Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ohnlängst bey einem Freunde gesehen habe/ daswar ein Bild/ wie eine Magd/ diese hatte in der einen Hand etwas zusammen gewickeltes/ wel- ches man so genau nicht sehen kunte/ was es seyn solte/ mit der andern Hand kratzte sie sich hinter dem Ohr; unter dem Gemählde war die Er- klärung in folgenden Reimen beschrieben: Es fand ein' Magd ein'n Hosen-Latz/ Woraus ja sattsam abzunehmen ist/ warum esSie dacht/ es wär ein grosser Schatz/ Als sie ihn nun recht wolt' beschauen/ Thät sie sich hintern Ohren krauen. Sie sprach: Ach du gar liebes Nest/ Hätt ich den Vog'l/ der drinn gewest/ Der solte mir viel nützer werden/ Dem alle Hosen-Lätz auff Erden. denen guten Leuten zu thun sey/ nemlich/ nicht um das Nest/ sondern um den Vogel/ und müs- sen also die Hosen ihre Hülffe leisten/ als wie der Mönche ihre Kutten im Pabstthum. Mancher möchte zwar vermeynen/ ob geschehe die Hülffe nicht eben von denen Hosen/ und könte auch wohl etwas anders/ an statt der Hosen/ um den Kopff gewickelt/ und solcher dadurch erwärmet werden/ daß sich der Schmertz und das Reissen in Ohren zertheilen müste; aber nein/ es müssen Hosen seyn. Denn man bedencke nur/ wie mancher- ley kräfftige Dünste in manches seinen Hosen ver- X 3
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ohnlaͤngſt bey einem Freunde geſehen habe/ daswar ein Bild/ wie eine Magd/ dieſe hatte in der einen Hand etwas zuſammen gewickeltes/ wel- ches man ſo genau nicht ſehen kunte/ was es ſeyn ſolte/ mit der andern Hand kratzte ſie ſich hinter dem Ohr; unter dem Gemaͤhlde war die Er- klaͤrung in folgenden Reimen beſchrieben: Es fand ein’ Magd ein’n Hoſen-Latz/ Woraus ja ſattſam abzunehmen iſt/ warum esSie dacht/ es waͤr ein groſſer Schatz/ Als ſie ihn nun recht wolt’ beſchauen/ Thaͤt ſie ſich hintern Ohren krauen. Sie ſprach: Ach du gar liebes Neſt/ Haͤtt ich den Vog’l/ der drinn geweſt/ Der ſolte mir viel nuͤtzer werden/ Dem alle Hoſen-Laͤtz auff Erden. denen guten Leuten zu thun ſey/ nemlich/ nicht um das Neſt/ ſondern um den Vogel/ und muͤſ- ſen alſo die Hoſen ihre Huͤlffe leiſten/ als wie der Moͤnche ihre Kutten im Pabſtthum. Mancher moͤchte zwar vermeynen/ ob geſchehe die Huͤlffe nicht eben von denen Hoſen/ und koͤnte auch wohl etwas anders/ an ſtatt der Hoſen/ um den Kopff gewickelt/ und ſolcher dadurch erwaͤrmet werden/ daß ſich der Schmertz und das Reiſſen in Ohren zertheilen muͤſte; aber nein/ es muͤſſen Hoſen ſeyn. Denn man bedencke nur/ wie mancher- ley kraͤfftige Duͤnſte in manches ſeinen Hoſen ver- X 3
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
ohnlaͤngſt bey einem Freunde geſehen habe/ das
war ein Bild/ wie eine Magd/ dieſe hatte in der
einen Hand etwas zuſammen gewickeltes/ wel-
ches man ſo genau nicht ſehen kunte/ was es ſeyn
ſolte/ mit der andern Hand kratzte ſie ſich hinter
dem Ohr; unter dem Gemaͤhlde war die Er-
klaͤrung in folgenden Reimen beſchrieben:
Es fand ein’ Magd ein’n Hoſen-Latz/
Sie dacht/ es waͤr ein groſſer Schatz/
Als ſie ihn nun recht wolt’ beſchauen/
Thaͤt ſie ſich hintern Ohren krauen.
Sie ſprach: Ach du gar liebes Neſt/
Haͤtt ich den Vog’l/ der drinn geweſt/
Der ſolte mir viel nuͤtzer werden/
Dem alle Hoſen-Laͤtz auff Erden.
Woraus ja ſattſam abzunehmen iſt/ warum es
denen guten Leuten zu thun ſey/ nemlich/ nicht
um das Neſt/ ſondern um den Vogel/ und muͤſ-
ſen alſo die Hoſen ihre Huͤlffe leiſten/ als wie der
Moͤnche ihre Kutten im Pabſtthum. Mancher
moͤchte zwar vermeynen/ ob geſchehe die Huͤlffe
nicht eben von denen Hoſen/ und koͤnte auch wohl
etwas anders/ an ſtatt der Hoſen/ um den Kopff
gewickelt/ und ſolcher dadurch erwaͤrmet werden/
daß ſich der Schmertz und das Reiſſen in Ohren
zertheilen muͤſte; aber nein/ es muͤſſen Hoſen
ſeyn. Denn man bedencke nur/ wie mancher-
ley kraͤfftige Duͤnſte in manches ſeinen Hoſen
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