Eisen und Bronze sind nur durch Schmelzprozesse aus den Erzen herzustellen. Die Erze enthalten das Metall oxydiert, an Sauerstoff gebunden und mit anderen Stoffen gemischt; erst der Schmelzprozeß stellt annähernd reines Metall her. Werkzeuge aus solchen setzen also stets eine gewisse Naturkunde und größere Geschicklichkeit voraus.
Darüber ob ein besonderes Zeitalter der Bronzewaffen und -Werkzeuge anzunehmen, das dem der eisernen vorangegangen sei, wird heute noch in einer sehr umfangreichen Litteratur eifrig gestritten. Das Wahrscheinlichste ist nach dem heutigen Stande der archäologischen und technischen Forschung (Beck, Blümner, Schrader), daß eine primitive Herstellung schlechter, roher Eisenwerkzeuge so ziemlich überall das ältere war, weil die Eisenerze bei 700°C., die Kupfererze erst bei 1100°C. schmelzen, und die Eisenerze überall verbreitet sind, das zur Bronze nötige Zinn aber sehr selten ist; daß dann aber einige der begabtesten Völker in Asien, Europa und Amerika die vollkommene Ausnützung der Kupfer- und Zinnlegierung erlernten und so unter Zurückdrängung der schlechten und seltenen Eisenwerkzeuge die bronzenen viele Jahrhunderte lang die vor- herrschende Rolle spielten. Die Bronze ist schöner, leichter schmelzbar, hämmerbarer; sie rostet nicht, jedes zerbrochene Stück ist wieder brauchbar, sie kann durch die verschiedenen Zinnzusätze von 2 % bis zu 30 % beliebig hart oder weich gemacht werden; ihre Haupt- verarbeitung bedarf keiner Heizvorrichtung. Und wenn die Bronzewerkzeuge zu den großen Steinbauten der beginnenden Civilisation nicht ausreichten, für die gewöhnlichen Waffen, Werkzeuge, Schmuck- und Haushaltungsgegenstände waren sie gleich brauchbar, ja teilweise brauchbarer als Eisen. Der erste Sitz einer großen Bronzeindustrie war das semitische Westasien; von da hat der Handel erst die fertigen Produkte, später den Rohstoff und die Technik weit verbreitet. Die Griechen und die Etrusker waren die Erben der phönikisch-semitischen Bronzekunst. Anderwärts hat die Bronzetechnik nicht dieselbe Rolle gespielt. Die Eisenbereitung hatte wahrscheinlich bei den mongolisch- turanischen Stämmen, von welchen das erste Eisenvolk des Altertums, die Chalybäer am schwarzen Meer ein Splitter sind, zuerst eine größere Bedeutung, kam von ihnen nach China (2300 v. Chr. nachweisbar) wie zu den turanischen Iberern und Basken; die Ägypter hatten sie 3000 v. Chr. wahrscheinlich mit dem Sitz in Äthiopien. Die Kelten und Britannen sind eisenkundiger und -reicher als die Römer, welchen unter Numa der Eisenschmied noch fehlt; die Kelten sind die Begründer der norischen (steie- rischen) Eisenbergwerke. Die germanischen Völker erscheinen nach ihrer Trennung von den anderen indogermanischen, nach Westen ziehenden Völkern als schmiedekundig, aber erst die zwölf bis vierzehn Jahrhunderte nach Chr. dehnten die primitive Eisengewinnung bei ihnen nach und nach etwas weiter aus. Die großen Bauten Ägyptens, Assyriens und später die Perus sind ohne Eisenwerkzeuge nicht denkbar. Im ganzen hat die Mittelmeerkultur mehr durch die Bronze, haben die nordischen Völker mehr durch das Eisen die ersten Fortschritte der Metalltechnik vollzogen, und insofern geht eine südliche Epoche der Bronze der nördlichen des Eisens historisch voran.
Die älteste, roheste Eisengewinnung aus zerkleinerten Erzen geschah in offenen, kleinen, mit Kohlen geheizten Öfen; das Ergebnis waren nur schwammige, unreine, unschmelzbare Eisenstücke, die Luppen, aus denen durch Rothämmern ganz schlechtes Schmiedeeisen entstand. Das systematische Zerkleinern, Auslesen und Unterscheiden der Erze, die Luftzuführung durch Blasebälge (es waren ursprünglich zusammengenähte Ziegenfelle), die Zusetzung von kieselartigen Schmelzmitteln und das bessere Hämmern der niedergeschmolzenen kleinen Luppen von ein oder ein paar Kilogramm waren die großen Fortschritte, die schon in der ältesten historischen Zeit sich da erkennen lassen, wo besonders günstige Bedingungen das Eisengewerbe förderten. Je nach der Auswahl der Erze, der Hitze und der Luftzuführung und weiterer Behandlung erhielt man Stahl mit 0,6--1,5 % oder Schmiedeeisen mit 0,1--0,5 % Kohlenbeimischung, welche bei Griechen und Römern schon unterschieden werden. Immer war die Technik eine so unvollkommene und kleinliche, daß man berechnet hat, mit ihr würde auch heute ein Centner Eisen, der jetzt 3--5 Mark kostet, auf 170 zu stehen kommen. Vor dem 12.--13. Jahrhundert n. Chr. sind erhebliche weitere technische Fortschritte nicht mehr erkennbar. Das Eisen bleibt etwas Seltenes und
Erſtes Buch. Land, Leute und Technik.
Eiſen und Bronze ſind nur durch Schmelzprozeſſe aus den Erzen herzuſtellen. Die Erze enthalten das Metall oxydiert, an Sauerſtoff gebunden und mit anderen Stoffen gemiſcht; erſt der Schmelzprozeß ſtellt annähernd reines Metall her. Werkzeuge aus ſolchen ſetzen alſo ſtets eine gewiſſe Naturkunde und größere Geſchicklichkeit voraus.
Darüber ob ein beſonderes Zeitalter der Bronzewaffen und -Werkzeuge anzunehmen, das dem der eiſernen vorangegangen ſei, wird heute noch in einer ſehr umfangreichen Litteratur eifrig geſtritten. Das Wahrſcheinlichſte iſt nach dem heutigen Stande der archäologiſchen und techniſchen Forſchung (Beck, Blümner, Schrader), daß eine primitive Herſtellung ſchlechter, roher Eiſenwerkzeuge ſo ziemlich überall das ältere war, weil die Eiſenerze bei 700°C., die Kupfererze erſt bei 1100°C. ſchmelzen, und die Eiſenerze überall verbreitet ſind, das zur Bronze nötige Zinn aber ſehr ſelten iſt; daß dann aber einige der begabteſten Völker in Aſien, Europa und Amerika die vollkommene Ausnützung der Kupfer- und Zinnlegierung erlernten und ſo unter Zurückdrängung der ſchlechten und ſeltenen Eiſenwerkzeuge die bronzenen viele Jahrhunderte lang die vor- herrſchende Rolle ſpielten. Die Bronze iſt ſchöner, leichter ſchmelzbar, hämmerbarer; ſie roſtet nicht, jedes zerbrochene Stück iſt wieder brauchbar, ſie kann durch die verſchiedenen Zinnzuſätze von 2 % bis zu 30 % beliebig hart oder weich gemacht werden; ihre Haupt- verarbeitung bedarf keiner Heizvorrichtung. Und wenn die Bronzewerkzeuge zu den großen Steinbauten der beginnenden Civiliſation nicht ausreichten, für die gewöhnlichen Waffen, Werkzeuge, Schmuck- und Haushaltungsgegenſtände waren ſie gleich brauchbar, ja teilweiſe brauchbarer als Eiſen. Der erſte Sitz einer großen Bronzeinduſtrie war das ſemitiſche Weſtaſien; von da hat der Handel erſt die fertigen Produkte, ſpäter den Rohſtoff und die Technik weit verbreitet. Die Griechen und die Etrusker waren die Erben der phönikiſch-ſemitiſchen Bronzekunſt. Anderwärts hat die Bronzetechnik nicht dieſelbe Rolle geſpielt. Die Eiſenbereitung hatte wahrſcheinlich bei den mongoliſch- turaniſchen Stämmen, von welchen das erſte Eiſenvolk des Altertums, die Chalybäer am ſchwarzen Meer ein Splitter ſind, zuerſt eine größere Bedeutung, kam von ihnen nach China (2300 v. Chr. nachweisbar) wie zu den turaniſchen Iberern und Basken; die Ägypter hatten ſie 3000 v. Chr. wahrſcheinlich mit dem Sitz in Äthiopien. Die Kelten und Britannen ſind eiſenkundiger und -reicher als die Römer, welchen unter Numa der Eiſenſchmied noch fehlt; die Kelten ſind die Begründer der noriſchen (ſteie- riſchen) Eiſenbergwerke. Die germaniſchen Völker erſcheinen nach ihrer Trennung von den anderen indogermaniſchen, nach Weſten ziehenden Völkern als ſchmiedekundig, aber erſt die zwölf bis vierzehn Jahrhunderte nach Chr. dehnten die primitive Eiſengewinnung bei ihnen nach und nach etwas weiter aus. Die großen Bauten Ägyptens, Aſſyriens und ſpäter die Perus ſind ohne Eiſenwerkzeuge nicht denkbar. Im ganzen hat die Mittelmeerkultur mehr durch die Bronze, haben die nordiſchen Völker mehr durch das Eiſen die erſten Fortſchritte der Metalltechnik vollzogen, und inſofern geht eine ſüdliche Epoche der Bronze der nördlichen des Eiſens hiſtoriſch voran.
Die älteſte, roheſte Eiſengewinnung aus zerkleinerten Erzen geſchah in offenen, kleinen, mit Kohlen geheizten Öfen; das Ergebnis waren nur ſchwammige, unreine, unſchmelzbare Eiſenſtücke, die Luppen, aus denen durch Rothämmern ganz ſchlechtes Schmiedeeiſen entſtand. Das ſyſtematiſche Zerkleinern, Ausleſen und Unterſcheiden der Erze, die Luftzuführung durch Blaſebälge (es waren urſprünglich zuſammengenähte Ziegenfelle), die Zuſetzung von kieſelartigen Schmelzmitteln und das beſſere Hämmern der niedergeſchmolzenen kleinen Luppen von ein oder ein paar Kilogramm waren die großen Fortſchritte, die ſchon in der älteſten hiſtoriſchen Zeit ſich da erkennen laſſen, wo beſonders günſtige Bedingungen das Eiſengewerbe förderten. Je nach der Auswahl der Erze, der Hitze und der Luftzuführung und weiterer Behandlung erhielt man Stahl mit 0,6—1,5 % oder Schmiedeeiſen mit 0,1—0,5 % Kohlenbeimiſchung, welche bei Griechen und Römern ſchon unterſchieden werden. Immer war die Technik eine ſo unvollkommene und kleinliche, daß man berechnet hat, mit ihr würde auch heute ein Centner Eiſen, der jetzt 3—5 Mark koſtet, auf 170 zu ſtehen kommen. Vor dem 12.—13. Jahrhundert n. Chr. ſind erhebliche weitere techniſche Fortſchritte nicht mehr erkennbar. Das Eiſen bleibt etwas Seltenes und
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Erſtes Buch. Land, Leute und Technik.
Eiſen und Bronze ſind nur durch Schmelzprozeſſe aus den Erzen herzuſtellen. Die Erze
enthalten das Metall oxydiert, an Sauerſtoff gebunden und mit anderen Stoffen gemiſcht;
erſt der Schmelzprozeß ſtellt annähernd reines Metall her. Werkzeuge aus ſolchen ſetzen
alſo ſtets eine gewiſſe Naturkunde und größere Geſchicklichkeit voraus.
Darüber ob ein beſonderes Zeitalter der Bronzewaffen und -Werkzeuge anzunehmen,
das dem der eiſernen vorangegangen ſei, wird heute noch in einer ſehr umfangreichen
Litteratur eifrig geſtritten. Das Wahrſcheinlichſte iſt nach dem heutigen Stande der
archäologiſchen und techniſchen Forſchung (Beck, Blümner, Schrader), daß eine primitive
Herſtellung ſchlechter, roher Eiſenwerkzeuge ſo ziemlich überall das ältere war, weil die
Eiſenerze bei 700°C., die Kupfererze erſt bei 1100°C. ſchmelzen, und die Eiſenerze
überall verbreitet ſind, das zur Bronze nötige Zinn aber ſehr ſelten iſt; daß dann
aber einige der begabteſten Völker in Aſien, Europa und Amerika die vollkommene
Ausnützung der Kupfer- und Zinnlegierung erlernten und ſo unter Zurückdrängung der
ſchlechten und ſeltenen Eiſenwerkzeuge die bronzenen viele Jahrhunderte lang die vor-
herrſchende Rolle ſpielten. Die Bronze iſt ſchöner, leichter ſchmelzbar, hämmerbarer; ſie
roſtet nicht, jedes zerbrochene Stück iſt wieder brauchbar, ſie kann durch die verſchiedenen
Zinnzuſätze von 2 % bis zu 30 % beliebig hart oder weich gemacht werden; ihre Haupt-
verarbeitung bedarf keiner Heizvorrichtung. Und wenn die Bronzewerkzeuge zu den
großen Steinbauten der beginnenden Civiliſation nicht ausreichten, für die gewöhnlichen
Waffen, Werkzeuge, Schmuck- und Haushaltungsgegenſtände waren ſie gleich brauchbar,
ja teilweiſe brauchbarer als Eiſen. Der erſte Sitz einer großen Bronzeinduſtrie war
das ſemitiſche Weſtaſien; von da hat der Handel erſt die fertigen Produkte, ſpäter den
Rohſtoff und die Technik weit verbreitet. Die Griechen und die Etrusker waren die
Erben der phönikiſch-ſemitiſchen Bronzekunſt. Anderwärts hat die Bronzetechnik nicht
dieſelbe Rolle geſpielt. Die Eiſenbereitung hatte wahrſcheinlich bei den mongoliſch-
turaniſchen Stämmen, von welchen das erſte Eiſenvolk des Altertums, die Chalybäer
am ſchwarzen Meer ein Splitter ſind, zuerſt eine größere Bedeutung, kam von ihnen nach
China (2300 v. Chr. nachweisbar) wie zu den turaniſchen Iberern und Basken; die
Ägypter hatten ſie 3000 v. Chr. wahrſcheinlich mit dem Sitz in Äthiopien. Die
Kelten und Britannen ſind eiſenkundiger und -reicher als die Römer, welchen unter
Numa der Eiſenſchmied noch fehlt; die Kelten ſind die Begründer der noriſchen (ſteie-
riſchen) Eiſenbergwerke. Die germaniſchen Völker erſcheinen nach ihrer Trennung von den
anderen indogermaniſchen, nach Weſten ziehenden Völkern als ſchmiedekundig, aber erſt
die zwölf bis vierzehn Jahrhunderte nach Chr. dehnten die primitive Eiſengewinnung
bei ihnen nach und nach etwas weiter aus. Die großen Bauten Ägyptens, Aſſyriens
und ſpäter die Perus ſind ohne Eiſenwerkzeuge nicht denkbar. Im ganzen hat die
Mittelmeerkultur mehr durch die Bronze, haben die nordiſchen Völker mehr durch das
Eiſen die erſten Fortſchritte der Metalltechnik vollzogen, und inſofern geht eine ſüdliche
Epoche der Bronze der nördlichen des Eiſens hiſtoriſch voran.
Die älteſte, roheſte Eiſengewinnung aus zerkleinerten Erzen geſchah in offenen,
kleinen, mit Kohlen geheizten Öfen; das Ergebnis waren nur ſchwammige, unreine,
unſchmelzbare Eiſenſtücke, die Luppen, aus denen durch Rothämmern ganz ſchlechtes
Schmiedeeiſen entſtand. Das ſyſtematiſche Zerkleinern, Ausleſen und Unterſcheiden der
Erze, die Luftzuführung durch Blaſebälge (es waren urſprünglich zuſammengenähte
Ziegenfelle), die Zuſetzung von kieſelartigen Schmelzmitteln und das beſſere Hämmern
der niedergeſchmolzenen kleinen Luppen von ein oder ein paar Kilogramm waren die
großen Fortſchritte, die ſchon in der älteſten hiſtoriſchen Zeit ſich da erkennen laſſen, wo
beſonders günſtige Bedingungen das Eiſengewerbe förderten. Je nach der Auswahl der Erze,
der Hitze und der Luftzuführung und weiterer Behandlung erhielt man Stahl mit 0,6—1,5 %
oder Schmiedeeiſen mit 0,1—0,5 % Kohlenbeimiſchung, welche bei Griechen und Römern
ſchon unterſchieden werden. Immer war die Technik eine ſo unvollkommene und kleinliche,
daß man berechnet hat, mit ihr würde auch heute ein Centner Eiſen, der jetzt 3—5 Mark
koſtet, auf 170 zu ſtehen kommen. Vor dem 12.—13. Jahrhundert n. Chr. ſind erhebliche
weitere techniſche Fortſchritte nicht mehr erkennbar. Das Eiſen bleibt etwas Seltenes und
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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/218>, abgerufen am 19.07.2024.
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