hast zu meinem Besten dienen lassen: Du hast bey allen Zufällen, denen unsere bau- fällige Leiber unterworffen, meine Gesund- heit bewahret: Du hast bey allen mühsa- men Arbeiten mir deinen Segen nicht versagt: Der Tag ist dahin, die Arbeit ist verrichtet, und die Nacht ist eingebrochen, wie ein Gast der ungeruffen kommt. Ich muß dir aber, o mein Hertzenkündiger! meine Schwachheiten und Sünden beken- nen: Ach wie unvollkommen ist meine beste Gerechtigkeit! Ach wie sehr hab ich mich in die Welt vertiefft! Wie träg bin ich gewe- sen in den Pflichten meines Christenthums! Wie kaltsinnig hab ich das Werck getrie- ben, woran doch meine ewige Seligkeit hän- get, und mich mehr bemühet um die Welt, als um den Himmel. Darum bin ich miß- vergnügt mit mir selbst am allermeisten, daß ich nicht mehr Empfindung wegen der Sünde, als des größten Ubels, bey mir fin- de: Wann du nach deiner strengen Gerech- tigkeit mit mir verfahren wolltest, und auch nicht einmal gedencken solltest der Sün-
den
Abend-Gebett
haſt zu meinem Beſten dienen laſſen: Du haſt bey allen Zufällen, denen unſere bau- fällige Leiber unterworffen, meine Geſund- heit bewahret: Du haſt bey allen mühſa- men Arbeiten mir deinen Segen nicht verſagt: Der Tag iſt dahin, die Arbeit iſt verrichtet, und die Nacht iſt eingebrochen, wie ein Gaſt der ungeruffen kommt. Ich muß dir aber, o mein Hertzenkündiger! meine Schwachheiten und Sünden beken- nen: Ach wie unvollkommen iſt meine beſte Gerechtigkeit! Ach wie ſehr hab ich mich in die Welt vertiefft! Wie träg bin ich gewe- ſen in den Pflichten meines Chriſtenthums! Wie kaltſinnig hab ich das Werck getrie- ben, woran doch meine ewige Seligkeit hän- get, und mich mehr bemühet um die Welt, als um den Himmel. Darum bin ich miß- vergnügt mit mir ſelbſt am allermeiſten, daß ich nicht mehr Empfindung wegen der Sünde, als des größten Ubels, bey mir fin- de: Wann du nach deiner ſtrengen Gerech- tigkeit mit mir verfahren wollteſt, und auch nicht einmal gedencken ſollteſt der Sün-
den
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Abend-Gebett
haſt zu meinem Beſten dienen laſſen: Du
haſt bey allen Zufällen, denen unſere bau-
fällige Leiber unterworffen, meine Geſund-
heit bewahret: Du haſt bey allen mühſa-
men Arbeiten mir deinen Segen nicht
verſagt: Der Tag iſt dahin, die Arbeit iſt
verrichtet, und die Nacht iſt eingebrochen,
wie ein Gaſt der ungeruffen kommt. Ich
muß dir aber, o mein Hertzenkündiger!
meine Schwachheiten und Sünden beken-
nen: Ach wie unvollkommen iſt meine beſte
Gerechtigkeit! Ach wie ſehr hab ich mich in
die Welt vertiefft! Wie träg bin ich gewe-
ſen in den Pflichten meines Chriſtenthums!
Wie kaltſinnig hab ich das Werck getrie-
ben, woran doch meine ewige Seligkeit hän-
get, und mich mehr bemühet um die Welt,
als um den Himmel. Darum bin ich miß-
vergnügt mit mir ſelbſt am allermeiſten,
daß ich nicht mehr Empfindung wegen der
Sünde, als des größten Ubels, bey mir fin-
de: Wann du nach deiner ſtrengen Gerech-
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/130>, abgerufen am 21.11.2024.
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