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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
günstig, aber von der Gewerbefreiheit kaum berührt
bezeichnet.

Im Jahre 1863 wird besonders die immer stärker
wachsende Zunahme des Hausirhandels erwähnt. Sehr
viele kleine Gewerbetreibende, welche sich früher ohne
Hausiren durchzubringen suchten, heißt es, lassen sich
Hausirscheine geben. Hauptsächlich kommt es auch vor,
daß Hausirer an einzelnen Orten wochenlang ein Lokal
miethen, ihre Waaren zum Verkauf bieten und dann
weiter ziehen. Ueber die neue Gewerbeordnung über-
haupt schreibt die Heilbronner Handelskammer: "Viel-
fache Erkundigungen, welche wir von Gemeindebehörden,
Gewerbevereinen und Einzelnen über die Wirkungen der
neuen Gewerbeordnung eingezogen haben, sprechen sich
ziemlich übereinstimmend dahin aus, daß sie bis jetzt,
abgesehen vom Hausirhandel, sich weder als merklich
wohlthätig noch als merklich nachtheilig erwiesen habe.
Wie vorauszusehen war, so hatte sie namentlich durch
die Beseitigung des Erfordernisses des Ortsbürgerrechts
zur Folge, daß eine Menge Leute sich zur selbständigen
Ausübung von Gewerben meldete, namentlich in den
Städten, und daß der Wegfall der Konzessionen bei Krä-
mereien und des Beweises der Vorbildung beim Detail-
handel gleichfalls sehr viele Leute veranlaßte, den Handel
als Haupt- oder Neben-Erwerbszweig zu ergreifen.
Uebergänge von einem Handwerk auf ein anderes sind
selten, von einem Handwerk oder von einer sonstigen
Beschäftigung auf den Handel aber sehr häufig, häu-
figer als wünschenswerth. Klagen über Uebersetzung
sind uns nur bezüglich von Schneidern, Schuhmachern

Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
günſtig, aber von der Gewerbefreiheit kaum berührt
bezeichnet.

Im Jahre 1863 wird beſonders die immer ſtärker
wachſende Zunahme des Hauſirhandels erwähnt. Sehr
viele kleine Gewerbetreibende, welche ſich früher ohne
Hauſiren durchzubringen ſuchten, heißt es, laſſen ſich
Hauſirſcheine geben. Hauptſächlich kommt es auch vor,
daß Hauſirer an einzelnen Orten wochenlang ein Lokal
miethen, ihre Waaren zum Verkauf bieten und dann
weiter ziehen. Ueber die neue Gewerbeordnung über-
haupt ſchreibt die Heilbronner Handelskammer: „Viel-
fache Erkundigungen, welche wir von Gemeindebehörden,
Gewerbevereinen und Einzelnen über die Wirkungen der
neuen Gewerbeordnung eingezogen haben, ſprechen ſich
ziemlich übereinſtimmend dahin aus, daß ſie bis jetzt,
abgeſehen vom Hauſirhandel, ſich weder als merklich
wohlthätig noch als merklich nachtheilig erwieſen habe.
Wie vorauszuſehen war, ſo hatte ſie namentlich durch
die Beſeitigung des Erforderniſſes des Ortsbürgerrechts
zur Folge, daß eine Menge Leute ſich zur ſelbſtändigen
Ausübung von Gewerben meldete, namentlich in den
Städten, und daß der Wegfall der Konzeſſionen bei Krä-
mereien und des Beweiſes der Vorbildung beim Detail-
handel gleichfalls ſehr viele Leute veranlaßte, den Handel
als Haupt- oder Neben-Erwerbszweig zu ergreifen.
Uebergänge von einem Handwerk auf ein anderes ſind
ſelten, von einem Handwerk oder von einer ſonſtigen
Beſchäftigung auf den Handel aber ſehr häufig, häu-
figer als wünſchenswerth. Klagen über Ueberſetzung
ſind uns nur bezüglich von Schneidern, Schuhmachern

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[114/0136] Die Aufnahmen der kleinern Staaten. günſtig, aber von der Gewerbefreiheit kaum berührt bezeichnet. Im Jahre 1863 wird beſonders die immer ſtärker wachſende Zunahme des Hauſirhandels erwähnt. Sehr viele kleine Gewerbetreibende, welche ſich früher ohne Hauſiren durchzubringen ſuchten, heißt es, laſſen ſich Hauſirſcheine geben. Hauptſächlich kommt es auch vor, daß Hauſirer an einzelnen Orten wochenlang ein Lokal miethen, ihre Waaren zum Verkauf bieten und dann weiter ziehen. Ueber die neue Gewerbeordnung über- haupt ſchreibt die Heilbronner Handelskammer: „Viel- fache Erkundigungen, welche wir von Gemeindebehörden, Gewerbevereinen und Einzelnen über die Wirkungen der neuen Gewerbeordnung eingezogen haben, ſprechen ſich ziemlich übereinſtimmend dahin aus, daß ſie bis jetzt, abgeſehen vom Hauſirhandel, ſich weder als merklich wohlthätig noch als merklich nachtheilig erwieſen habe. Wie vorauszuſehen war, ſo hatte ſie namentlich durch die Beſeitigung des Erforderniſſes des Ortsbürgerrechts zur Folge, daß eine Menge Leute ſich zur ſelbſtändigen Ausübung von Gewerben meldete, namentlich in den Städten, und daß der Wegfall der Konzeſſionen bei Krä- mereien und des Beweiſes der Vorbildung beim Detail- handel gleichfalls ſehr viele Leute veranlaßte, den Handel als Haupt- oder Neben-Erwerbszweig zu ergreifen. Uebergänge von einem Handwerk auf ein anderes ſind ſelten, von einem Handwerk oder von einer ſonſtigen Beſchäftigung auf den Handel aber ſehr häufig, häu- figer als wünſchenswerth. Klagen über Ueberſetzung ſind uns nur bezüglich von Schneidern, Schuhmachern

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/136>, abgerufen am 24.11.2024.