tember und Oktober 1869 ganz vollendet und gedruckt wurden.
Seit mir im Jahre 1862 die Ausarbeitung der im Dezember 1861 aufgenommenen württembergischen Gewerbestatistik übertragen worden war, hatte ich die hiermit zusammenhängenden Fragen und Untersuchungen stets mit besonderer Vorliebe im Auge behalten. Als ich nach Preußen kam, hatte ich doppelte Veranlassung mich immer und immer wieder für wissenschaftliche Vor- lesungen, für Vorlesungen in Gewerbe- und Hand- werkervereinen, sowie für literarische Arbeiten mit der preußischen Gewerbestatistik, sowie mit der des Nachbar- landes, mit der sächsischen, zu beschäftigen. So hatte sich das Material, die verschiedensten Arten der Berech- nung, der Tabellen bei mir gehäuft; meine eigenen Ansichten waren im Laufe dieser Zeit mannigfach andere geworden, als ich mich durch die genannte äußere Ver- anlassung zur definitiven Ausarbeitung entschloß. Ich theilte früher, meinen allgemeinern Studien und meinen politischen Anschauungen gemäß, die hergebrachten An- sichten der liberalen Nationalökonomie, die rein opti- mistische Auffassung unserer volkswirthschaftlichen Fort- schritte, die Idee, in der Gewerbefreiheit an sich liege ausschließlich das Heilmittel für alle Uebelstände. Je tiefer aber meine Studien gingen, desto mehr sah ich nicht die Unrichtigkeit, im Gegentheil die Berechtigung, aber auch die Einseitigkeit dieses Standpunktes ein, desto mehr verwandelten sich mir frühere Abstraktionen in konkrete Unterscheidungen, der schönfärbende Optimis- mus in die Einsicht, daß nothwendig aus den großen
Vorrede.
tember und Oktober 1869 ganz vollendet und gedruckt wurden.
Seit mir im Jahre 1862 die Ausarbeitung der im Dezember 1861 aufgenommenen württembergiſchen Gewerbeſtatiſtik übertragen worden war, hatte ich die hiermit zuſammenhängenden Fragen und Unterſuchungen ſtets mit beſonderer Vorliebe im Auge behalten. Als ich nach Preußen kam, hatte ich doppelte Veranlaſſung mich immer und immer wieder für wiſſenſchaftliche Vor- leſungen, für Vorleſungen in Gewerbe- und Hand- werkervereinen, ſowie für literariſche Arbeiten mit der preußiſchen Gewerbeſtatiſtik, ſowie mit der des Nachbar- landes, mit der ſächſiſchen, zu beſchäftigen. So hatte ſich das Material, die verſchiedenſten Arten der Berech- nung, der Tabellen bei mir gehäuft; meine eigenen Anſichten waren im Laufe dieſer Zeit mannigfach andere geworden, als ich mich durch die genannte äußere Ver- anlaſſung zur definitiven Ausarbeitung entſchloß. Ich theilte früher, meinen allgemeinern Studien und meinen politiſchen Anſchauungen gemäß, die hergebrachten An- ſichten der liberalen Nationalökonomie, die rein opti- miſtiſche Auffaſſung unſerer volkswirthſchaftlichen Fort- ſchritte, die Idee, in der Gewerbefreiheit an ſich liege ausſchließlich das Heilmittel für alle Uebelſtände. Je tiefer aber meine Studien gingen, deſto mehr ſah ich nicht die Unrichtigkeit, im Gegentheil die Berechtigung, aber auch die Einſeitigkeit dieſes Standpunktes ein, deſto mehr verwandelten ſich mir frühere Abſtraktionen in konkrete Unterſcheidungen, der ſchönfärbende Optimis- mus in die Einſicht, daß nothwendig aus den großen
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[VI/0012]
Vorrede.
tember und Oktober 1869 ganz vollendet und gedruckt
wurden.
Seit mir im Jahre 1862 die Ausarbeitung der
im Dezember 1861 aufgenommenen württembergiſchen
Gewerbeſtatiſtik übertragen worden war, hatte ich die
hiermit zuſammenhängenden Fragen und Unterſuchungen
ſtets mit beſonderer Vorliebe im Auge behalten. Als
ich nach Preußen kam, hatte ich doppelte Veranlaſſung
mich immer und immer wieder für wiſſenſchaftliche Vor-
leſungen, für Vorleſungen in Gewerbe- und Hand-
werkervereinen, ſowie für literariſche Arbeiten mit der
preußiſchen Gewerbeſtatiſtik, ſowie mit der des Nachbar-
landes, mit der ſächſiſchen, zu beſchäftigen. So hatte
ſich das Material, die verſchiedenſten Arten der Berech-
nung, der Tabellen bei mir gehäuft; meine eigenen
Anſichten waren im Laufe dieſer Zeit mannigfach andere
geworden, als ich mich durch die genannte äußere Ver-
anlaſſung zur definitiven Ausarbeitung entſchloß. Ich
theilte früher, meinen allgemeinern Studien und meinen
politiſchen Anſchauungen gemäß, die hergebrachten An-
ſichten der liberalen Nationalökonomie, die rein opti-
miſtiſche Auffaſſung unſerer volkswirthſchaftlichen Fort-
ſchritte, die Idee, in der Gewerbefreiheit an ſich liege
ausſchließlich das Heilmittel für alle Uebelſtände. Je
tiefer aber meine Studien gingen, deſto mehr ſah ich
nicht die Unrichtigkeit, im Gegentheil die Berechtigung,
aber auch die Einſeitigkeit dieſes Standpunktes ein, deſto
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/12>, abgerufen am 02.02.2025.
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