Gemeinde und im Kreise, so ist sehr gut Platz für ein nothwendiges staatliches Fabrik- und Gewerbeinspektorat. Ich habe viel über Gensdarmen, über Landräthe und Regierungen klagen hören; aber nie habe ich von ver- nünftigen Leuten gehört, unsere Spezialkommissare und Generalkommissionen seien ein überflüssiges schädliches Reis am Baume der Bureaukratie; und ihnen wären etwaige neue Behörden derart gleichzustellen.
Man mag zweifeln, ob unsere gegenwärtige preu- ßische Bureaukratie zu solchen Aemtern, zu solcher Thä- tigkeit fähig sei. Huber selbst spricht es aus, nur weil er die gegenwärtige Generation gewöhnlicher preußischer Beamten hierfür nicht für qualifizirt halte, sei er nicht dafür, daß die Regierung sich irgendwie in das Ge- nossenschaftswesen mische. Aber das ist zu ändern; wenn es die rechten Leute nicht gibt, sind sie zu ziehen.
Ein großer Theil unserer Liberalen widerstrebt allen solchen Maßregeln nur, weil sie die im Augenblick an der Regierung befindliche Partei nicht stärken wollen; sie würden, wie es jeder liberalen Partei, die zur Regie- rung kommt, gegangen ist, -- später selbst Maßregeln durchführen müssen, die sie heute bekämpfen.
Aber sozialistisch ist jeder solche Eingriff in die freie Volkswirthschaft, das ist jetzt das beliebte Schlag- wort, mit dem eine abstrakte Theorie, wie der behag- liche Besitz der Mittelklassen zugleich die unsinnigsten Umsturzideen, wie die heilsamsten sozialen Reformpläne, welche den besitzenden Mittelklassen einige Opfer oder Unbequemlichkeiten, einige Kontrole ihrer Geschäftsbetriebe auferlegen, bekämpft und brandmarkt. Ich billige nicht
Schluß und Reſultate.
Gemeinde und im Kreiſe, ſo iſt ſehr gut Platz für ein nothwendiges ſtaatliches Fabrik- und Gewerbeinſpektorat. Ich habe viel über Gensdarmen, über Landräthe und Regierungen klagen hören; aber nie habe ich von ver- nünftigen Leuten gehört, unſere Spezialkommiſſare und Generalkommiſſionen ſeien ein überflüſſiges ſchädliches Reis am Baume der Bureaukratie; und ihnen wären etwaige neue Behörden derart gleichzuſtellen.
Man mag zweifeln, ob unſere gegenwärtige preu- ßiſche Bureaukratie zu ſolchen Aemtern, zu ſolcher Thä- tigkeit fähig ſei. Huber ſelbſt ſpricht es aus, nur weil er die gegenwärtige Generation gewöhnlicher preußiſcher Beamten hierfür nicht für qualifizirt halte, ſei er nicht dafür, daß die Regierung ſich irgendwie in das Ge- noſſenſchaftsweſen miſche. Aber das iſt zu ändern; wenn es die rechten Leute nicht gibt, ſind ſie zu ziehen.
Ein großer Theil unſerer Liberalen widerſtrebt allen ſolchen Maßregeln nur, weil ſie die im Augenblick an der Regierung befindliche Partei nicht ſtärken wollen; ſie würden, wie es jeder liberalen Partei, die zur Regie- rung kommt, gegangen iſt, — ſpäter ſelbſt Maßregeln durchführen müſſen, die ſie heute bekämpfen.
Aber ſozialiſtiſch iſt jeder ſolche Eingriff in die freie Volkswirthſchaft, das iſt jetzt das beliebte Schlag- wort, mit dem eine abſtrakte Theorie, wie der behag- liche Beſitz der Mittelklaſſen zugleich die unſinnigſten Umſturzideen, wie die heilſamſten ſozialen Reformpläne, welche den beſitzenden Mittelklaſſen einige Opfer oder Unbequemlichkeiten, einige Kontrole ihrer Geſchäftsbetriebe auferlegen, bekämpft und brandmarkt. Ich billige nicht
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[684/0706]
Schluß und Reſultate.
Gemeinde und im Kreiſe, ſo iſt ſehr gut Platz für ein
nothwendiges ſtaatliches Fabrik- und Gewerbeinſpektorat.
Ich habe viel über Gensdarmen, über Landräthe und
Regierungen klagen hören; aber nie habe ich von ver-
nünftigen Leuten gehört, unſere Spezialkommiſſare und
Generalkommiſſionen ſeien ein überflüſſiges ſchädliches
Reis am Baume der Bureaukratie; und ihnen wären
etwaige neue Behörden derart gleichzuſtellen.
Man mag zweifeln, ob unſere gegenwärtige preu-
ßiſche Bureaukratie zu ſolchen Aemtern, zu ſolcher Thä-
tigkeit fähig ſei. Huber ſelbſt ſpricht es aus, nur weil
er die gegenwärtige Generation gewöhnlicher preußiſcher
Beamten hierfür nicht für qualifizirt halte, ſei er nicht
dafür, daß die Regierung ſich irgendwie in das Ge-
noſſenſchaftsweſen miſche. Aber das iſt zu ändern;
wenn es die rechten Leute nicht gibt, ſind ſie zu ziehen.
Ein großer Theil unſerer Liberalen widerſtrebt allen
ſolchen Maßregeln nur, weil ſie die im Augenblick an
der Regierung befindliche Partei nicht ſtärken wollen; ſie
würden, wie es jeder liberalen Partei, die zur Regie-
rung kommt, gegangen iſt, — ſpäter ſelbſt Maßregeln
durchführen müſſen, die ſie heute bekämpfen.
Aber ſozialiſtiſch iſt jeder ſolche Eingriff in die
freie Volkswirthſchaft, das iſt jetzt das beliebte Schlag-
wort, mit dem eine abſtrakte Theorie, wie der behag-
liche Beſitz der Mittelklaſſen zugleich die unſinnigſten
Umſturzideen, wie die heilſamſten ſozialen Reformpläne,
welche den beſitzenden Mittelklaſſen einige Opfer oder
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/706>, abgerufen am 23.11.2024.
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