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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
he. Wenn es nun an einem Freytage geschicht/
so kan man wohl sagen: Wer am Freytage das
Kind (verstehe das ruhende) aus der Ruhe nimmt/
und badet/ der störet es aus der Ruhe. Ausser
dem aber ist offenbar genug/ daß an diesem Aber-
glauben im geringsten nichts sey/ weil viel tau-
send Kinder Freytags gebadet werden/ und den-
noch gar sanfft drauff ruhen.

Das 92. Capitel.

Wenn man stillschweigend Wasser
holet muß es aus einem Flusse von oben
hinabwarts geschöpffet wer-
den.

DAs Ding ist überaus klug ausgesonnen.
Denn wenn das Wasser dem Strohme
entgegen geschöpffet würde/ so ist zu ver-
muthen/ daß durch solch wiederwärtiges Schöpf-
fen das Wasser auch eine wiederwärtige Natur
an sich nehmen werde. Hierbey fällt mir ein/
was von einem Westphälischen Bauer erzehlet
wird/ dessen Weib ins Wasser gefallen/ oder/ wie
einige erzehlen/ selbst hinein gesprungen war/ sich
zu ersäuffen. Da dieses dem Manne angesagt/
und darbey die Gegend gewiesen wurde/ wo sie
hinein gefallen wäre/ lieff erspornstreichs an dem
Strohm hinauff/ und schrye nach seiner Frau-
en; wie ihm aber die Nachbarn zurieffen/ er mü-

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K 4

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
he. Wenn es nun an einem Freytage geſchicht/
ſo kan man wohl ſagen: Wer am Freytage das
Kind (verſtehe das ruhende) aus der Ruhe nim̃t/
und badet/ der ſtoͤret es aus der Ruhe. Auſſer
dem aber iſt offenbar genug/ daß an dieſem Aber-
glauben im geringſten nichts ſey/ weil viel tau-
ſend Kinder Freytags gebadet werden/ und den-
noch gar ſanfft drauff ruhen.

Das 92. Capitel.

Wenn man ſtillſchweigend Waſſer
holet muß es aus einem Fluſſe von oben
hinabwarts geſchoͤpffet wer-
den.

DAs Ding iſt uͤberaus klug ausgeſonnen.
Denn wenn das Waſſer dem Strohme
entgegen geſchoͤpffet wuͤrde/ ſo iſt zu ver-
muthen/ daß durch ſolch wiedeꝛwaͤrtiges Schoͤpf-
fen das Waſſer auch eine wiederwaͤrtige Natur
an ſich nehmen werde. Hierbey faͤllt mir ein/
was von einem Weſtphaͤliſchen Bauer erzehlet
wird/ deſſen Weib ins Waſſer gefallen/ oder/ wie
einige erzehlen/ ſelbſt hinein geſprungen war/ ſich
zu erſaͤuffen. Da dieſes dem Manne angeſagt/
und darbey die Gegend gewieſen wurde/ wo ſie
hinein gefallen waͤre/ lieff erſpornſtreichs an dem
Strohm hinauff/ und ſchrye nach ſeiner Frau-
en; wie ihm aber die Nachbarn zurieffen/ er muͤ-

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[151/0173] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. he. Wenn es nun an einem Freytage geſchicht/ ſo kan man wohl ſagen: Wer am Freytage das Kind (verſtehe das ruhende) aus der Ruhe nim̃t/ und badet/ der ſtoͤret es aus der Ruhe. Auſſer dem aber iſt offenbar genug/ daß an dieſem Aber- glauben im geringſten nichts ſey/ weil viel tau- ſend Kinder Freytags gebadet werden/ und den- noch gar ſanfft drauff ruhen. Das 92. Capitel. Wenn man ſtillſchweigend Waſſer holet muß es aus einem Fluſſe von oben hinabwarts geſchoͤpffet wer- den. DAs Ding iſt uͤberaus klug ausgeſonnen. Denn wenn das Waſſer dem Strohme entgegen geſchoͤpffet wuͤrde/ ſo iſt zu ver- muthen/ daß durch ſolch wiedeꝛwaͤrtiges Schoͤpf- fen das Waſſer auch eine wiederwaͤrtige Natur an ſich nehmen werde. Hierbey faͤllt mir ein/ was von einem Weſtphaͤliſchen Bauer erzehlet wird/ deſſen Weib ins Waſſer gefallen/ oder/ wie einige erzehlen/ ſelbſt hinein geſprungen war/ ſich zu erſaͤuffen. Da dieſes dem Manne angeſagt/ und darbey die Gegend gewieſen wurde/ wo ſie hinein gefallen waͤre/ lieff erſpornſtreichs an dem Strohm hinauff/ und ſchrye nach ſeiner Frau- en; wie ihm aber die Nachbarn zurieffen/ er muͤ- ſte K 4

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/173>, abgerufen am 27.11.2024.