Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

reden, und auf alle etwa bevorstehende Glücks-und
Unglücks-Fälle gefast machen können.

Jch nahm hierauf ihre Hand, küssete und schloß
dieselbe zwischen meine beyden Hände, konte aber
vor übermäßigen Vergnügen kaum so viel Worte
vorbringen, als nöthig waren, sie meiner ewig wäh-
renden getreuen Liebe zu versichern, anbey mich
gäntzlich eigen zu geben, und in allen Stücken nach
dero Rath und Willen zu leben. Nein, mein
Schatz; versetzte hierauf Concordia, das letztere
verlange ich nicht, sondern ich werde euch nach Got-
tes Ausspruche jederzeit als meinen Herrn zu ehren
und als meinen werthen Ehe-Mann beständig zu
lieben wissen. Jhr sollet durchaus meinen Rath
und Willen keine Folge leisten, in so ferne derselbe
von euren, Gottlob gesunden Verstande, nicht vor
gut und billig erkannt wird, weil ich mich als ein
schwaches Werckzeug zuweilen gar leicht übereilen
kan.

Unter diesen ihren klugen Reden küssete ich zum
öfftern dero schönen Hände, und nahm mir endlich
die Kühnheit, einen feurigen Kuß auf ihre Rosen-
Lippen zu drücken, welchen sie mit einem andern er-
setzte. Nachhero stunden wir auf, um zu unsern
heutigen Hochzeit-Feste Anstalten zu machen. Jch
schlachtete ein jung Reh, eine junge Ziege, schoß ein
paar Rebhüner, schaffte Fische herbey, steckte die
Braten an die Spiesse, welche unsere Affen| wenden
musten/ setzte das Koch-Fleisch zum Feuer, und laß
das beste frische Obst aus, mittlerweile meine
Braut-Kuchen, Brodt und allerley Gebackens zu-
richtete, und unsere Wohnstube aufs herrlichste aus-

zierete,
R 5

reden, und auf alle etwa bevorſtehende Gluͤcks-und
Ungluͤcks-Faͤlle gefaſt machen koͤnnen.

Jch nahm hierauf ihre Hand, kuͤſſete und ſchloß
dieſelbe zwiſchen meine beyden Haͤnde, konte aber
vor uͤbermaͤßigen Vergnuͤgen kaum ſo viel Worte
vorbringen, als noͤthig waren, ſie meiner ewig waͤh-
renden getreuen Liebe zu verſichern, anbey mich
gaͤntzlich eigen zu geben, und in allen Stuͤcken nach
dero Rath und Willen zu leben. Nein, mein
Schatz; verſetzte hierauf Concordia, das letztere
verlange ich nicht, ſondern ich werde euch nach Got-
tes Ausſpruche jederzeit als meinen Herrn zu ehren
und als meinen werthen Ehe-Mann beſtaͤndig zu
lieben wiſſen. Jhr ſollet durchaus meinen Rath
und Willen keine Folge leiſten, in ſo ferne derſelbe
von euren, Gottlob geſunden Verſtande, nicht vor
gut und billig erkannt wird, weil ich mich als ein
ſchwaches Werckzeug zuweilen gar leicht uͤbereilen
kan.

Unter dieſen ihren klugen Reden kuͤſſete ich zum
oͤfftern dero ſchoͤnen Haͤnde, und nahm mir endlich
die Kuͤhnheit, einen feurigen Kuß auf ihre Roſen-
Lippen zu druͤcken, welchen ſie mit einem andern er-
ſetzte. Nachhero ſtunden wir auf, um zu unſern
heutigen Hochzeit-Feſte Anſtalten zu machen. Jch
ſchlachtete ein jung Reh, eine junge Ziege, ſchoß ein
paar Rebhuͤner, ſchaffte Fiſche herbey, ſteckte die
Braten an die Spieſſe, welche unſere Affen| wenden
muſten/ ſetzte das Koch-Fleiſch zum Feuer, und laß
das beſte friſche Obſt aus, mittlerweile meine
Braut-Kuchen, Brodt und allerley Gebackens zu-
richtete, und unſere Wohnſtube aufs herrlichſte aus-

zierete,
R 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0279" n="265"/>
reden, und auf alle etwa bevor&#x017F;tehende Glu&#x0364;cks-und<lb/>
Unglu&#x0364;cks-Fa&#x0364;lle gefa&#x017F;t machen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Jch nahm hierauf ihre Hand, ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete und &#x017F;chloß<lb/>
die&#x017F;elbe zwi&#x017F;chen meine beyden Ha&#x0364;nde, konte aber<lb/>
vor u&#x0364;berma&#x0364;ßigen Vergnu&#x0364;gen kaum &#x017F;o viel Worte<lb/>
vorbringen, als no&#x0364;thig waren, &#x017F;ie meiner ewig wa&#x0364;h-<lb/>
renden getreuen Liebe zu ver&#x017F;ichern, anbey mich<lb/>
ga&#x0364;ntzlich eigen zu geben, und in allen Stu&#x0364;cken nach<lb/>
dero Rath und Willen zu leben. Nein, mein<lb/>
Schatz; ver&#x017F;etzte hierauf <hi rendition="#aq">Concordia,</hi> das letztere<lb/>
verlange ich nicht, &#x017F;ondern ich werde euch nach Got-<lb/>
tes Aus&#x017F;pruche jederzeit als meinen Herrn zu ehren<lb/>
und als meinen werthen Ehe-Mann be&#x017F;ta&#x0364;ndig zu<lb/>
lieben wi&#x017F;&#x017F;en. Jhr &#x017F;ollet durchaus meinen Rath<lb/>
und Willen keine Folge lei&#x017F;ten, in &#x017F;o ferne der&#x017F;elbe<lb/>
von euren, Gottlob ge&#x017F;unden Ver&#x017F;tande, nicht vor<lb/>
gut und billig erkannt wird, weil ich mich als ein<lb/>
&#x017F;chwaches Werckzeug zuweilen gar leicht u&#x0364;bereilen<lb/>
kan.</p><lb/>
        <p>Unter die&#x017F;en ihren klugen Reden ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete ich zum<lb/>
o&#x0364;fftern dero &#x017F;cho&#x0364;nen Ha&#x0364;nde, und nahm mir endlich<lb/>
die Ku&#x0364;hnheit, einen feurigen Kuß auf ihre Ro&#x017F;en-<lb/>
Lippen zu dru&#x0364;cken, welchen &#x017F;ie mit einem andern er-<lb/>
&#x017F;etzte. Nachhero &#x017F;tunden wir auf, um zu un&#x017F;ern<lb/>
heutigen Hochzeit-Fe&#x017F;te An&#x017F;talten zu machen. Jch<lb/>
&#x017F;chlachtete ein jung Reh, eine junge Ziege, &#x017F;choß ein<lb/>
paar Rebhu&#x0364;ner, &#x017F;chaffte Fi&#x017F;che herbey, &#x017F;teckte die<lb/>
Braten an die Spie&#x017F;&#x017F;e, welche un&#x017F;ere Affen| wenden<lb/>
mu&#x017F;ten/ &#x017F;etzte das Koch-Flei&#x017F;ch zum Feuer, und laß<lb/>
das be&#x017F;te fri&#x017F;che Ob&#x017F;t aus, mittlerweile meine<lb/>
Braut-Kuchen, Brodt und allerley Gebackens zu-<lb/>
richtete, und un&#x017F;ere Wohn&#x017F;tube aufs herrlich&#x017F;te aus-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 5</fw><fw place="bottom" type="catch">zierete,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0279] reden, und auf alle etwa bevorſtehende Gluͤcks-und Ungluͤcks-Faͤlle gefaſt machen koͤnnen. Jch nahm hierauf ihre Hand, kuͤſſete und ſchloß dieſelbe zwiſchen meine beyden Haͤnde, konte aber vor uͤbermaͤßigen Vergnuͤgen kaum ſo viel Worte vorbringen, als noͤthig waren, ſie meiner ewig waͤh- renden getreuen Liebe zu verſichern, anbey mich gaͤntzlich eigen zu geben, und in allen Stuͤcken nach dero Rath und Willen zu leben. Nein, mein Schatz; verſetzte hierauf Concordia, das letztere verlange ich nicht, ſondern ich werde euch nach Got- tes Ausſpruche jederzeit als meinen Herrn zu ehren und als meinen werthen Ehe-Mann beſtaͤndig zu lieben wiſſen. Jhr ſollet durchaus meinen Rath und Willen keine Folge leiſten, in ſo ferne derſelbe von euren, Gottlob geſunden Verſtande, nicht vor gut und billig erkannt wird, weil ich mich als ein ſchwaches Werckzeug zuweilen gar leicht uͤbereilen kan. Unter dieſen ihren klugen Reden kuͤſſete ich zum oͤfftern dero ſchoͤnen Haͤnde, und nahm mir endlich die Kuͤhnheit, einen feurigen Kuß auf ihre Roſen- Lippen zu druͤcken, welchen ſie mit einem andern er- ſetzte. Nachhero ſtunden wir auf, um zu unſern heutigen Hochzeit-Feſte Anſtalten zu machen. Jch ſchlachtete ein jung Reh, eine junge Ziege, ſchoß ein paar Rebhuͤner, ſchaffte Fiſche herbey, ſteckte die Braten an die Spieſſe, welche unſere Affen| wenden muſten/ ſetzte das Koch-Fleiſch zum Feuer, und laß das beſte friſche Obſt aus, mittlerweile meine Braut-Kuchen, Brodt und allerley Gebackens zu- richtete, und unſere Wohnſtube aufs herrlichſte aus- zierete, R 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/279
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/279>, abgerufen am 16.06.2024.