Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Klapper-Büchse ist dir wohl einmahl bescheret.Das ist so viel gesagt: als/ ein Weib das gut Mundwerck hat/ wird dir einmahl zu theil wer- den. Wer hieran einen Zweiffel hat/ der neh- me ein Glücksrädlein/ schlage diese Frage auff/ und werffe mit 2. Würffeln hierauff 8. Augen/ so wird ihme solche Antwort werden. Also ha- ben die lieben Weiber aus dem Glücksrädlein/ und solcher Gestalt mit bewerthen Autoren be- wiesen/ daß eine Klapper oder Klapper-Büchse und die Rede eines Menschen/ bey nahe ein Ding seyn. Nun wolle man demnach der Sa- che recht nachsinnen/ so wird sich finden/ daß nicht ohne Bedacht vor gut erkannt wird/ daß ein Frembder denen Kindern die Klappern gebe/ daß dasselbige desto eher reden lerne. Denn wenn die Kinder anderer Leute Sprachen/ die offt zierlicher (& vice versa auch offt garstiger) sind/ als der Eltern ihre/ lernen/ so fehlet es ih- nen nicht an reden/ und also haben die Weiber recht geglaubt. Aber/ o ihr guten und klugen Taschen! ich gebe euch doch noch nicht rechten Beyfall/ denn euer unbewerthes Glücksrädlein redet nicht von höltzern oder andern materiali- schen Klappern/ sondern von fleischernen oder Maul-Trommeln. Ihr möget demnach eu- ren Kindern Klappern aus Welschland/ Poh- len/ Franckreich/ Moscau oder Türckey holen lassen/
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Klapper-Buͤchſe iſt dir wohl einmahl beſcheret.Das iſt ſo viel geſagt: als/ ein Weib das gut Mundwerck hat/ wird dir einmahl zu theil wer- den. Wer hieran einen Zweiffel hat/ der neh- me ein Gluͤcksraͤdlein/ ſchlage dieſe Frage auff/ und werffe mit 2. Wuͤrffeln hierauff 8. Augen/ ſo wird ihme ſolche Antwort werden. Alſo ha- ben die lieben Weiber aus dem Gluͤcksraͤdlein/ und ſolcher Geſtalt mit bewerthen Autoren be- wieſen/ daß eine Klapper oder Klapper-Buͤchſe und die Rede eines Menſchen/ bey nahe ein Ding ſeyn. Nun wolle man demnach der Sa- che recht nachſinnen/ ſo wird ſich finden/ daß nicht ohne Bedacht vor gut erkannt wird/ daß ein Frembder denen Kindern die Klappern gebe/ daß daſſelbige deſto eher reden lerne. Denn wenn die Kinder anderer Leute Sprachen/ die offt zierlicher (& vice versâ auch offt garſtiger) ſind/ als der Eltern ihre/ lernen/ ſo fehlet es ih- nen nicht an reden/ und alſo haben die Weiber recht geglaubt. Aber/ o ihr guten und klugen Taſchen! ich gebe euch doch noch nicht rechten Beyfall/ denn euer unbewerthes Gluͤcksraͤdlein redet nicht von hoͤltzern oder andern materiali- ſchen Klappern/ ſondern von fleiſchernen oder Maul-Trommeln. Ihr moͤget demnach eu- ren Kindern Klappern aus Welſchland/ Poh- len/ Franckreich/ Moſcau oder Tuͤrckey holen laſſen/
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Klapper-Buͤchſe iſt dir wohl einmahl beſcheret.
Das iſt ſo viel geſagt: als/ ein Weib das gut
Mundwerck hat/ wird dir einmahl zu theil wer-
den. Wer hieran einen Zweiffel hat/ der neh-
me ein Gluͤcksraͤdlein/ ſchlage dieſe Frage auff/
und werffe mit 2. Wuͤrffeln hierauff 8. Augen/
ſo wird ihme ſolche Antwort werden. Alſo ha-
ben die lieben Weiber aus dem Gluͤcksraͤdlein/
und ſolcher Geſtalt mit bewerthen Autoren be-
wieſen/ daß eine Klapper oder Klapper-Buͤchſe
und die Rede eines Menſchen/ bey nahe ein
Ding ſeyn. Nun wolle man demnach der Sa-
che recht nachſinnen/ ſo wird ſich finden/ daß
nicht ohne Bedacht vor gut erkannt wird/ daß
ein Frembder denen Kindern die Klappern gebe/
daß daſſelbige deſto eher reden lerne. Denn
wenn die Kinder anderer Leute Sprachen/ die
offt zierlicher (& vice versâ auch offt garſtiger)
ſind/ als der Eltern ihre/ lernen/ ſo fehlet es ih-
nen nicht an reden/ und alſo haben die Weiber
recht geglaubt. Aber/ o ihr guten und klugen
Taſchen! ich gebe euch doch noch nicht rechten
Beyfall/ denn euer unbewerthes Gluͤcksraͤdlein
redet nicht von hoͤltzern oder andern materiali-
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