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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die mögliche Erhaltung der Hausindustrie.
ihren Untergang allgemein zu prophezeihen. Für eine
ganze Reihe von Thätigkeiten hat sie mit der Näh-
maschine einen neuen Boden erhalten. Aus den sächsi-
schen Gegenden der Stick-, Näh- und Konfektionswaaren-
industrie wird berichtet, daß zwar einerseits die Zahl der
Stickmaschinen in den Fabriken zunimmt und ein bisher
noch der Handstickerei gehöriges Gebiet sich zu eigen
macht, daß dagegen für alle Arbeit, in der die gewöhn-
liche Nähmaschine ausreicht, die Hausindustrie wieder
zunimmt. Der Hauptabsatz der Nähmaschinen geht nicht
an Fabriken, sondern an Familien, an kleine Gewerb-
treibende. Die Nähmaschine, sagt der Bericht von
Plauen für 1865, 1 wird einestheils im Hause des
Arbeiters längere Zeit als in geschlossenen Etablissements
und dessen regelmäßigen Arbeitsstunden ausgebeutet und
anderseits dort als eigener Besitz des Arbeiters vor-
sichtiger und pfleglicher behandelt. Der Arbeitgeber ist
frei von eigener Verantwortlichkeit für Verderb und Ver-
schlechterung; die für Reparaturen erforderliche Zeit wird
wesentlich abgekürzt. Manchfach haben die Verleger oder
Kaufleute den Arbeitern die Nähmaschine vorschußweise
angeschafft. Kleine Abzüge am Lohn lassen sie sukzessiv
ins Eigenthum der arbeitenden Familie übergehen. Sicher
ein erfreuliches Zeichen. Schon der eigene Besitz eines
solchen Kapitals, die dadurch dem Arbeitgeber gegenüber
erreichte Selbständigkeit ist ein Gewinn.

Aber auch sonst sehen wir viele blühende Haus-
industrien noch heut zu Tage. Ihre Erhaltung gegen-

1 Preuß. Handelsarchiv Jahrg. 1867. I, S. 278.

Die mögliche Erhaltung der Hausinduſtrie.
ihren Untergang allgemein zu prophezeihen. Für eine
ganze Reihe von Thätigkeiten hat ſie mit der Näh-
maſchine einen neuen Boden erhalten. Aus den ſächſi-
ſchen Gegenden der Stick-, Näh- und Konfektionswaaren-
induſtrie wird berichtet, daß zwar einerſeits die Zahl der
Stickmaſchinen in den Fabriken zunimmt und ein bisher
noch der Handſtickerei gehöriges Gebiet ſich zu eigen
macht, daß dagegen für alle Arbeit, in der die gewöhn-
liche Nähmaſchine ausreicht, die Hausinduſtrie wieder
zunimmt. Der Hauptabſatz der Nähmaſchinen geht nicht
an Fabriken, ſondern an Familien, an kleine Gewerb-
treibende. Die Nähmaſchine, ſagt der Bericht von
Plauen für 1865, 1 wird einestheils im Hauſe des
Arbeiters längere Zeit als in geſchloſſenen Etabliſſements
und deſſen regelmäßigen Arbeitsſtunden ausgebeutet und
anderſeits dort als eigener Beſitz des Arbeiters vor-
ſichtiger und pfleglicher behandelt. Der Arbeitgeber iſt
frei von eigener Verantwortlichkeit für Verderb und Ver-
ſchlechterung; die für Reparaturen erforderliche Zeit wird
weſentlich abgekürzt. Manchfach haben die Verleger oder
Kaufleute den Arbeitern die Nähmaſchine vorſchußweiſe
angeſchafft. Kleine Abzüge am Lohn laſſen ſie ſukzeſſiv
ins Eigenthum der arbeitenden Familie übergehen. Sicher
ein erfreuliches Zeichen. Schon der eigene Beſitz eines
ſolchen Kapitals, die dadurch dem Arbeitgeber gegenüber
erreichte Selbſtändigkeit iſt ein Gewinn.

Aber auch ſonſt ſehen wir viele blühende Haus-
induſtrien noch heut zu Tage. Ihre Erhaltung gegen-

1 Preuß. Handelsarchiv Jahrg. 1867. I, S. 278.
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[205/0227] Die mögliche Erhaltung der Hausinduſtrie. ihren Untergang allgemein zu prophezeihen. Für eine ganze Reihe von Thätigkeiten hat ſie mit der Näh- maſchine einen neuen Boden erhalten. Aus den ſächſi- ſchen Gegenden der Stick-, Näh- und Konfektionswaaren- induſtrie wird berichtet, daß zwar einerſeits die Zahl der Stickmaſchinen in den Fabriken zunimmt und ein bisher noch der Handſtickerei gehöriges Gebiet ſich zu eigen macht, daß dagegen für alle Arbeit, in der die gewöhn- liche Nähmaſchine ausreicht, die Hausinduſtrie wieder zunimmt. Der Hauptabſatz der Nähmaſchinen geht nicht an Fabriken, ſondern an Familien, an kleine Gewerb- treibende. Die Nähmaſchine, ſagt der Bericht von Plauen für 1865, 1 wird einestheils im Hauſe des Arbeiters längere Zeit als in geſchloſſenen Etabliſſements und deſſen regelmäßigen Arbeitsſtunden ausgebeutet und anderſeits dort als eigener Beſitz des Arbeiters vor- ſichtiger und pfleglicher behandelt. Der Arbeitgeber iſt frei von eigener Verantwortlichkeit für Verderb und Ver- ſchlechterung; die für Reparaturen erforderliche Zeit wird weſentlich abgekürzt. Manchfach haben die Verleger oder Kaufleute den Arbeitern die Nähmaſchine vorſchußweiſe angeſchafft. Kleine Abzüge am Lohn laſſen ſie ſukzeſſiv ins Eigenthum der arbeitenden Familie übergehen. Sicher ein erfreuliches Zeichen. Schon der eigene Beſitz eines ſolchen Kapitals, die dadurch dem Arbeitgeber gegenüber erreichte Selbſtändigkeit iſt ein Gewinn. Aber auch ſonſt ſehen wir viele blühende Haus- induſtrien noch heut zu Tage. Ihre Erhaltung gegen- 1 Preuß. Handelsarchiv Jahrg. 1867. I, S. 278.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/227>, abgerufen am 23.11.2024.