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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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nicht mit Gelde lösen wolten, eine gantz verzweiffelte
Wäsche, ich nebst einigen andern blieb ungehudelt,
weiln wir jeder einen Species Thaler erlegten, und
dabey angelobten, Zeit Lebens, so offt wir an diesen
Ort kämen/ die Ceremonie der Tauffe bey den Neu-
lingen zu beobachten.

Die vortrefflich schöne Witterung damahliger
Zeit, verschaffte uns, wegen der ungemeinen Wind-
stille, zwar eine sehr langsame doch angenehme Fahrt,
der gröste Verdruß war dieser, daß das süsse Wasser
so wir auf dem Schiffe führeten, gar stinckend und
mit eckeln Würmern angefüllet wurde, welches Un-
gemach wir so lange erdulden musten, biß uns der
Himmel an die Jnsul St. Helenae führete. Diese
Jnsul ist von gar guten Leuten, Englischer Nation,
bewohnt, und konten wir daselbst nicht allein den
Mangel des Wassers, sondern auch vieler andern
Nothwendigkeiten ersetzen, welches uns von Her-
tzen wohl gefiel, ohngeacht wir binnen denen 12. Ta-
gen, so wir daselbst zubrachten, den Geld-Beutel be-
ständig in der Hand haben musten.

Wenn der Capitain den wollüstigen Leuten un-
sers Schiffs hätte zu gefallen leben wollen, so lägen
wir vielleicht annoch bey dieser Jnsul vor Ancker,
indem sich auf derselben gewiß recht artig Frauen-
zimmer antreffen ließ, allein er befand, ehe sich diesel-
ben ruinirten, vor rathsam abzuseegeln, da wir denn
am 15. Octobr. den Tropicum Capricorni passir-
ten, allwo die Matrosen zwar wieder eine neue Tauf-
fe anstellten, doch nicht so scharffe Lauge gebrauchten
als unter der Linie.

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nicht mit Gelde loͤſen wolten, eine gantz verzweiffelte
Waͤſche, ich nebſt einigen andern blieb ungehudelt,
weiln wir jeder einen Species Thaler erlegten, und
dabey angelobten, Zeit Lebens, ſo offt wir an dieſen
Ort kaͤmen/ die Ceremonie der Tauffe bey den Neu-
lingen zu beobachten.

Die vortrefflich ſchoͤne Witterung damahliger
Zeit, verſchaffte uns, wegen der ungemeinen Wind-
ſtille, zwar eine ſehr langſame doch angenehme Fahrt,
der groͤſte Verdruß war dieſer, daß das ſuͤſſe Waſſer
ſo wir auf dem Schiffe fuͤhreten, gar ſtinckend und
mit eckeln Wuͤrmern angefuͤllet wurde, welches Un-
gemach wir ſo lange erdulden muſten, biß uns der
Himmel an die Jnſul St. Helenæ fuͤhrete. Dieſe
Jnſul iſt von gar guten Leuten, Engliſcher Nation,
bewohnt, und konten wir daſelbſt nicht allein den
Mangel des Waſſers, ſondern auch vieler andern
Nothwendigkeiten erſetzen, welches uns von Her-
tzen wohl gefiel, ohngeacht wir binnen denen 12. Ta-
gen, ſo wir daſelbſt zubrachten, den Geld-Beutel be-
ſtaͤndig in der Hand haben muſten.

Wenn der Capitain den wolluͤſtigen Leuten un-
ſers Schiffs haͤtte zu gefallen leben wollen, ſo laͤgen
wir vielleicht annoch bey dieſer Jnſul vor Ancker,
indem ſich auf derſelben gewiß recht artig Frauen-
zimmer antreffen ließ, allein er befand, ehe ſich dieſel-
ben ruinirten, vor rathſam abzuſeegeln, da wir denn
am 15. Octobr. den Tropicum Capricorni paſſir-
ten, allwo die Matroſen zwar wieder eine neue Tauf-
fe anſtellten, doch nicht ſo ſcharffe Lauge gebrauchten
als unter der Linie.

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[88/0101] nicht mit Gelde loͤſen wolten, eine gantz verzweiffelte Waͤſche, ich nebſt einigen andern blieb ungehudelt, weiln wir jeder einen Species Thaler erlegten, und dabey angelobten, Zeit Lebens, ſo offt wir an dieſen Ort kaͤmen/ die Ceremonie der Tauffe bey den Neu- lingen zu beobachten. Die vortrefflich ſchoͤne Witterung damahliger Zeit, verſchaffte uns, wegen der ungemeinen Wind- ſtille, zwar eine ſehr langſame doch angenehme Fahrt, der groͤſte Verdruß war dieſer, daß das ſuͤſſe Waſſer ſo wir auf dem Schiffe fuͤhreten, gar ſtinckend und mit eckeln Wuͤrmern angefuͤllet wurde, welches Un- gemach wir ſo lange erdulden muſten, biß uns der Himmel an die Jnſul St. Helenæ fuͤhrete. Dieſe Jnſul iſt von gar guten Leuten, Engliſcher Nation, bewohnt, und konten wir daſelbſt nicht allein den Mangel des Waſſers, ſondern auch vieler andern Nothwendigkeiten erſetzen, welches uns von Her- tzen wohl gefiel, ohngeacht wir binnen denen 12. Ta- gen, ſo wir daſelbſt zubrachten, den Geld-Beutel be- ſtaͤndig in der Hand haben muſten. Wenn der Capitain den wolluͤſtigen Leuten un- ſers Schiffs haͤtte zu gefallen leben wollen, ſo laͤgen wir vielleicht annoch bey dieſer Jnſul vor Ancker, indem ſich auf derſelben gewiß recht artig Frauen- zimmer antreffen ließ, allein er befand, ehe ſich dieſel- ben ruinirten, vor rathſam abzuſeegeln, da wir denn am 15. Octobr. den Tropicum Capricorni paſſir- ten, allwo die Matroſen zwar wieder eine neue Tauf- fe anſtellten, doch nicht ſo ſcharffe Lauge gebrauchten als unter der Linie. Wenig F 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/101>, abgerufen am 27.11.2024.