Jedoch ich erinnere mich, um bey meiner Ge- schichts-Erzehlung eine richtige Ordnung zu halten, daß wir nach des Niqvesa Vertreibung abermahls den grösten Kummer, Noth und Hunger leyden musten, indem des Colmenarez dahin gebrachter Proviant gar bald aufgezehret war, so daß wir als wilde Menschen, ja als hungerige Wölffe überall herum lieffen, und alles hinweg raubten was nur in den nächst gelegenen Landschafften anzutreffen war.
Endlich nachdem Valboa einen Anhang von mehr als 150. der auserlesensten Kriegs-Leute bey- sammen hatte, gab er öffentlich zu verstehen, daß er nunmehro, da der Gouverneur Hojez allem ver- muthen nach ungekommen, unter keines andern Menschen Commando stehen wolle, als welcher ein eigen Diploma von dem Könige selbst aufzuweisen hätte. Anciso hingegen trotzete auf sein oberstes Gerichts-Praesidenten-Ammt, weiln aber sein Be- glaubignngs-Brief vielleicht im letztern Schiffbru- che mit versuncken war, oder er, nach vieler anderer Meynung wohl gar keinen gehabt hatte fand Val- boa desto mehr Ursach sich demselben nicht zu unter- werffen, und so bald Anciso sein Ansehen mit Ge- walt zu behaupten Mine machte, überfiel ihn Val- boa plötzlich, ließ den prahlhafften Geitzhals in Ketten und Banden legen, und theilete dessen Gold und Güter der Königlichen Cammer zu. Jedoch nachdem ich und andere gute Freunde dem Valboa sein allzuhitziges Verfahren glimpfflich vorstelleten, besann er sich bald eines andern, bereuete seine jach- zornige Strengigkeit, stellete den Anciso wiederum
auf
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Jedoch ich erinnere mich, um bey meiner Ge- ſchichts-Erzehlung eine richtige Ordnung zu halten, daß wir nach des Niqveſa Vertreibung abermahls den groͤſten Kummer, Noth und Hunger leyden muſten, indem des Colmenarez dahin gebrachter Proviant gar bald aufgezehret war, ſo daß wir als wilde Menſchen, ja als hungerige Woͤlffe uͤberall herum lieffen, und alles hinweg raubten was nur in den naͤchſt gelegenen Landſchafften anzutreffen war.
Endlich nachdem Valboa einen Anhang von mehr als 150. der auserleſenſten Kriegs-Leute bey- ſammen hatte, gab er oͤffentlich zu verſtehen, daß er nunmehro, da der Gouverneur Hojez allem ver- muthen nach ungekommen, unter keines andern Menſchen Commando ſtehen wolle, als welcher ein eigen Diploma von dem Koͤnige ſelbſt aufzuweiſen haͤtte. Anciſo hingegen trotzete auf ſein oberſtes Gerichts-Præſidenten-Ammt, weiln aber ſein Be- glaubignngs-Brief vielleicht im letztern Schiffbru- che mit verſuncken war, oder er, nach vieler anderer Meynung wohl gar keinen gehabt hatte fand Val- boa deſto mehr Urſach ſich demſelben nicht zu unter- werffen, und ſo bald Anciſo ſein Anſehen mit Ge- walt zu behaupten Mine machte, uͤberfiel ihn Val- boa ploͤtzlich, ließ den prahlhafften Geitzhals in Ketten und Banden legen, und theilete deſſen Gold und Guͤter der Koͤniglichen Cammer zu. Jedoch nachdem ich und andere gute Freunde dem Valboa ſein allzuhitziges Verfahren glimpfflich vorſtelleten, beſann er ſich bald eines andern, bereuete ſeine jach- zornige Strengigkeit, ſtellete den Anciſo wiederum
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Jedoch ich erinnere mich, um bey meiner Ge-
ſchichts-Erzehlung eine richtige Ordnung zu halten,
daß wir nach des Niqveſa Vertreibung abermahls
den groͤſten Kummer, Noth und Hunger leyden
muſten, indem des Colmenarez dahin gebrachter
Proviant gar bald aufgezehret war, ſo daß wir als
wilde Menſchen, ja als hungerige Woͤlffe uͤberall
herum lieffen, und alles hinweg raubten was nur
in den naͤchſt gelegenen Landſchafften anzutreffen
war.
Endlich nachdem Valboa einen Anhang von
mehr als 150. der auserleſenſten Kriegs-Leute bey-
ſammen hatte, gab er oͤffentlich zu verſtehen, daß er
nunmehro, da der Gouverneur Hojez allem ver-
muthen nach ungekommen, unter keines andern
Menſchen Commando ſtehen wolle, als welcher ein
eigen Diploma von dem Koͤnige ſelbſt aufzuweiſen
haͤtte. Anciſo hingegen trotzete auf ſein oberſtes
Gerichts-Præſidenten-Ammt, weiln aber ſein Be-
glaubignngs-Brief vielleicht im letztern Schiffbru-
che mit verſuncken war, oder er, nach vieler anderer
Meynung wohl gar keinen gehabt hatte fand Val-
boa deſto mehr Urſach ſich demſelben nicht zu unter-
werffen, und ſo bald Anciſo ſein Anſehen mit Ge-
walt zu behaupten Mine machte, uͤberfiel ihn Val-
boa ploͤtzlich, ließ den prahlhafften Geitzhals in
Ketten und Banden legen, und theilete deſſen Gold
und Guͤter der Koͤniglichen Cammer zu. Jedoch
nachdem ich und andere gute Freunde dem Valboa
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/575>, abgerufen am 22.11.2024.
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