zum Exempel/ wenn ein Pa-
the in der Kirchen huſtet/ und das Kind bekaͤme
einmahl auch den Huſten/ und ihr woltet davor
halten/ daß es durch des Pathen Huſten in der
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