Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
mengenommen), in Baden erst auf 15,5, in Bayern auf
16,2, in Preußen auf 20,5 Einwohner.1

Und doch galt damals in Sachsen die alte Zunft-
verfassung mit Innungszwang, Lehr- und Wanderzwang
für alle älteren Gewerbe; bis 1840 noch mit wesent-
licher Erschwerung des Gewerbebetriebes auf dem plat-
ten Lande. Die Hausindustriezweige freilich, die Webe-
rei, Strumpfwirkerei, Holzwaaren- und Instrumenten-
fabrikation, ferner die Gewerbe der Bürstenmacher,
Nagelschmiede, Blechschmiede, Bandmacher und Posa-
mentiere hatten sich wenigstens in vielen Gegenden unter
Beibehaltung der Innungsverfassung auf dem Lande aus-
gebreitet. Viele Landgemeinden hatten überdieß beson-
dere Privilegien für Gewerbebetrieb. Außerdem waren
auf dem Lande die unzünftigen Gewerbe frei, die zünf-
tigen waren nur unter gewissen Beschränkungen zugelas-
sen. Das Gesetz vom 9. Okt. 1840 brachte wenigstens
einige Erleichterung: Fabrikgewerbe, Maurer, Zimmer-
leute, Essenkehrer und Schwarzbrodbäcker sollten wie
bisher schon frei sein; außerdem soll von der Obrigkeit
für jede Landgemeinde wenigstens ein Schneider, Schuh-
macher, Weißbäcker, Fleischer, Schmied, Stellmacher,
Sattler, Tischler, Glaser, Seiler und Böttcher ohne
Weiteres zugelassen werden. Weitere zünftige Handwer-
ker bedürfen der Regierungserlaubniß. Vor wie nach
1840 waren für einzelne wenige Innungen und ein-
zelne Städte Realrechte vorhanden, welche kraft beson-
derer Privilegien allein in dem Orte Meisterrecht gaben,

1 Mittheilungen des statist. Bur. in Berlin IV, 292.

Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
mengenommen), in Baden erſt auf 15,5, in Bayern auf
16,2, in Preußen auf 20,5 Einwohner.1

Und doch galt damals in Sachſen die alte Zunft-
verfaſſung mit Innungszwang, Lehr- und Wanderzwang
für alle älteren Gewerbe; bis 1840 noch mit weſent-
licher Erſchwerung des Gewerbebetriebes auf dem plat-
ten Lande. Die Hausinduſtriezweige freilich, die Webe-
rei, Strumpfwirkerei, Holzwaaren- und Inſtrumenten-
fabrikation, ferner die Gewerbe der Bürſtenmacher,
Nagelſchmiede, Blechſchmiede, Bandmacher und Poſa-
mentiere hatten ſich wenigſtens in vielen Gegenden unter
Beibehaltung der Innungsverfaſſung auf dem Lande aus-
gebreitet. Viele Landgemeinden hatten überdieß beſon-
dere Privilegien für Gewerbebetrieb. Außerdem waren
auf dem Lande die unzünftigen Gewerbe frei, die zünf-
tigen waren nur unter gewiſſen Beſchränkungen zugelaſ-
ſen. Das Geſetz vom 9. Okt. 1840 brachte wenigſtens
einige Erleichterung: Fabrikgewerbe, Maurer, Zimmer-
leute, Eſſenkehrer und Schwarzbrodbäcker ſollten wie
bisher ſchon frei ſein; außerdem ſoll von der Obrigkeit
für jede Landgemeinde wenigſtens ein Schneider, Schuh-
macher, Weißbäcker, Fleiſcher, Schmied, Stellmacher,
Sattler, Tiſchler, Glaſer, Seiler und Böttcher ohne
Weiteres zugelaſſen werden. Weitere zünftige Handwer-
ker bedürfen der Regierungserlaubniß. Vor wie nach
1840 waren für einzelne wenige Innungen und ein-
zelne Städte Realrechte vorhanden, welche kraft beſon-
derer Privilegien allein in dem Orte Meiſterrecht gaben,

1 Mittheilungen des ſtatiſt. Bur. in Berlin IV, 292.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0162" n="140"/><fw place="top" type="header">Die Aufnahmen der kleinern Staaten.</fw><lb/>
mengenommen), in Baden er&#x017F;t auf 15,<hi rendition="#sub">5</hi>, in Bayern auf<lb/>
16,<hi rendition="#sub">2</hi>, in Preußen auf 20,<hi rendition="#sub">5</hi> Einwohner.<note place="foot" n="1">Mittheilungen des &#x017F;tati&#x017F;t. Bur. in Berlin <hi rendition="#aq">IV</hi>, 292.</note></p><lb/>
          <p>Und doch galt damals in Sach&#x017F;en die alte Zunft-<lb/>
verfa&#x017F;&#x017F;ung mit Innungszwang, Lehr- und Wanderzwang<lb/>
für alle älteren Gewerbe; bis 1840 noch mit we&#x017F;ent-<lb/>
licher Er&#x017F;chwerung des Gewerbebetriebes auf dem plat-<lb/>
ten Lande. Die Hausindu&#x017F;triezweige freilich, die Webe-<lb/>
rei, Strumpfwirkerei, Holzwaaren- und In&#x017F;trumenten-<lb/>
fabrikation, ferner die Gewerbe der Bür&#x017F;tenmacher,<lb/>
Nagel&#x017F;chmiede, Blech&#x017F;chmiede, Bandmacher und Po&#x017F;a-<lb/>
mentiere hatten &#x017F;ich wenig&#x017F;tens in vielen Gegenden unter<lb/>
Beibehaltung der Innungsverfa&#x017F;&#x017F;ung auf dem Lande aus-<lb/>
gebreitet. Viele Landgemeinden hatten überdieß be&#x017F;on-<lb/>
dere Privilegien für Gewerbebetrieb. Außerdem waren<lb/>
auf dem Lande die unzünftigen Gewerbe frei, die zünf-<lb/>
tigen waren nur unter gewi&#x017F;&#x017F;en Be&#x017F;chränkungen zugela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Das Ge&#x017F;etz vom 9. Okt. 1840 brachte wenig&#x017F;tens<lb/>
einige Erleichterung: Fabrikgewerbe, Maurer, Zimmer-<lb/>
leute, E&#x017F;&#x017F;enkehrer und Schwarzbrodbäcker &#x017F;ollten wie<lb/>
bisher &#x017F;chon frei &#x017F;ein; außerdem &#x017F;oll von der Obrigkeit<lb/>
für jede Landgemeinde wenig&#x017F;tens <hi rendition="#g">ein</hi> Schneider, Schuh-<lb/>
macher, Weißbäcker, Flei&#x017F;cher, Schmied, Stellmacher,<lb/>
Sattler, Ti&#x017F;chler, Gla&#x017F;er, Seiler und Böttcher ohne<lb/>
Weiteres zugela&#x017F;&#x017F;en werden. Weitere zünftige Handwer-<lb/>
ker bedürfen der Regierungserlaubniß. Vor wie nach<lb/>
1840 waren für einzelne wenige Innungen und ein-<lb/>
zelne Städte Realrechte vorhanden, welche kraft be&#x017F;on-<lb/>
derer Privilegien allein in dem Orte Mei&#x017F;terrecht gaben,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0162] Die Aufnahmen der kleinern Staaten. mengenommen), in Baden erſt auf 15,5, in Bayern auf 16,2, in Preußen auf 20,5 Einwohner. 1 Und doch galt damals in Sachſen die alte Zunft- verfaſſung mit Innungszwang, Lehr- und Wanderzwang für alle älteren Gewerbe; bis 1840 noch mit weſent- licher Erſchwerung des Gewerbebetriebes auf dem plat- ten Lande. Die Hausinduſtriezweige freilich, die Webe- rei, Strumpfwirkerei, Holzwaaren- und Inſtrumenten- fabrikation, ferner die Gewerbe der Bürſtenmacher, Nagelſchmiede, Blechſchmiede, Bandmacher und Poſa- mentiere hatten ſich wenigſtens in vielen Gegenden unter Beibehaltung der Innungsverfaſſung auf dem Lande aus- gebreitet. Viele Landgemeinden hatten überdieß beſon- dere Privilegien für Gewerbebetrieb. Außerdem waren auf dem Lande die unzünftigen Gewerbe frei, die zünf- tigen waren nur unter gewiſſen Beſchränkungen zugelaſ- ſen. Das Geſetz vom 9. Okt. 1840 brachte wenigſtens einige Erleichterung: Fabrikgewerbe, Maurer, Zimmer- leute, Eſſenkehrer und Schwarzbrodbäcker ſollten wie bisher ſchon frei ſein; außerdem ſoll von der Obrigkeit für jede Landgemeinde wenigſtens ein Schneider, Schuh- macher, Weißbäcker, Fleiſcher, Schmied, Stellmacher, Sattler, Tiſchler, Glaſer, Seiler und Böttcher ohne Weiteres zugelaſſen werden. Weitere zünftige Handwer- ker bedürfen der Regierungserlaubniß. Vor wie nach 1840 waren für einzelne wenige Innungen und ein- zelne Städte Realrechte vorhanden, welche kraft beſon- derer Privilegien allein in dem Orte Meiſterrecht gaben, 1 Mittheilungen des ſtatiſt. Bur. in Berlin IV, 292.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/162
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/162>, abgerufen am 21.11.2024.