Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. schäfte übergegangen, ähnlich wie die Anfertigung vonStöcken, Sonnen- und Regenschirmen, Fächern und ähnlichen Dingen. Doch ist in allen diesen Gewerben der Großbetrieb nicht absolut nothwendig. Wir sehen neben den Fabriken lokale Geschäfte, freilich vielfach mit Läden und Reparaturgeschäften verbunden, wir sehen außerdem, daß diese Waaren theilweise auch durch die Hausindustrie, also durch die Thätigkeit kleiner Meister entstehen können. Ich erinnere nur an das Tabletterie- gewerbe in der Umgegend von Paris,1 an die Thatsache, daß die große Londoner Sonnen- und Regenschirm- fabrikation mit ihrem ungeheuren Export durchaus Haus- industrie ist. "Die Fabrikation der Gestelle für Regen- und Sonnenschirme" -- sagt Professor Hofmann in London2 -- "wird hauptsächlich von kleinen Meistern betrieben, die gewöhnlich einige Knaben als Gehülfen beschäftigen; das Ueberziehen der Schirme hingegen wird von Frauen und Mädchen besorgt, die in ihren Woh- nungen arbeiten. England verdankt den Vorrang in dieser Industrie nicht sowohl der Einführung neuer kostbarer Maschinen -- denn die Werkzeuge der Sonnen- und Regenschirmmacher sind noch fast eben so einfach, als sie es vor 100 Jahren waren -- sondern vielmehr einer verständigen Anwendung des Prinzips der Arbeits- theilung." Gehen wir aber nun zu den eigentlichen Hand- 1 Roscher, Ansichten der Volkswirthschaft. S. 149. 2 Zollv. Ausstellungsbericht 1851. III, S. 549--50.
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. ſchäfte übergegangen, ähnlich wie die Anfertigung vonStöcken, Sonnen- und Regenſchirmen, Fächern und ähnlichen Dingen. Doch iſt in allen dieſen Gewerben der Großbetrieb nicht abſolut nothwendig. Wir ſehen neben den Fabriken lokale Geſchäfte, freilich vielfach mit Läden und Reparaturgeſchäften verbunden, wir ſehen außerdem, daß dieſe Waaren theilweiſe auch durch die Hausinduſtrie, alſo durch die Thätigkeit kleiner Meiſter entſtehen können. Ich erinnere nur an das Tabletterie- gewerbe in der Umgegend von Paris,1 an die Thatſache, daß die große Londoner Sonnen- und Regenſchirm- fabrikation mit ihrem ungeheuren Export durchaus Haus- induſtrie iſt. „Die Fabrikation der Geſtelle für Regen- und Sonnenſchirme“ — ſagt Profeſſor Hofmann in London2 — „wird hauptſächlich von kleinen Meiſtern betrieben, die gewöhnlich einige Knaben als Gehülfen beſchäftigen; das Ueberziehen der Schirme hingegen wird von Frauen und Mädchen beſorgt, die in ihren Woh- nungen arbeiten. England verdankt den Vorrang in dieſer Induſtrie nicht ſowohl der Einführung neuer koſtbarer Maſchinen — denn die Werkzeuge der Sonnen- und Regenſchirmmacher ſind noch faſt eben ſo einfach, als ſie es vor 100 Jahren waren — ſondern vielmehr einer verſtändigen Anwendung des Prinzips der Arbeits- theilung.“ Gehen wir aber nun zu den eigentlichen Hand- 1 Roſcher, Anſichten der Volkswirthſchaft. S. 149. 2 Zollv. Ausſtellungsbericht 1851. III, S. 549—50.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0640" n="618"/><fw place="top" type="header">Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.</fw><lb/> ſchäfte übergegangen, ähnlich wie die Anfertigung von<lb/> Stöcken, Sonnen- und Regenſchirmen, Fächern und<lb/> ähnlichen Dingen. Doch iſt in allen dieſen Gewerben<lb/> der Großbetrieb nicht abſolut nothwendig. Wir ſehen<lb/> neben den Fabriken lokale Geſchäfte, freilich vielfach mit<lb/> Läden und Reparaturgeſchäften verbunden, wir ſehen<lb/> außerdem, daß dieſe Waaren theilweiſe auch durch die<lb/> Hausinduſtrie, alſo durch die Thätigkeit kleiner Meiſter<lb/> entſtehen können. Ich erinnere nur an das Tabletterie-<lb/> gewerbe in der Umgegend von Paris,<note place="foot" n="1">Roſcher, Anſichten der Volkswirthſchaft. S. 149.</note> an die Thatſache,<lb/> daß die große Londoner Sonnen- und Regenſchirm-<lb/> fabrikation mit ihrem ungeheuren Export durchaus Haus-<lb/> induſtrie iſt. „Die Fabrikation der Geſtelle für Regen-<lb/> und Sonnenſchirme“ — ſagt Profeſſor Hofmann in<lb/> London<note place="foot" n="2">Zollv. Ausſtellungsbericht 1851. <hi rendition="#aq">III,</hi> S. 549—50.</note> — „wird hauptſächlich von kleinen Meiſtern<lb/> betrieben, die gewöhnlich einige Knaben als Gehülfen<lb/> beſchäftigen; das Ueberziehen der Schirme hingegen wird<lb/> von Frauen und Mädchen beſorgt, die in ihren Woh-<lb/> nungen arbeiten. England verdankt den Vorrang in<lb/> dieſer Induſtrie nicht ſowohl der Einführung neuer<lb/> koſtbarer Maſchinen — denn die Werkzeuge der Sonnen-<lb/> und Regenſchirmmacher ſind noch faſt eben ſo einfach,<lb/> als ſie es vor 100 Jahren waren — ſondern vielmehr<lb/> einer verſtändigen Anwendung des Prinzips der Arbeits-<lb/> theilung.“</p><lb/> <p>Gehen wir aber nun zu den eigentlichen Hand-<lb/> werken, welche hierher gehören, über. Ich beginne als<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [618/0640]
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
ſchäfte übergegangen, ähnlich wie die Anfertigung von
Stöcken, Sonnen- und Regenſchirmen, Fächern und
ähnlichen Dingen. Doch iſt in allen dieſen Gewerben
der Großbetrieb nicht abſolut nothwendig. Wir ſehen
neben den Fabriken lokale Geſchäfte, freilich vielfach mit
Läden und Reparaturgeſchäften verbunden, wir ſehen
außerdem, daß dieſe Waaren theilweiſe auch durch die
Hausinduſtrie, alſo durch die Thätigkeit kleiner Meiſter
entſtehen können. Ich erinnere nur an das Tabletterie-
gewerbe in der Umgegend von Paris, 1 an die Thatſache,
daß die große Londoner Sonnen- und Regenſchirm-
fabrikation mit ihrem ungeheuren Export durchaus Haus-
induſtrie iſt. „Die Fabrikation der Geſtelle für Regen-
und Sonnenſchirme“ — ſagt Profeſſor Hofmann in
London 2 — „wird hauptſächlich von kleinen Meiſtern
betrieben, die gewöhnlich einige Knaben als Gehülfen
beſchäftigen; das Ueberziehen der Schirme hingegen wird
von Frauen und Mädchen beſorgt, die in ihren Woh-
nungen arbeiten. England verdankt den Vorrang in
dieſer Induſtrie nicht ſowohl der Einführung neuer
koſtbarer Maſchinen — denn die Werkzeuge der Sonnen-
und Regenſchirmmacher ſind noch faſt eben ſo einfach,
als ſie es vor 100 Jahren waren — ſondern vielmehr
einer verſtändigen Anwendung des Prinzips der Arbeits-
theilung.“
Gehen wir aber nun zu den eigentlichen Hand-
werken, welche hierher gehören, über. Ich beginne als
1 Roſcher, Anſichten der Volkswirthſchaft. S. 149.
2 Zollv. Ausſtellungsbericht 1851. III, S. 549—50.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |