Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
das Wildpret/ welches besser in der Küchen zu
nutzen wäre/ so ungehindert muß ins freye Feld
lauffen lassen. Ich setze auch den Fall/ daß sich
ein oder das andere mahl begeben habe/ daß selbi-
gen Tages/ da man verreiset ist/ und ein Haase
über den Weg gelauffen/ einem ein Unfall be-
gegnet sey/ woher will man denn eben behau-
pten/ ob habe der Haase das Unglück bedeutet;
denn der Unfall würde doch nicht nachgeblieben
seyn/ wenn gleich kein Haase sich hätte sehen las-
sen. Und kan ichs selbst mit Warheit bezeugen/
daß mir es vielfältig mahl begegnet ist/ daß auff
meinen Reisen solche Lang-Ohren qver über die
Strasse margiret sind; ich kan mich aber nicht
erinnern/ daß mir es ein eintzig mahl ein Unglück
bedeutet habe. Ist demnach diese Meynung
nicht anders/ als ein aus Spaß gemachter A-
berglaube/ und kömmt eben so heraus/ als wenn
man sagt: Es ist nicht gut/ wenn man am Leibe
flickt. Freylich ists nicht gut/ sonst brauchte es
keines Flickens.

Das 11. Capitel.

Wer aus einer Kanne oder einem
Kruge getruncken hat/ soll solchen nicht mit
der Hand über den Deckel anfassen/ daß sol-
cher hierdurch überspannet werde/ denn es
ist den andern schädlich/ der daraus trin-
cken soll.

Worin-

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
das Wildpret/ welches beſſer in der Kuͤchen zu
nutzen waͤre/ ſo ungehindert muß ins freye Feld
lauffen laſſen. Ich ſetze auch den Fall/ daß ſich
ein oder das andere mahl begeben habe/ daß ſelbi-
gen Tages/ da man verreiſet iſt/ und ein Haaſe
uͤber den Weg gelauffen/ einem ein Unfall be-
gegnet ſey/ woher will man denn eben behau-
pten/ ob habe der Haaſe das Ungluͤck bedeutet;
denn der Unfall wuͤrde doch nicht nachgeblieben
ſeyn/ wenn gleich kein Haaſe ſich haͤtte ſehen laſ-
ſen. Und kan ichs ſelbſt mit Warheit bezeugen/
daß mir es vielfaͤltig mahl begegnet iſt/ daß auff
meinen Reiſen ſolche Lang-Ohren qver uͤber die
Straſſe margiret ſind; ich kan mich aber nicht
erinnern/ daß mir es ein eintzig mahl ein Ungluͤck
bedeutet habe. Iſt demnach dieſe Meynung
nicht anders/ als ein aus Spaß gemachter A-
berglaube/ und koͤmmt eben ſo heraus/ als wenn
man ſagt: Es iſt nicht gut/ wenn man am Leibe
flickt. Freylich iſts nicht gut/ ſonſt brauchte es
keines Flickens.

Das 11. Capitel.

Wer aus einer Kanne oder einem
Kruge getruncken hat/ ſoll ſolchen nicht mit
der Hand über den Deckel anfaſſen/ daß ſol-
cher hierdurch uͤberſpannet werde/ denn es
iſt den andern ſchaͤdlich/ der daraus trin-
cken ſoll.

Worin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
das Wildpret/ welches be&#x017F;&#x017F;er in der Ku&#x0364;chen zu<lb/>
nutzen wa&#x0364;re/ &#x017F;o ungehindert muß ins freye Feld<lb/>
lauffen la&#x017F;&#x017F;en. Ich &#x017F;etze auch den Fall/ daß &#x017F;ich<lb/>
ein oder das andere mahl begeben habe/ daß &#x017F;elbi-<lb/>
gen Tages/ da man verrei&#x017F;et i&#x017F;t/ und ein Haa&#x017F;e<lb/>
u&#x0364;ber den Weg gelauffen/ einem ein Unfall be-<lb/>
gegnet &#x017F;ey/ woher will man denn eben behau-<lb/>
pten/ ob habe der Haa&#x017F;e das Unglu&#x0364;ck bedeutet;<lb/>
denn der Unfall wu&#x0364;rde doch nicht nachgeblieben<lb/>
&#x017F;eyn/ wenn gleich kein Haa&#x017F;e &#x017F;ich ha&#x0364;tte &#x017F;ehen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Und kan ichs &#x017F;elb&#x017F;t mit Warheit bezeugen/<lb/>
daß mir es vielfa&#x0364;ltig mahl begegnet i&#x017F;t/ daß auff<lb/>
meinen Rei&#x017F;en &#x017F;olche Lang-Ohren qver u&#x0364;ber die<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">margi</hi>ret &#x017F;ind; ich kan mich aber nicht<lb/>
erinnern/ daß mir es ein eintzig mahl ein Unglu&#x0364;ck<lb/>
bedeutet habe. I&#x017F;t demnach die&#x017F;e Meynung<lb/>
nicht anders/ als ein aus Spaß gemachter A-<lb/>
berglaube/ und ko&#x0364;mmt eben &#x017F;o heraus/ als wenn<lb/>
man &#x017F;agt: Es i&#x017F;t nicht gut/ wenn man am Leibe<lb/>
flickt. Freylich i&#x017F;ts nicht gut/ &#x017F;on&#x017F;t brauchte es<lb/>
keines Flickens.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 11. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Wer aus einer Kanne oder einem<lb/>
Kruge getruncken hat/ &#x017F;oll &#x017F;olchen nicht mit<lb/>
der Hand über den Deckel anfa&#x017F;&#x017F;en/ daß &#x017F;ol-<lb/>
cher hierdurch u&#x0364;ber&#x017F;pannet werde/ denn es<lb/><hi rendition="#c">i&#x017F;t den andern &#x017F;cha&#x0364;dlich/ der daraus trin-<lb/>
cken &#x017F;oll.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Worin-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0046] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen das Wildpret/ welches beſſer in der Kuͤchen zu nutzen waͤre/ ſo ungehindert muß ins freye Feld lauffen laſſen. Ich ſetze auch den Fall/ daß ſich ein oder das andere mahl begeben habe/ daß ſelbi- gen Tages/ da man verreiſet iſt/ und ein Haaſe uͤber den Weg gelauffen/ einem ein Unfall be- gegnet ſey/ woher will man denn eben behau- pten/ ob habe der Haaſe das Ungluͤck bedeutet; denn der Unfall wuͤrde doch nicht nachgeblieben ſeyn/ wenn gleich kein Haaſe ſich haͤtte ſehen laſ- ſen. Und kan ichs ſelbſt mit Warheit bezeugen/ daß mir es vielfaͤltig mahl begegnet iſt/ daß auff meinen Reiſen ſolche Lang-Ohren qver uͤber die Straſſe margiret ſind; ich kan mich aber nicht erinnern/ daß mir es ein eintzig mahl ein Ungluͤck bedeutet habe. Iſt demnach dieſe Meynung nicht anders/ als ein aus Spaß gemachter A- berglaube/ und koͤmmt eben ſo heraus/ als wenn man ſagt: Es iſt nicht gut/ wenn man am Leibe flickt. Freylich iſts nicht gut/ ſonſt brauchte es keines Flickens. Das 11. Capitel. Wer aus einer Kanne oder einem Kruge getruncken hat/ ſoll ſolchen nicht mit der Hand über den Deckel anfaſſen/ daß ſol- cher hierdurch uͤberſpannet werde/ denn es iſt den andern ſchaͤdlich/ der daraus trin- cken ſoll. Worin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/46
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/46>, abgerufen am 03.12.2024.