Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.Die technischen Fortschritte in der Schuhmacherei. sondere größere Geschäfte bildeten sich, welche einzelneTheile en gros produziren und liefern -- wie Absätze, Schuhverzierungen, Gummizüge u. s. w. Eine Maschine zum Anschrauben der Sohlen befand sich schon 1851 auf der Londoner Ausstellung; in neuerer Zeit kom- men solche Maschinen in den preußischen Militärschuh- machereien zur Anwendung; eine Berliner Fabrik liefert sie das Stück zu 200 Thlr. Der vollständige Ueber- gang zur Maschinenanwendung aber datirt erst aus neuester Zeit. Er hat sich -- sagt der Ausstellungsbericht von 1867 -- seit kaum zwei Jahren und so zu sagen plötz- lich vollzogen. Den Anstoß gab das industrielle Amerika. Mehr als drei Jahrtausende, seit der Zeit der Pharao- nen, hat man die Schuhe in gleicher Weise einfach mit der Hand gearbeitet, jetzt ist die rein mechanische An- fertigung gelungen. Man konnte den Beweis hierfür auf der Ausstellung selbst sehen. In einer der aus- gestellten Werkstätten konnte man sich ein Paar Leder- gamaschenschuhe nach Maaß unter seinen Augen binnen 45 Minuten anfertigen lassen. Die Maschinen von Silvan Depuis et Comp. waren darauf eingerichtet nur durch Frauenhände bedient zu werden; eine Maschine lieferte mit einem Arbeiter täglich 23 -- 27 Paar Schuhe, eine andere die doppelte Zahl, während jetzt ein Geselle allein 4 Stunden zum Annageln eines Paares mit Holz- stiften braucht. Die Maschinen, um welche es sich handelt, sind abgesehen von der Schraubenmaschine, die Leistenschneidemaschine, die Stanzmaschine, welche die Sohlen nach bestimmten Nummern heraussticht, die Walzmaschine, die Sohlenpresse, die Absatzpresse und 40 *
Die techniſchen Fortſchritte in der Schuhmacherei. ſondere größere Geſchäfte bildeten ſich, welche einzelneTheile en gros produziren und liefern — wie Abſätze, Schuhverzierungen, Gummizüge u. ſ. w. Eine Maſchine zum Anſchrauben der Sohlen befand ſich ſchon 1851 auf der Londoner Ausſtellung; in neuerer Zeit kom- men ſolche Maſchinen in den preußiſchen Militärſchuh- machereien zur Anwendung; eine Berliner Fabrik liefert ſie das Stück zu 200 Thlr. Der vollſtändige Ueber- gang zur Maſchinenanwendung aber datirt erſt aus neueſter Zeit. Er hat ſich — ſagt der Ausſtellungsbericht von 1867 — ſeit kaum zwei Jahren und ſo zu ſagen plötz- lich vollzogen. Den Anſtoß gab das induſtrielle Amerika. Mehr als drei Jahrtauſende, ſeit der Zeit der Pharao- nen, hat man die Schuhe in gleicher Weiſe einfach mit der Hand gearbeitet, jetzt iſt die rein mechaniſche An- fertigung gelungen. Man konnte den Beweis hierfür auf der Ausſtellung ſelbſt ſehen. In einer der aus- geſtellten Werkſtätten konnte man ſich ein Paar Leder- gamaſchenſchuhe nach Maaß unter ſeinen Augen binnen 45 Minuten anfertigen laſſen. Die Maſchinen von Silvan Depuis et Comp. waren darauf eingerichtet nur durch Frauenhände bedient zu werden; eine Maſchine lieferte mit einem Arbeiter täglich 23 — 27 Paar Schuhe, eine andere die doppelte Zahl, während jetzt ein Geſelle allein 4 Stunden zum Annageln eines Paares mit Holz- ſtiften braucht. Die Maſchinen, um welche es ſich handelt, ſind abgeſehen von der Schraubenmaſchine, die Leiſtenſchneidemaſchine, die Stanzmaſchine, welche die Sohlen nach beſtimmten Nummern herausſticht, die Walzmaſchine, die Sohlenpreſſe, die Abſatzpreſſe und 40 *
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Die techniſchen Fortſchritte in der Schuhmacherei.
ſondere größere Geſchäfte bildeten ſich, welche einzelne
Theile en gros produziren und liefern — wie Abſätze,
Schuhverzierungen, Gummizüge u. ſ. w. Eine Maſchine
zum Anſchrauben der Sohlen befand ſich ſchon 1851
auf der Londoner Ausſtellung; in neuerer Zeit kom-
men ſolche Maſchinen in den preußiſchen Militärſchuh-
machereien zur Anwendung; eine Berliner Fabrik liefert
ſie das Stück zu 200 Thlr. Der vollſtändige Ueber-
gang zur Maſchinenanwendung aber datirt erſt aus neueſter
Zeit. Er hat ſich — ſagt der Ausſtellungsbericht von
1867 — ſeit kaum zwei Jahren und ſo zu ſagen plötz-
lich vollzogen. Den Anſtoß gab das induſtrielle Amerika.
Mehr als drei Jahrtauſende, ſeit der Zeit der Pharao-
nen, hat man die Schuhe in gleicher Weiſe einfach mit
der Hand gearbeitet, jetzt iſt die rein mechaniſche An-
fertigung gelungen. Man konnte den Beweis hierfür
auf der Ausſtellung ſelbſt ſehen. In einer der aus-
geſtellten Werkſtätten konnte man ſich ein Paar Leder-
gamaſchenſchuhe nach Maaß unter ſeinen Augen binnen
45 Minuten anfertigen laſſen. Die Maſchinen von
Silvan Depuis et Comp. waren darauf eingerichtet nur
durch Frauenhände bedient zu werden; eine Maſchine
lieferte mit einem Arbeiter täglich 23 — 27 Paar Schuhe,
eine andere die doppelte Zahl, während jetzt ein Geſelle
allein 4 Stunden zum Annageln eines Paares mit Holz-
ſtiften braucht. Die Maſchinen, um welche es ſich
handelt, ſind abgeſehen von der Schraubenmaſchine, die
Leiſtenſchneidemaſchine, die Stanzmaſchine, welche die
Sohlen nach beſtimmten Nummern herausſticht, die
Walzmaſchine, die Sohlenpreſſe, die Abſatzpreſſe und
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