Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.Morgen-Gebett am Freytage. hie aus meinen Adern treibt. Laß seinen Gallen-Tranck mein Thränen-Maas erfrischen, und gieb, daß mir sein Creutz ein Trost im Creutze bleibt. Mit seinen Banden zeuch mich immer von der Erden, in seine offne Seit begrabe meine Noth, und soll ich heute noch zur blassen Leiche werden, so sey durch seinen Tod auch meines Todes Tod. So wird mir dieser Tag ein rechter Freytag bleiben, und keines Weges nicht der Bosheit Deckel seyn, du wirst ihn in dein Buch mit Christi Blute schreiben, dasselbe machet mich von allen Sünden rein. Und du, o GOttes-Lamm, laß mich dein Vorbild lieben, daß ich gehorsam bin, wie du gewesen bist, daß ich ge- dultig sey, wenn man mich will betrüben, daß mei- ne Liebe treu, so wie die deine ist. Dann bleibet mir der Trost: Du hast so viel gelitten, daß meine Seele nur nicht darff verlohren gehn, so wirst du auch den Leib mit Segen überschütten, und mich dein Gliedmaß nicht in Kummer lassen stehn. Die Schädel-Stätte wird mit lauter Gnade thauen, wo du gedürstet hast, werd ich gesättigt seyn. Wo dich dein GOtt verließ, werd ich sein Antlitz schauen, wo du getraurest hast, da werd ich mich erfreun. Wo man dir alles nahm, wirst du mir alles geben, wo man dich hat entblößt, ziehst du dich selbst mir an, wo du gestorben bist, da wirst du mir das Leben. Dein Weg zum Creutze hin, ist meine Himmels- Bahn. Du wirst ein Fluch für mich, und ich durch dich ein Segen, du trugest GOttes Zorn, und ich die Huld davon. Das laß mich heute nun mit rech- tem
Morgen-Gebett am Freytage. hie aus meinen Adern treibt. Laß ſeinen Gallen-Tranck mein Thränen-Maas erfriſchen, und gieb, daß mir ſein Creutz ein Troſt im Creutze bleibt. Mit ſeinen Banden zeuch mich immer von der Erden, in ſeine offne Seit begrabe meine Noth, und ſoll ich heute noch zur blaſſen Leiche werden, ſo ſey durch ſeinen Tod auch meines Todes Tod. So wird mir dieſer Tag ein rechter Freytag bleiben, und keines Weges nicht der Bosheit Deckel ſeyn, du wirſt ihn in dein Buch mit Chriſti Blute ſchreiben, daſſelbe machet mich von allen Sünden rein. Und du, o GOttes-Lamm, laß mich dein Vorbild lieben, daß ich gehorſam bin, wie du geweſen biſt, daß ich ge- dultig ſey, wenn man mich will betrüben, daß mei- ne Liebe treu, ſo wie die deine iſt. Dann bleibet mir der Troſt: Du haſt ſo viel gelitten, daß meine Seele nur nicht darff verlohren gehn, ſo wirſt du auch den Leib mit Segen überſchütten, und mich dein Gliedmaß nicht in Kummer laſſen ſtehn. Die Schädel-Stätte wird mit lauter Gnade thauen, wo du gedürſtet haſt, werd ich geſättigt ſeyn. Wo dich dein GOtt verließ, werd ich ſein Antlitz ſchauen, wo du getraureſt haſt, da werd ich mich erfreun. Wo man dir alles nahm, wirſt du mir alles geben, wo man dich hat entblößt, ziehſt du dich ſelbſt mir an, wo du geſtorben biſt, da wirſt du mir das Leben. Dein Weg zum Creutze hin, iſt meine Himmels- Bahn. Du wirſt ein Fluch für mich, und ich durch dich ein Segen, du trugeſt GOttes Zorn, und ich die Huld davon. Das laß mich heute nun mit rech- tem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0788" n="766"/><fw place="top" type="header">Morgen-Gebett am Freytage.</fw><lb/> hie aus meinen Adern treibt. Laß ſeinen Gallen-<lb/> Tranck mein Thränen-Maas erfriſchen, und gieb,<lb/> daß mir ſein Creutz ein Troſt im Creutze bleibt. Mit<lb/> ſeinen Banden zeuch mich immer von der Erden, in<lb/> ſeine offne Seit begrabe meine Noth, und ſoll ich<lb/> heute noch zur blaſſen Leiche werden, ſo ſey durch<lb/> ſeinen Tod auch meines Todes Tod. So wird mir<lb/> dieſer Tag ein rechter Freytag bleiben, und keines<lb/> Weges nicht der Bosheit Deckel ſeyn, du wirſt ihn<lb/> in dein Buch mit Chriſti Blute ſchreiben, daſſelbe<lb/> machet mich von allen Sünden rein. Und du, o<lb/> GOttes-Lamm, laß mich dein Vorbild lieben, daß<lb/> ich gehorſam bin, wie du geweſen biſt, daß ich ge-<lb/> dultig ſey, wenn man mich will betrüben, daß mei-<lb/> ne Liebe treu, ſo wie die deine iſt. Dann bleibet<lb/> mir der Troſt: Du haſt ſo viel gelitten, daß meine<lb/> Seele nur nicht darff verlohren gehn, ſo wirſt du<lb/> auch den Leib mit Segen überſchütten, und mich<lb/> dein Gliedmaß nicht in Kummer laſſen ſtehn. Die<lb/> Schädel-Stätte wird mit lauter Gnade thauen, wo<lb/> du gedürſtet haſt, werd ich geſättigt ſeyn. Wo<lb/> dich dein GOtt verließ, werd ich ſein Antlitz ſchauen,<lb/> wo du getraureſt haſt, da werd ich mich erfreun. Wo<lb/> man dir alles nahm, wirſt du mir alles geben, wo<lb/> man dich hat entblößt, ziehſt du dich ſelbſt mir an,<lb/> wo du geſtorben biſt, da wirſt du mir das Leben.<lb/> Dein Weg zum Creutze hin, iſt meine Himmels-<lb/> Bahn. Du wirſt ein Fluch für mich, und ich durch<lb/> dich ein Segen, du trugeſt GOttes Zorn, und ich<lb/> die Huld davon. Das laß mich heute nun mit rech-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tem</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [766/0788]
Morgen-Gebett am Freytage.
hie aus meinen Adern treibt. Laß ſeinen Gallen-
Tranck mein Thränen-Maas erfriſchen, und gieb,
daß mir ſein Creutz ein Troſt im Creutze bleibt. Mit
ſeinen Banden zeuch mich immer von der Erden, in
ſeine offne Seit begrabe meine Noth, und ſoll ich
heute noch zur blaſſen Leiche werden, ſo ſey durch
ſeinen Tod auch meines Todes Tod. So wird mir
dieſer Tag ein rechter Freytag bleiben, und keines
Weges nicht der Bosheit Deckel ſeyn, du wirſt ihn
in dein Buch mit Chriſti Blute ſchreiben, daſſelbe
machet mich von allen Sünden rein. Und du, o
GOttes-Lamm, laß mich dein Vorbild lieben, daß
ich gehorſam bin, wie du geweſen biſt, daß ich ge-
dultig ſey, wenn man mich will betrüben, daß mei-
ne Liebe treu, ſo wie die deine iſt. Dann bleibet
mir der Troſt: Du haſt ſo viel gelitten, daß meine
Seele nur nicht darff verlohren gehn, ſo wirſt du
auch den Leib mit Segen überſchütten, und mich
dein Gliedmaß nicht in Kummer laſſen ſtehn. Die
Schädel-Stätte wird mit lauter Gnade thauen, wo
du gedürſtet haſt, werd ich geſättigt ſeyn. Wo
dich dein GOtt verließ, werd ich ſein Antlitz ſchauen,
wo du getraureſt haſt, da werd ich mich erfreun. Wo
man dir alles nahm, wirſt du mir alles geben, wo
man dich hat entblößt, ziehſt du dich ſelbſt mir an,
wo du geſtorben biſt, da wirſt du mir das Leben.
Dein Weg zum Creutze hin, iſt meine Himmels-
Bahn. Du wirſt ein Fluch für mich, und ich durch
dich ein Segen, du trugeſt GOttes Zorn, und ich
die Huld davon. Das laß mich heute nun mit rech-
tem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |