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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umgestaltung von Produktion und Verkehr.
derselben erleichtert. Der Andrang und die Mißbräuche,
die da entstehen, sind nicht unbedeutend, es fragt sich
nur, ob sie nicht theilweise vorübergehend sind, ob nicht
durch die bisherige einschränkende Verwaltungspraxis
neben manchem Unfug sehr viele berechtigte Geschäfte
abgeschnitten wurden.

Ich möchte in dieser Beziehung noch Einiges aus
den unparteiischen, schon oben erwähnten Berichten der
württembergischen Handelskammern hervorheben.

Die Berichte erkennen vollständig an, daß die
größere Ausdehnung des Hausirhandels seit dem liberalen
Gewerbegesetz von 1862 ihre volkswirthschaftliche Be-
rechtigung habe, daß der Hausirhandel Konkurrenz und
Preisermäßigung schaffe, daß er Geschäfte, Einkäufe und
Verkäufe veranlasse, die ohne ihn vielfach ganz unter-
blieben wären. Aber ebenso betonen sie die Mißstände.
Die unreellen Geschäfte, der Schwindel, Täuschung und
Betrug, die unverschämte Zudringlichkeit, welche sich
nicht vermindert, wenn dem Hausirer verboten wird,
die Häuser zu betreten, haben ebenfalls zugenommen.
Einzelne ganz schlimme Auswüchse werden erzählt. In
einem der Berichte heißt es: "Es kommen Leute ins
Land, welche als Entrepreneurs eine Anzahl von Kin-
dern und Halberwachsenen mit sich führen, in Wirths-
häusern sich festsetzen und diese Leute mit Mausfallen,
ordinären Blechwaaren und dergleichen ins Hausiren
schicken, mit der Auflage, täglich eine Summe Geldes
einzubringen, in deren Ermangelung Mißhandlungen
eintreten. Der Entrepreneur lebt gut, seine Unter-
gebenen desto schlechter und kaum anders als in andern

Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.
derſelben erleichtert. Der Andrang und die Mißbräuche,
die da entſtehen, ſind nicht unbedeutend, es fragt ſich
nur, ob ſie nicht theilweiſe vorübergehend ſind, ob nicht
durch die bisherige einſchränkende Verwaltungspraxis
neben manchem Unfug ſehr viele berechtigte Geſchäfte
abgeſchnitten wurden.

Ich möchte in dieſer Beziehung noch Einiges aus
den unparteiiſchen, ſchon oben erwähnten Berichten der
württembergiſchen Handelskammern hervorheben.

Die Berichte erkennen vollſtändig an, daß die
größere Ausdehnung des Hauſirhandels ſeit dem liberalen
Gewerbegeſetz von 1862 ihre volkswirthſchaftliche Be-
rechtigung habe, daß der Hauſirhandel Konkurrenz und
Preisermäßigung ſchaffe, daß er Geſchäfte, Einkäufe und
Verkäufe veranlaſſe, die ohne ihn vielfach ganz unter-
blieben wären. Aber ebenſo betonen ſie die Mißſtände.
Die unreellen Geſchäfte, der Schwindel, Täuſchung und
Betrug, die unverſchämte Zudringlichkeit, welche ſich
nicht vermindert, wenn dem Hauſirer verboten wird,
die Häuſer zu betreten, haben ebenfalls zugenommen.
Einzelne ganz ſchlimme Auswüchſe werden erzählt. In
einem der Berichte heißt es: „Es kommen Leute ins
Land, welche als Entrepreneurs eine Anzahl von Kin-
dern und Halberwachſenen mit ſich führen, in Wirths-
häuſern ſich feſtſetzen und dieſe Leute mit Mausfallen,
ordinären Blechwaaren und dergleichen ins Hauſiren
ſchicken, mit der Auflage, täglich eine Summe Geldes
einzubringen, in deren Ermangelung Mißhandlungen
eintreten. Der Entrepreneur lebt gut, ſeine Unter-
gebenen deſto ſchlechter und kaum anders als in andern

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[248/0270] Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr. derſelben erleichtert. Der Andrang und die Mißbräuche, die da entſtehen, ſind nicht unbedeutend, es fragt ſich nur, ob ſie nicht theilweiſe vorübergehend ſind, ob nicht durch die bisherige einſchränkende Verwaltungspraxis neben manchem Unfug ſehr viele berechtigte Geſchäfte abgeſchnitten wurden. Ich möchte in dieſer Beziehung noch Einiges aus den unparteiiſchen, ſchon oben erwähnten Berichten der württembergiſchen Handelskammern hervorheben. Die Berichte erkennen vollſtändig an, daß die größere Ausdehnung des Hauſirhandels ſeit dem liberalen Gewerbegeſetz von 1862 ihre volkswirthſchaftliche Be- rechtigung habe, daß der Hauſirhandel Konkurrenz und Preisermäßigung ſchaffe, daß er Geſchäfte, Einkäufe und Verkäufe veranlaſſe, die ohne ihn vielfach ganz unter- blieben wären. Aber ebenſo betonen ſie die Mißſtände. Die unreellen Geſchäfte, der Schwindel, Täuſchung und Betrug, die unverſchämte Zudringlichkeit, welche ſich nicht vermindert, wenn dem Hauſirer verboten wird, die Häuſer zu betreten, haben ebenfalls zugenommen. Einzelne ganz ſchlimme Auswüchſe werden erzählt. In einem der Berichte heißt es: „Es kommen Leute ins Land, welche als Entrepreneurs eine Anzahl von Kin- dern und Halberwachſenen mit ſich führen, in Wirths- häuſern ſich feſtſetzen und dieſe Leute mit Mausfallen, ordinären Blechwaaren und dergleichen ins Hauſiren ſchicken, mit der Auflage, täglich eine Summe Geldes einzubringen, in deren Ermangelung Mißhandlungen eintreten. Der Entrepreneur lebt gut, ſeine Unter- gebenen deſto ſchlechter und kaum anders als in andern

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/270>, abgerufen am 24.11.2024.