Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. fabricants" und "Tailleurs apieceurs" bezeichnetwird. In beiden Arten von Geschäften sehen wir große Etablissements, welche 50 -- 60, ja bis 300 Gesellen in ihren Räumen beschäftigen, daneben auch außer dem Hause nähen lassen. Beide beziehen die Tuche und anderen Stoffe mehr und mehr direkt vom Fabrikanten, um dadurch die vertheuernde Zwischenhand des Tuch- händlers zu sparen. Häufig sind frühere Tuchmagazine durch Annahme eines Zuschneiders und einer Anzahl Schneidergesellen zu Kleidermagazinen geworden. Der Umfang der Geschäfte, welche nach Maß und Bestellung arbeiten, bleibt selbst in den größten Städten in der Regel ein etwas geringerer. Dagegen wächst der Um- fang der eigentlichen Kleiderfabriken theilweise in's Un- glaubliche. Von dem Gerson'schen Geschäft in Berlin, das hauptsächlich Damenmäntel, Mantillen, Mode- waaren aller Art führt und nach allen Staaten und Himmelsgegenden exportirt, schreibt Viebahn schon 1852: "das Geschäft hat im vergangenen Jahre etwa 16000 bis 20000 fertige Mäntel, Mantillen etc. geliefert. In zwei Geschäftshäusern werden unter Leitung von 5 Hand- werksmeistern und 3 Direktrizen 120--140 Arbeiterinnen, außerdem aber in den Wohnungen etwa 150 Meister mit durchschnittlich 10 Gesellen, welche nur für dies Haus arbeiten, und im Ganzen in solchen fertigen Artikeln, das Weißwaarenfach mitgerechnet, 1600 -- 2000 Personen, je nachdem es stille oder lebhafte Zeit ist, beschäftigt; in dem Verkaufslokal selbst arbeiten gegen 100 Kommis, Aufseher, Ladenjungfern und Diener." Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. fabricants“ und „Tailleurs apiéceurs“ bezeichnetwird. In beiden Arten von Geſchäften ſehen wir große Etabliſſements, welche 50 — 60, ja bis 300 Geſellen in ihren Räumen beſchäftigen, daneben auch außer dem Hauſe nähen laſſen. Beide beziehen die Tuche und anderen Stoffe mehr und mehr direkt vom Fabrikanten, um dadurch die vertheuernde Zwiſchenhand des Tuch- händlers zu ſparen. Häufig ſind frühere Tuchmagazine durch Annahme eines Zuſchneiders und einer Anzahl Schneidergeſellen zu Kleidermagazinen geworden. Der Umfang der Geſchäfte, welche nach Maß und Beſtellung arbeiten, bleibt ſelbſt in den größten Städten in der Regel ein etwas geringerer. Dagegen wächſt der Um- fang der eigentlichen Kleiderfabriken theilweiſe in’s Un- glaubliche. Von dem Gerſon’ſchen Geſchäft in Berlin, das hauptſächlich Damenmäntel, Mantillen, Mode- waaren aller Art führt und nach allen Staaten und Himmelsgegenden exportirt, ſchreibt Viebahn ſchon 1852: „das Geſchäft hat im vergangenen Jahre etwa 16000 bis 20000 fertige Mäntel, Mantillen ꝛc. geliefert. In zwei Geſchäftshäuſern werden unter Leitung von 5 Hand- werksmeiſtern und 3 Direktrizen 120—140 Arbeiterinnen, außerdem aber in den Wohnungen etwa 150 Meiſter mit durchſchnittlich 10 Geſellen, welche nur für dies Haus arbeiten, und im Ganzen in ſolchen fertigen Artikeln, das Weißwaarenfach mitgerechnet, 1600 — 2000 Perſonen, je nachdem es ſtille oder lebhafte Zeit iſt, beſchäftigt; in dem Verkaufslokal ſelbſt arbeiten gegen 100 Kommis, Aufſeher, Ladenjungfern und Diener.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0668" n="646"/><fw place="top" type="header">Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.</fw><lb/><hi rendition="#aq">fabricants“</hi> und <hi rendition="#aq">„Tailleurs apiéceurs“</hi> bezeichnet<lb/> wird. In beiden Arten von Geſchäften ſehen wir große<lb/> Etabliſſements, welche 50 — 60, ja bis 300 Geſellen<lb/> in ihren Räumen beſchäftigen, daneben auch außer dem<lb/> Hauſe nähen laſſen. 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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
fabricants“ und „Tailleurs apiéceurs“ bezeichnet
wird. In beiden Arten von Geſchäften ſehen wir große
Etabliſſements, welche 50 — 60, ja bis 300 Geſellen
in ihren Räumen beſchäftigen, daneben auch außer dem
Hauſe nähen laſſen. Beide beziehen die Tuche und
anderen Stoffe mehr und mehr direkt vom Fabrikanten,
um dadurch die vertheuernde Zwiſchenhand des Tuch-
händlers zu ſparen. Häufig ſind frühere Tuchmagazine
durch Annahme eines Zuſchneiders und einer Anzahl
Schneidergeſellen zu Kleidermagazinen geworden. Der
Umfang der Geſchäfte, welche nach Maß und Beſtellung
arbeiten, bleibt ſelbſt in den größten Städten in der
Regel ein etwas geringerer. Dagegen wächſt der Um-
fang der eigentlichen Kleiderfabriken theilweiſe in’s Un-
glaubliche. Von dem Gerſon’ſchen Geſchäft in Berlin,
das hauptſächlich Damenmäntel, Mantillen, Mode-
waaren aller Art führt und nach allen Staaten und
Himmelsgegenden exportirt, ſchreibt Viebahn ſchon 1852:
„das Geſchäft hat im vergangenen Jahre etwa 16000
bis 20000 fertige Mäntel, Mantillen ꝛc. geliefert. In
zwei Geſchäftshäuſern werden unter Leitung von 5 Hand-
werksmeiſtern und 3 Direktrizen 120—140 Arbeiterinnen,
außerdem aber in den Wohnungen etwa 150 Meiſter
mit durchſchnittlich 10 Geſellen, welche nur für dies
Haus arbeiten, und im Ganzen in ſolchen fertigen
Artikeln, das Weißwaarenfach mitgerechnet, 1600 —
2000 Perſonen, je nachdem es ſtille oder lebhafte Zeit
iſt, beſchäftigt; in dem Verkaufslokal ſelbſt arbeiten
gegen 100 Kommis, Aufſeher, Ladenjungfern und
Diener.“
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