schleunigen, so glaube ich dennoch gantz gewiß, daß sie mir nicht einen Augenblick würden abkürtzen kön- nen an der Zeit, die du mir zu leben bestimmet hast. Darum, HErr! in deine Hände nimm mein Leib und Seele: Siehe, hie bin ich, mein Vatter! ich werf- fe mich in kindlicher Gelassenheit in die Arme dei- nes vätterlichen Willens, und ruhe unter deinen Flügeln, wie ein Kind ruhet in dem Schoos sei- ner Mutter. Siehe, hie bin ich, mein GOtt! dei- nen Willen thue ich gern, es sey, daß die Seele, welche du nach deinem Ebenbild erschaffen, noch ei- ne Zeitlang soll in diesem Leib wohnen, und dir noch länger in dem Land der Lebendigen dienen: Oder daß du sie wolltest entbinden, und zu dir in den Him- mel nehmen, so will ich dir leben, dir sterben, und dein seyn, todt und lebendig, Amen.
Wegen der Art des Todes, und Bitte um ein seliges Ende.
OHeiliger und wunderbarer GOTT! ja wohl führest du deine Heiligen wunderlich, durch den Dornen - Weg zum Paradies, durch den Thränen-Thal zu dem Freuden - Saal, und durch den finstern Thal des Todes zu dem Brunnen des Lebens. Kranckheiten des Leibes müssen uns gesund machen, und durch die Zerstörung dieses irdischen Tabernakels kommen wir in den Him- mel. Wann ich diß alles mit der Waag-Schaa- le des Heiligthums abwiege, so finde ich wenig
dar-
Gebett in Kranckheit.
ſchleunigen, ſo glaube ich dennoch gantz gewiß, daß ſie mir nicht einen Augenblick würden abkürtzen kön- nen an der Zeit, die du mir zu leben beſtimmet haſt. Darum, HErr! in deine Hände nimm mein Leib und Seele: Siehe, hie bin ich, mein Vatter! ich werf- fe mich in kindlicher Gelaſſenheit in die Arme dei- nes vätterlichen Willens, und ruhe unter deinen Flügeln, wie ein Kind ruhet in dem Schoos ſei- ner Mutter. Siehe, hie bin ich, mein GOtt! dei- nen Willen thue ich gern, es ſey, daß die Seele, welche du nach deinem Ebenbild erſchaffen, noch ei- ne Zeitlang ſoll in dieſem Leib wohnen, und dir noch länger in dem Land der Lebendigen dienen: Oder daß du ſie wollteſt entbinden, und zu dir in den Him- mel nehmen, ſo will ich dir leben, dir ſterben, und dein ſeyn, todt und lebendig, Amen.
Wegen der Art des Todes, und Bitte um ein ſeliges Ende.
OHeiliger und wunderbarer GOTT! ja wohl führeſt du deine Heiligen wunderlich, durch den Dornen - Weg zum Paradies, durch den Thränen-Thal zu dem Freuden - Saal, und durch den finſtern Thal des Todes zu dem Brunnen des Lebens. Kranckheiten des Leibes müſſen uns geſund machen, und durch die Zerſtörung dieſes irdiſchen Tabernakels kommen wir in den Him- mel. Wann ich diß alles mit der Waag-Schaa- le des Heiligthums abwiege, ſo finde ich wenig
dar-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0659"n="637"/><fwplace="top"type="header">Gebett in Kranckheit.</fw><lb/>ſchleunigen, ſo glaube ich dennoch gantz gewiß, daß<lb/>ſie mir nicht einen Augenblick würden abkürtzen kön-<lb/>
nen an der Zeit, die du mir zu leben beſtimmet haſt.<lb/>
Darum, HErr! in deine Hände nimm mein Leib und<lb/>
Seele: Siehe, hie bin ich, mein Vatter! ich werf-<lb/>
fe mich in kindlicher Gelaſſenheit in die Arme dei-<lb/>
nes vätterlichen Willens, und ruhe unter deinen<lb/>
Flügeln, wie ein Kind ruhet in dem Schoos ſei-<lb/>
ner Mutter. Siehe, hie bin ich, mein GOtt! dei-<lb/>
nen Willen thue ich gern, es ſey, daß die Seele,<lb/>
welche du nach deinem Ebenbild erſchaffen, noch ei-<lb/>
ne Zeitlang ſoll in dieſem Leib wohnen, und dir noch<lb/>
länger in dem Land der Lebendigen dienen: Oder<lb/>
daß du ſie wollteſt entbinden, und zu dir in den Him-<lb/>
mel nehmen, ſo will ich dir leben, dir ſterben, und<lb/>
dein ſeyn, todt und lebendig, Amen.</p></div><lb/><divn="2"><head>Wegen der Art des Todes, und Bitte um<lb/>
ein ſeliges Ende.</head><lb/><p><hirendition="#in">O</hi>Heiliger und wunderbarer GOTT! ja wohl<lb/>
führeſt du deine Heiligen wunderlich, durch<lb/>
den Dornen - Weg zum Paradies, durch den<lb/>
Thränen-Thal zu dem Freuden - Saal, und durch<lb/>
den finſtern Thal des Todes zu dem Brunnen<lb/>
des Lebens. Kranckheiten des Leibes müſſen uns<lb/>
geſund machen, und durch die Zerſtörung dieſes<lb/>
irdiſchen Tabernakels kommen wir in den Him-<lb/>
mel. Wann ich diß alles mit der Waag-Schaa-<lb/>
le des Heiligthums abwiege, ſo finde ich wenig<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dar-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[637/0659]
Gebett in Kranckheit.
ſchleunigen, ſo glaube ich dennoch gantz gewiß, daß
ſie mir nicht einen Augenblick würden abkürtzen kön-
nen an der Zeit, die du mir zu leben beſtimmet haſt.
Darum, HErr! in deine Hände nimm mein Leib und
Seele: Siehe, hie bin ich, mein Vatter! ich werf-
fe mich in kindlicher Gelaſſenheit in die Arme dei-
nes vätterlichen Willens, und ruhe unter deinen
Flügeln, wie ein Kind ruhet in dem Schoos ſei-
ner Mutter. Siehe, hie bin ich, mein GOtt! dei-
nen Willen thue ich gern, es ſey, daß die Seele,
welche du nach deinem Ebenbild erſchaffen, noch ei-
ne Zeitlang ſoll in dieſem Leib wohnen, und dir noch
länger in dem Land der Lebendigen dienen: Oder
daß du ſie wollteſt entbinden, und zu dir in den Him-
mel nehmen, ſo will ich dir leben, dir ſterben, und
dein ſeyn, todt und lebendig, Amen.
Wegen der Art des Todes, und Bitte um
ein ſeliges Ende.
OHeiliger und wunderbarer GOTT! ja wohl
führeſt du deine Heiligen wunderlich, durch
den Dornen - Weg zum Paradies, durch den
Thränen-Thal zu dem Freuden - Saal, und durch
den finſtern Thal des Todes zu dem Brunnen
des Lebens. Kranckheiten des Leibes müſſen uns
geſund machen, und durch die Zerſtörung dieſes
irdiſchen Tabernakels kommen wir in den Him-
mel. Wann ich diß alles mit der Waag-Schaa-
le des Heiligthums abwiege, ſo finde ich wenig
dar-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/659>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.