Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kriegt/ daraus er nicht gar wohl zu kommen weiß/saget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen; Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben/ daß/ so ihnen etwas auffstösset/ worüber sie er- schrecken/ und nicht stracks wissen/ wie sie die Sa- che angreiffen sollen/ alsbald sich hinter denen Ohren oder am Steisse jucken. Nun aber ge- schicht es auch offt/ daß manch Armes einen Ge- vatter-Brieff kriegt/ das weder ein reinlich Kleid/ noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder Pathen-Pfennige hat/ und also manchem Angst darüber wird/ daß er solcher Gestalt/ wie vorge- dacht/ das Kunst-Jucken darüber bekömmt. Ob nun zwar auff diese Art das Jucken erst ange- het/ da der Gevatter-Brieff schon da ist/ so kan es doch wohl seyn/ daß hiervon diese Meynung ihren Ursprung erlanget hat/ wenn es nemlich einem oder dem andern auff diese Art ergangen hat/ und hat ihm zu einer andern Zeit darnach der Steiß gejucket/ so hat er sich dessen erinnert/ wie ihm bey der Gevatterschafft geworden/ ist dahe- ro mit der Rede heraus gefahren: Der Hinte- re juckt mich/ ich werde wieder Gevatter wer- den; woraus die alten Weiber einen Glaubens- Grund formiret haben. Aber Es mögen Zweiffels frey die ominösen Zei- chen/ Und R 2
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kriegt/ daraus er nicht gar wohl zu kom̃en weiß/ſaget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen; Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben/ daß/ ſo ihnen etwas auffſtoͤſſet/ woruͤber ſie er- ſchrecken/ und nicht ſtracks wiſſen/ wie ſie die Sa- che angreiffen ſollen/ alsbald ſich hinter denen Ohren oder am Steiſſe jucken. Nun aber ge- ſchicht es auch offt/ daß manch Armes einen Ge- vatter-Brieff kriegt/ das weder ein reinlich Kleid/ noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder Pathen-Pfennige hat/ und alſo manchem Angſt daruͤber wird/ daß er ſolcher Geſtalt/ wie vorge- dacht/ das Kunſt-Jucken daruͤber bekoͤmmt. Ob nun zwar auff dieſe Art das Jucken erſt ange- het/ da der Gevatter-Brieff ſchon da iſt/ ſo kan es doch wohl ſeyn/ daß hiervon dieſe Meynung ihren Urſprung erlanget hat/ wenn es nemlich einem oder dem andern auff dieſe Art ergangen hat/ und hat ihm zu einer andern Zeit darnach der Steiß gejucket/ ſo hat er ſich deſſen erinnert/ wie ihm bey der Gevatterſchafft geworden/ iſt dahe- ro mit der Rede heraus gefahren: Der Hinte- re juckt mich/ ich werde wieder Gevatter wer- den; woraus die alten Weiber einen Glaubens- Grund formiret haben. Aber Es moͤgen Zweiffels frey die ominöſen Zei- chen/ Und R 2
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
kriegt/ daraus er nicht gar wohl zu kom̃en weiß/
ſaget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen;
Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben/
daß/ ſo ihnen etwas auffſtoͤſſet/ woruͤber ſie er-
ſchrecken/ und nicht ſtracks wiſſen/ wie ſie die Sa-
che angreiffen ſollen/ alsbald ſich hinter denen
Ohren oder am Steiſſe jucken. Nun aber ge-
ſchicht es auch offt/ daß manch Armes einen Ge-
vatter-Brieff kriegt/ das weder ein reinlich Kleid/
noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder
Pathen-Pfennige hat/ und alſo manchem Angſt
daruͤber wird/ daß er ſolcher Geſtalt/ wie vorge-
dacht/ das Kunſt-Jucken daruͤber bekoͤmmt.
Ob nun zwar auff dieſe Art das Jucken erſt ange-
het/ da der Gevatter-Brieff ſchon da iſt/ ſo kan
es doch wohl ſeyn/ daß hiervon dieſe Meynung
ihren Urſprung erlanget hat/ wenn es nemlich
einem oder dem andern auff dieſe Art ergangen
hat/ und hat ihm zu einer andern Zeit darnach der
Steiß gejucket/ ſo hat er ſich deſſen erinnert/ wie
ihm bey der Gevatterſchafft geworden/ iſt dahe-
ro mit der Rede heraus gefahren: Der Hinte-
re juckt mich/ ich werde wieder Gevatter wer-
den; woraus die alten Weiber einen Glaubens-
Grund formiret haben. Aber
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