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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Der Andrang zum Ladengeschäft.
Mittel verfallen, werden den schlechten Lotterkredit för-
dern, weil sie nur so ihre Kunden, die den ärmsten
Volksklassen angehören, anziehen. Dennoch wäre jeder
polizeiliche Eingriff da heutzutage nicht am Platze.
Manchmal erhalten solche Ladengeschäfte dadurch ihre
volle sittliche und wirthschaftliche Berechtigung, daß Frau
und Kinder den Kram und Verkauf besorgen, während
der Mann arbeitet, sei es im eigenen oder in einem
fremden Geschäfte. Nur indirekt läßt sich der zu zahl-
reichen Gründung solcher Geschäfte entgegenwirken, durch
Verbreitung technischer Geschicklichkeit, durch Erziehung
des ganzen Volkes zur Arbeit, durch eine solche volkswirth-
schaftliche Entwicklung, welche alle tüchtigen Kräfte besser
verwendet, sie überhebt, zu diesem Nothbehelf zu greifen.

Neben dem Verkauf im Laden spielt der auf den
Wochenmärkten immer noch eine Rolle.

Der eigentliche Wochenmarktsverkehr zwar berührt
das Handwerk nicht. 1 Die Hauptsache auf dem Wochen-
markt ist ja nach Bedürfniß, nach Herkommen und gesetz-
lichen Bestimmungen der Kleinverkehr mit Viktualien,
welche die ländlichen Produzenten, die Gemüsegärtner oder
die Aufkäufer, die Höker zu Markte bringen. Daß auch

1 Zu vergl. über den Wochenmarkt: J. G. Hoffmann, die
Befugniß zum Gewerbebetrieb, Berlin, Nicolai 1841. S. 328--
344. Auch über diesen Punkt sind die Ausführungen Hoff-
mann's klassisch; wenn auch theilweise nicht mehr den heutigen
Verhältnissen entsprechend, stehen sie immer noch höher als
Manches, was von abstraktem unhistorischem Standpunkte die
entgegengesetzte Einseitigkeit vertritt, wie z. B. in diesem Punkt
der Artikel von Karl Scholz "der Wochenmarkt" in Faucher's
Vierteljahrsschrift, XVII, S. 25--43

Der Andrang zum Ladengeſchäft.
Mittel verfallen, werden den ſchlechten Lotterkredit för-
dern, weil ſie nur ſo ihre Kunden, die den ärmſten
Volksklaſſen angehören, anziehen. Dennoch wäre jeder
polizeiliche Eingriff da heutzutage nicht am Platze.
Manchmal erhalten ſolche Ladengeſchäfte dadurch ihre
volle ſittliche und wirthſchaftliche Berechtigung, daß Frau
und Kinder den Kram und Verkauf beſorgen, während
der Mann arbeitet, ſei es im eigenen oder in einem
fremden Geſchäfte. Nur indirekt läßt ſich der zu zahl-
reichen Gründung ſolcher Geſchäfte entgegenwirken, durch
Verbreitung techniſcher Geſchicklichkeit, durch Erziehung
des ganzen Volkes zur Arbeit, durch eine ſolche volkswirth-
ſchaftliche Entwicklung, welche alle tüchtigen Kräfte beſſer
verwendet, ſie überhebt, zu dieſem Nothbehelf zu greifen.

Neben dem Verkauf im Laden ſpielt der auf den
Wochenmärkten immer noch eine Rolle.

Der eigentliche Wochenmarktsverkehr zwar berührt
das Handwerk nicht. 1 Die Hauptſache auf dem Wochen-
markt iſt ja nach Bedürfniß, nach Herkommen und geſetz-
lichen Beſtimmungen der Kleinverkehr mit Viktualien,
welche die ländlichen Produzenten, die Gemüſegärtner oder
die Aufkäufer, die Höker zu Markte bringen. Daß auch

1 Zu vergl. über den Wochenmarkt: J. G. Hoffmann, die
Befugniß zum Gewerbebetrieb, Berlin, Nicolai 1841. S. 328—
344. Auch über dieſen Punkt ſind die Ausführungen Hoff-
mann’s klaſſiſch; wenn auch theilweiſe nicht mehr den heutigen
Verhältniſſen entſprechend, ſtehen ſie immer noch höher als
Manches, was von abſtraktem unhiſtoriſchem Standpunkte die
entgegengeſetzte Einſeitigkeit vertritt, wie z. B. in dieſem Punkt
der Artikel von Karl Scholz „der Wochenmarkt“ in Faucher’s
Vierteljahrsſchrift, XVII, S. 25—43
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[215/0237] Der Andrang zum Ladengeſchäft. Mittel verfallen, werden den ſchlechten Lotterkredit för- dern, weil ſie nur ſo ihre Kunden, die den ärmſten Volksklaſſen angehören, anziehen. Dennoch wäre jeder polizeiliche Eingriff da heutzutage nicht am Platze. Manchmal erhalten ſolche Ladengeſchäfte dadurch ihre volle ſittliche und wirthſchaftliche Berechtigung, daß Frau und Kinder den Kram und Verkauf beſorgen, während der Mann arbeitet, ſei es im eigenen oder in einem fremden Geſchäfte. Nur indirekt läßt ſich der zu zahl- reichen Gründung ſolcher Geſchäfte entgegenwirken, durch Verbreitung techniſcher Geſchicklichkeit, durch Erziehung des ganzen Volkes zur Arbeit, durch eine ſolche volkswirth- ſchaftliche Entwicklung, welche alle tüchtigen Kräfte beſſer verwendet, ſie überhebt, zu dieſem Nothbehelf zu greifen. Neben dem Verkauf im Laden ſpielt der auf den Wochenmärkten immer noch eine Rolle. Der eigentliche Wochenmarktsverkehr zwar berührt das Handwerk nicht. 1 Die Hauptſache auf dem Wochen- markt iſt ja nach Bedürfniß, nach Herkommen und geſetz- lichen Beſtimmungen der Kleinverkehr mit Viktualien, welche die ländlichen Produzenten, die Gemüſegärtner oder die Aufkäufer, die Höker zu Markte bringen. Daß auch 1 Zu vergl. über den Wochenmarkt: J. G. Hoffmann, die Befugniß zum Gewerbebetrieb, Berlin, Nicolai 1841. S. 328— 344. Auch über dieſen Punkt ſind die Ausführungen Hoff- mann’s klaſſiſch; wenn auch theilweiſe nicht mehr den heutigen Verhältniſſen entſprechend, ſtehen ſie immer noch höher als Manches, was von abſtraktem unhiſtoriſchem Standpunkte die entgegengeſetzte Einſeitigkeit vertritt, wie z. B. in dieſem Punkt der Artikel von Karl Scholz „der Wochenmarkt“ in Faucher’s Vierteljahrsſchrift, XVII, S. 25—43

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/237>, abgerufen am 23.11.2024.