schicht nicht schon sonsten in andern Büchern gelesen, selbige vor eine lautere Fiction hält, mithin das Kind samt dem Badewasser ausschüttet. Gedencket man ferner an die fast unzählige Zahl derer Robin- sons von fast allen Nationen, so wohl als andere Lebens-Beschreibungen, welche meistentheils die Beywörter: Wahrhafftig, erstaunlich, erschreck- lich, noch niemahls entdeckt, unvergleichlich, un- erhört, unerdencklich, wunderbar, bewunderns- würdig, seltsam und dergleichen führen, so möchte man nicht selten Herr Ulrichen, als den Vertreiber eckelhaffter Sachen, ruffen, zumahlen wenn sich in solchen Schrifften lahme Satyren, elender Wind, zerkauete Moralia, überzuckerte Laster-Morsellen, und öffters nicht 6. rechtschaffene oder wahre Histo- rische Streiche antreffen lassen. Denn - - -
Halt inne, mein Freund! Was gehet mich dein gerechter oder ungerechter Eifer an? Meinest du, daß ich dieserwegen eine Vorrede halte? Nein, keines weges. Laß dir aber dienen! Ohnfehlbar must du das von einem Welt-berühmten Manne herstammende Sprüchwort: Viel Köpfe, viel Sinne, gehöret oder gelesen haben. Der liebe Niemand allein, kan es allen Leuten recht machen. Was dir nicht gefällt, charmirt vielleicht 10. ja 100. und wohl noch mehr andere Menschen. Alle diejenigen, so du anitzo getadelt hast, haben wohl eine gantz besondere gute Absicht gehabt, die du und ich erstlich errathen müssen. Jch wolte zwar ein vieles zu ihrer Defension anführen, allein, wer weiß, ob mit meiner Treuhertzigkeit Danck zu verdienen sey? Uber dieses, da solche Autores vielleicht klüger und geschickter sind als Du und ich, so werden sie
sich,
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ſchicht nicht ſchon ſonſten in andern Buͤchern geleſen, ſelbige vor eine lautere Fiction haͤlt, mithin das Kind ſamt dem Badewaſſer ausſchuͤttet. Gedencket man ferner an die faſt unzaͤhlige Zahl derer Robin- ſons von faſt allen Nationen, ſo wohl als andere Lebens-Beſchreibungen, welche meiſtentheils die Beywoͤrter: Wahrhafftig, erſtaunlich, erſchreck- lich, noch niemahls entdeckt, unvergleichlich, un- erhoͤrt, unerdencklich, wunderbar, bewunderns- wuͤrdig, ſeltſam und dergleichen fuͤhren, ſo moͤchte man nicht ſelten Herr Ulrichen, als den Vertreiber eckelhaffter Sachen, ruffen, zumahlen wenn ſich in ſolchen Schrifften lahme Satyren, elender Wind, zerkauete Moralia, uͤberzuckerte Laſter-Morſellen, und oͤffters nicht 6. rechtſchaffene oder wahre Hiſto- riſche Streiche antreffen laſſen. Denn ‒ ‒ ‒
Halt inne, mein Freund! Was gehet mich dein gerechter oder ungerechter Eifer an? Meineſt du, daß ich dieſerwegen eine Vorrede halte? Nein, keines weges. Laß dir aber dienen! Ohnfehlbar muſt du das von einem Welt-beruͤhmten Manne herſtammende Spruͤchwort: Viel Koͤpfe, viel Sinne, gehoͤret oder geleſen haben. Der liebe Niemand allein, kan es allen Leuten recht machen. Was dir nicht gefaͤllt, charmirt vielleicht 10. ja 100. und wohl noch mehr andere Menſchen. Alle diejenigen, ſo du anitzo getadelt haſt, haben wohl eine gantz beſondere gute Abſicht gehabt, die du und ich erſtlich errathen muͤſſen. Jch wolte zwar ein vieles zu ihrer Defenſion anfuͤhren, allein, wer weiß, ob mit meiner Treuhertzigkeit Danck zu verdienen ſey? Uber dieſes, da ſolche Autores vielleicht kluͤger und geſchickter ſind als Du und ich, ſo werden ſie
ſich,
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[0005]
ſchicht nicht ſchon ſonſten in andern Buͤchern geleſen,
ſelbige vor eine lautere Fiction haͤlt, mithin das Kind
ſamt dem Badewaſſer ausſchuͤttet. Gedencket
man ferner an die faſt unzaͤhlige Zahl derer Robin-
ſons von faſt allen Nationen, ſo wohl als andere
Lebens-Beſchreibungen, welche meiſtentheils die
Beywoͤrter: Wahrhafftig, erſtaunlich, erſchreck-
lich, noch niemahls entdeckt, unvergleichlich, un-
erhoͤrt, unerdencklich, wunderbar, bewunderns-
wuͤrdig, ſeltſam und dergleichen fuͤhren, ſo moͤchte
man nicht ſelten Herr Ulrichen, als den Vertreiber
eckelhaffter Sachen, ruffen, zumahlen wenn ſich
in ſolchen Schrifften lahme Satyren, elender Wind,
zerkauete Moralia, uͤberzuckerte Laſter-Morſellen,
und oͤffters nicht 6. rechtſchaffene oder wahre Hiſto-
riſche Streiche antreffen laſſen. Denn ‒ ‒ ‒
Halt inne, mein Freund! Was gehet mich dein
gerechter oder ungerechter Eifer an? Meineſt du,
daß ich dieſerwegen eine Vorrede halte? Nein,
keines weges. Laß dir aber dienen! Ohnfehlbar
muſt du das von einem Welt-beruͤhmten Manne
herſtammende Spruͤchwort: Viel Koͤpfe, viel
Sinne, gehoͤret oder geleſen haben. Der liebe
Niemand allein, kan es allen Leuten recht machen.
Was dir nicht gefaͤllt, charmirt vielleicht 10. ja
100. und wohl noch mehr andere Menſchen. Alle
diejenigen, ſo du anitzo getadelt haſt, haben wohl
eine gantz beſondere gute Abſicht gehabt, die du und
ich erſtlich errathen muͤſſen. Jch wolte zwar ein
vieles zu ihrer Defenſion anfuͤhren, allein, wer weiß,
ob mit meiner Treuhertzigkeit Danck zu verdienen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/5>, abgerufen am 23.11.2024.
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