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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Gebett
Gebett.

HEiliger GOtt! ach! ich weiß fast nicht, ob ich
vor deinem heiligen Angesicht erscheinen darf,
wenn ich meine natürliche Unheiligkeit und sündli-
ches Wesen bedencke. Du ruffest auch mir zu:
Wandele vor mir und sey fromm, und wenn du
fromm bist, so bist du angenehm, ja bleibe fromm,
und halte dich recht, denn solchen wirds zuletzt wohl
gehen. Aber ach! meine Frömmigkeit ist leyder! noch
nicht weit gekommen, ich bin leyder! in die Welt, in
das Welt-Wesen, in der Welt Gewohnheiten, Welt-
Eitelkeiten bisher geflochten gewesen, wo aber die
Welt eingehet, da gehet Christus aus, und wo die
Welt-Liebe sich befindet, da höret die Frömmigkeit auf.
Weil ich aber in solchem verderbten Zustand dir nicht
gefallen kan, indem nur die Gläubigen und Frommen
dir angenehm sind, ach! so gieb mir ein frommes
Hertz. Hilff, daß ich sey von Hertzen fromm, damit
mein gantzes Christenthum aufrichtig und recht-
schaffen sey, nicht Augenschein und Heucheley. Ver-
leihe mir Gnade, daß ich mich möge einer wahren
Frömmigkeit befleißigen, nicht etwa nur zum Schein
und äusserlich, sondern, daß meine Frömmigkeit möge
im Hertzen anfangen, daß ich dich über alles liebe, dir
diene, und was dir gefället, vollbringe, ja daß
ich allezeit, wie ein frommes Kind, ehe es etwas
vornimmt, seinen Eltern nach den Augen siehet, ob
sie es auch erlauben, ich auch möge erst in dein heili-
ges Wort und Gebott schauen, ob solches, was ich
vorhabe, mir als einem frommen Christen anstehe.

Ist
Gebett
Gebett.

HEiliger GOtt! ach! ich weiß faſt nicht, ob ich
vor deinem heiligen Angeſicht erſcheinen darf,
wenn ich meine natürliche Unheiligkeit und ſündli-
ches Weſen bedencke. Du ruffeſt auch mir zu:
Wandele vor mir und ſey fromm, und wenn du
fromm biſt, ſo biſt du angenehm, ja bleibe fromm,
und halte dich recht, denn ſolchen wirds zuletzt wohl
gehen. Aber ach! meine Frömmigkeit iſt leyder! noch
nicht weit gekommen, ich bin leyder! in die Welt, in
das Welt-Weſen, in der Welt Gewohnheiten, Welt-
Eitelkeiten bisher geflochten geweſen, wo aber die
Welt eingehet, da gehet Chriſtus aus, und wo die
Welt-Liebe ſich befindet, da höret die Fröm̃igkeit auf.
Weil ich aber in ſolchem verderbten Zuſtand dir nicht
gefallen kan, indem nur die Gläubigen und Frommen
dir angenehm ſind, ach! ſo gieb mir ein frommes
Hertz. Hilff, daß ich ſey von Hertzen fromm, damit
mein gantzes Chriſtenthum aufrichtig und recht-
ſchaffen ſey, nicht Augenſchein und Heucheley. Ver-
leihe mir Gnade, daß ich mich möge einer wahren
Frömmigkeit befleißigen, nicht etwa nur zum Schein
und äuſſerlich, ſondern, daß meine Frömmigkeit möge
im Hertzen anfangen, daß ich dich über alles liebe, dir
diene, und was dir gefället, vollbringe, ja daß
ich allezeit, wie ein frommes Kind, ehe es etwas
vornimmt, ſeinen Eltern nach den Augen ſiehet, ob
ſie es auch erlauben, ich auch möge erſt in dein heili-
ges Wort und Gebott ſchauen, ob ſolches, was ich
vorhabe, mir als einem frommen Chriſten anſtehe.

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[396/0418] Gebett Gebett. HEiliger GOtt! ach! ich weiß faſt nicht, ob ich vor deinem heiligen Angeſicht erſcheinen darf, wenn ich meine natürliche Unheiligkeit und ſündli- ches Weſen bedencke. Du ruffeſt auch mir zu: Wandele vor mir und ſey fromm, und wenn du fromm biſt, ſo biſt du angenehm, ja bleibe fromm, und halte dich recht, denn ſolchen wirds zuletzt wohl gehen. Aber ach! meine Frömmigkeit iſt leyder! noch nicht weit gekommen, ich bin leyder! in die Welt, in das Welt-Weſen, in der Welt Gewohnheiten, Welt- Eitelkeiten bisher geflochten geweſen, wo aber die Welt eingehet, da gehet Chriſtus aus, und wo die Welt-Liebe ſich befindet, da höret die Fröm̃igkeit auf. Weil ich aber in ſolchem verderbten Zuſtand dir nicht gefallen kan, indem nur die Gläubigen und Frommen dir angenehm ſind, ach! ſo gieb mir ein frommes Hertz. Hilff, daß ich ſey von Hertzen fromm, damit mein gantzes Chriſtenthum aufrichtig und recht- ſchaffen ſey, nicht Augenſchein und Heucheley. Ver- leihe mir Gnade, daß ich mich möge einer wahren Frömmigkeit befleißigen, nicht etwa nur zum Schein und äuſſerlich, ſondern, daß meine Frömmigkeit möge im Hertzen anfangen, daß ich dich über alles liebe, dir diene, und was dir gefället, vollbringe, ja daß ich allezeit, wie ein frommes Kind, ehe es etwas vornimmt, ſeinen Eltern nach den Augen ſiehet, ob ſie es auch erlauben, ich auch möge erſt in dein heili- ges Wort und Gebott ſchauen, ob ſolches, was ich vorhabe, mir als einem frommen Chriſten anſtehe. Iſt

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/418>, abgerufen am 22.11.2024.