Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Untersuchung derer von super-klugen Wundsch/ der bey diesen Ceremonien geschicht/nicht zu tadeln/ wenn nemlich die Weiber/ wel- che das Kind auff der Mutter-Vrust setzen/ sa- gen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen! welches gleichsam so viel gesagt ist/ als: GOtt erhalte euch/ und euer Kind gesund/ und gebe euch Kräffte/ Verstand und Weißheit/ euer Töchterlein groß und in allen Christlichen Tu- genden auff zu erzieben/ damit ihr nimmermehr Schande/ sondern lauter Ehre an ihr erleben möget/ auff daß iederman euch vor eine gute ver- ständige und glückliche Frau achten könne/ wel- che geschickt sey zu guter Erziehung ihrer Kinder. Dieses/ sag ich/ ist an sich selbst nichts Böses/ aber das aber gläubische Absehen/ als ob dadurch dem Kinde schon eine Gnüge/ zur Bewahrung seiner Ehre/ geschehen wäre/ ist schändlich und straff- bar. Denn der blosse Wundsch/ und die betrüg- lichen Ceremonien/ machen die Sache nicht aus/ sondern die Aufferziehung in der Zucht und Ver- mahnung zum HErrn/ und die Gnade und Re- gierung GOttes sind die rechten Mittel/ daß ein Mägdlein bey Ehren bleibe. Der Wundsch ist manchmahl gut/ die Fol- ge aber nicht. Wenn Wündschen zwar nur recht aus Hertzens Grund geschicht/ So
Unterſuchung derer von ſuper-klugen Wundſch/ der bey dieſen Ceremonien geſchicht/nicht zu tadeln/ wenn nemlich die Weiber/ wel- che das Kind auff der Mutter-Vruſt ſetzen/ ſa- gen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen! welches gleichſam ſo viel geſagt iſt/ als: GOtt erhalte euch/ und euer Kind geſund/ und gebe euch Kraͤffte/ Verſtand und Weißheit/ euer Toͤchterlein groß und in allen Chriſtlichen Tu- genden auff zu erzieben/ damit ihr nimmermehr Schande/ ſondern lauter Ehre an ihr erleben moͤget/ auff daß iederman euch vor eine gute ver- ſtaͤndige und gluͤckliche Frau achten koͤnne/ wel- che geſchickt ſey zu guter Erziehung ihrer Kinder. Dieſes/ ſag ich/ iſt an ſich ſelbſt nichts Boͤſes/ aber das aber glaͤubiſche Abſehen/ als ob dadurch dem Kinde ſchon eine Gnuͤge/ zur Bewahrung ſeiner Ehre/ geſchehen waͤre/ iſt ſchaͤndlich und ſtraff- bar. Denn der bloſſe Wundſch/ und die betruͤg- lichen Ceremonien/ machen die Sache nicht aus/ ſondern die Aufferziehung in der Zucht und Ver- mahnung zum HErrn/ und die Gnade und Re- gierung GOttes ſind die rechten Mittel/ daß ein Maͤgdlein bey Ehren bleibe. Der Wundſch iſt manchmahl gut/ die Fol- ge aber nicht. Wenn Wündſchen zwar nur recht aus Hertzens Grund geſchicht/ So
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Unterſuchung derer von ſuper-klugen
Wundſch/ der bey dieſen Ceremonien geſchicht/
nicht zu tadeln/ wenn nemlich die Weiber/ wel-
che das Kind auff der Mutter-Vruſt ſetzen/ ſa-
gen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen!
welches gleichſam ſo viel geſagt iſt/ als: GOtt
erhalte euch/ und euer Kind geſund/ und gebe
euch Kraͤffte/ Verſtand und Weißheit/ euer
Toͤchterlein groß und in allen Chriſtlichen Tu-
genden auff zu erzieben/ damit ihr nimmermehr
Schande/ ſondern lauter Ehre an ihr erleben
moͤget/ auff daß iederman euch vor eine gute ver-
ſtaͤndige und gluͤckliche Frau achten koͤnne/ wel-
che geſchickt ſey zu guter Erziehung ihrer Kinder.
Dieſes/ ſag ich/ iſt an ſich ſelbſt nichts Boͤſes/ aber
das aber glaͤubiſche Abſehen/ als ob dadurch dem
Kinde ſchon eine Gnuͤge/ zur Bewahrung ſeiner
Ehre/ geſchehen waͤre/ iſt ſchaͤndlich und ſtraff-
bar. Denn der bloſſe Wundſch/ und die betruͤg-
lichen Ceremonien/ machen die Sache nicht aus/
ſondern die Aufferziehung in der Zucht und Ver-
mahnung zum HErrn/ und die Gnade und Re-
gierung GOttes ſind die rechten Mittel/ daß
ein Maͤgdlein bey Ehren bleibe.
Der Wundſch iſt manchmahl gut/ die Fol-
ge aber nicht.
Wenn Wündſchen zwar nur recht aus
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