von seiner Klugheit, seinem Rechentalent; dieser hat sich von früh bis spät anzustrengen, thätig zu sein, jener sucht Gewinn, nicht ohne zu arbeiten, aber doch ent- spricht der Gewinn nicht sowohl der Arbeit, als der rich- tigen Reklame, der Mode, den Zufällen der Konjunktur.
Aehnliche Mißbildungen aus ähnlichen Ursachen, wie der oben besprochene Kleinhandel mit Lebensmitteln, birgt auch der Kleinhandel mit Geweben, Garnen, Bändern und derartigen Artikeln. Flagrante Beispiele haben sich neuestens in den größern Städten gehäuft. Eine proletarische Konkurrenz, die sich nicht genirt mit gestohlenen Waaren zu handeln, ist nichts Unerhörtes. Zeigte sich doch neulich in Berlin, bei Aufhebung der großen seit Jahren thätigen Diebesbande, welch' erschreckend große Zahl für achtbar gehaltener Firmen mit gestohlenen Waaren gehandelt hatte. Man darf aus solchen einzelnen Beispielen freilich nicht zu viel folgern; aber eben so wenig darf man sie in einem Gesammtbild unserer gegenwärtigen Zustände übersehen. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen moralischen Kräfte, eine steigende Oeffentlichkeit, eine gesunde kauf- männische Presse, im Stande sind, dem unreellen Treiben die Waage zu halten und es in die Grenzen zurückzudrängen, wie es immer als Folge einzelner Per- sönlichkeiten vorkommen muß.
Der Gegenſatz des Handwerkers und Detailhändlers.
von ſeiner Klugheit, ſeinem Rechentalent; dieſer hat ſich von früh bis ſpät anzuſtrengen, thätig zu ſein, jener ſucht Gewinn, nicht ohne zu arbeiten, aber doch ent- ſpricht der Gewinn nicht ſowohl der Arbeit, als der rich- tigen Reklame, der Mode, den Zufällen der Konjunktur.
Aehnliche Mißbildungen aus ähnlichen Urſachen, wie der oben beſprochene Kleinhandel mit Lebensmitteln, birgt auch der Kleinhandel mit Geweben, Garnen, Bändern und derartigen Artikeln. Flagrante Beiſpiele haben ſich neueſtens in den größern Städten gehäuft. Eine proletariſche Konkurrenz, die ſich nicht genirt mit geſtohlenen Waaren zu handeln, iſt nichts Unerhörtes. Zeigte ſich doch neulich in Berlin, bei Aufhebung der großen ſeit Jahren thätigen Diebesbande, welch’ erſchreckend große Zahl für achtbar gehaltener Firmen mit geſtohlenen Waaren gehandelt hatte. Man darf aus ſolchen einzelnen Beiſpielen freilich nicht zu viel folgern; aber eben ſo wenig darf man ſie in einem Geſammtbild unſerer gegenwärtigen Zuſtände überſehen. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen moraliſchen Kräfte, eine ſteigende Oeffentlichkeit, eine geſunde kauf- männiſche Preſſe, im Stande ſind, dem unreellen Treiben die Waage zu halten und es in die Grenzen zurückzudrängen, wie es immer als Folge einzelner Per- ſönlichkeiten vorkommen muß.
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Der Gegenſatz des Handwerkers und Detailhändlers.
von ſeiner Klugheit, ſeinem Rechentalent; dieſer hat ſich
von früh bis ſpät anzuſtrengen, thätig zu ſein, jener
ſucht Gewinn, nicht ohne zu arbeiten, aber doch ent-
ſpricht der Gewinn nicht ſowohl der Arbeit, als der rich-
tigen Reklame, der Mode, den Zufällen der Konjunktur.
Aehnliche Mißbildungen aus ähnlichen Urſachen,
wie der oben beſprochene Kleinhandel mit Lebensmitteln,
birgt auch der Kleinhandel mit Geweben, Garnen,
Bändern und derartigen Artikeln. Flagrante Beiſpiele
haben ſich neueſtens in den größern Städten gehäuft.
Eine proletariſche Konkurrenz, die ſich nicht genirt mit
geſtohlenen Waaren zu handeln, iſt nichts Unerhörtes.
Zeigte ſich doch neulich in Berlin, bei Aufhebung der
großen ſeit Jahren thätigen Diebesbande, welch’
erſchreckend große Zahl für achtbar gehaltener Firmen
mit geſtohlenen Waaren gehandelt hatte. Man darf
aus ſolchen einzelnen Beiſpielen freilich nicht zu viel
folgern; aber eben ſo wenig darf man ſie in einem
Geſammtbild unſerer gegenwärtigen Zuſtände überſehen.
Es kommt darauf an, ob die vorhandenen moraliſchen
Kräfte, eine ſteigende Oeffentlichkeit, eine geſunde kauf-
männiſche Preſſe, im Stande ſind, dem unreellen
Treiben die Waage zu halten und es in die Grenzen
zurückzudrängen, wie es immer als Folge einzelner Per-
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/555>, abgerufen am 22.11.2024.
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