ein neues Schiff zu bauen, um damit wiederum eine Fahrt zu andern Christen zu wagen, weil es GOtt unmöglich gefallen könte, dergleichen kostbare Schä- tze, als wir besässen, so nachläßiger Weise zu verber- gen, und sich ohne eintzigen Heil. Beruff und Trieb selbst in den unehelichen Stand zu verbannen, dar- bey aber aller christlichen Sacramenten und Kir- chen-Gebräuche beraubt zu leben.
Ohngeacht nun ich sehr deutlich merckte, daß es ihnen nicht so wohl um die Religion als um die Wei- ber-Liebe zu thun wäre, so nahm mir doch ein Beden- cken ihrem Vorhaben zu widerstreben, zumahlen da sie meinen vernünftigen Vorstellungen gantz und gar kein Gehör geben wolten. Meine an sie gethane Frag[en] aber waren ohngefähr folgendes Jnnhalts: Meine Freunde bedenckt es wohl, sprach ich,
1. Wie wollen wir hiesiges Orts ein tüchtiges Schiff bauen können, das uns etliche hundert, ja vielleicht mehr als 1000. Meilen von hier hinweg führen und alles Ungemach der See ertragen kan. Wo ist gnugsames Eisenwerck zu Nägeln, Klammern und dergleichen? Wo ist Pech, Werck, Tuch, Strickwerck und an- ders Dinges mehr, nach Nothdurfft anzu- treffen?
2. Werden wir nicht GOtt versuchen, wenn wir uns auf einem übel zugerichteten Schiffe unter- stehen einen so fernen Weg anzutreten, und werden wir nicht als Selbst-Mörder zu ach- ten seyn, daferne uns die Gefahr umbringt, worein wir uns muthwillig begeben?
3. Wel-
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ein neues Schiff zu bauen, um damit wiederum eine Fahrt zu andern Chriſten zu wagen, weil es GOtt unmoͤglich gefallen koͤnte, dergleichen koſtbare Schaͤ- tze, als wir beſaͤſſen, ſo nachlaͤßiger Weiſe zu verber- gen, und ſich ohne eintzigen Heil. Beruff und Trieb ſelbſt in den unehelichen Stand zu verbannen, dar- bey aber aller chriſtlichen Sacramenten und Kir- chen-Gebraͤuche beraubt zu leben.
Ohngeacht nun ich ſehr deutlich merckte, daß es ihnen nicht ſo wohl um die Religion als um die Wei- ber-Liebe zu thun waͤre, ſo nahm mir doch ein Beden- cken ihrem Vorhaben zu widerſtreben, zumahlen da ſie meinen vernuͤnftigen Vorſtellungen gantz und gar kein Gehoͤr geben wolten. Meine an ſie gethane Frag[en] aber waren ohngefaͤhr folgendes Jnnhalts: Meine Freunde bedenckt es wohl, ſprach ich,
1. Wie wollen wir hieſiges Orts ein tuͤchtiges Schiff bauen koͤnnen, das uns etliche hundert, ja vielleicht mehr als 1000. Meilen von hier hinweg fuͤhren und alles Ungemach der See ertragen kan. Wo iſt gnugſames Eiſenwerck zu Naͤgeln, Klammern und dergleichen? Wo iſt Pech, Werck, Tuch, Strickwerck und an- ders Dinges mehr, nach Nothdurfft anzu- treffen?
2. Werden wir nicht GOtt verſuchen, wenn wir uns auf einem uͤbel zugerichteten Schiffe unter- ſtehen einen ſo fernen Weg anzutreten, und werden wir nicht als Selbſt-Moͤrder zu ach- ten ſeyn, daferne uns die Gefahr umbringt, worein wir uns muthwillig begeben?
3. Wel-
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ein neues Schiff zu bauen, um damit wiederum eine
Fahrt zu andern Chriſten zu wagen, weil es GOtt
unmoͤglich gefallen koͤnte, dergleichen koſtbare Schaͤ-
tze, als wir beſaͤſſen, ſo nachlaͤßiger Weiſe zu verber-
gen, und ſich ohne eintzigen Heil. Beruff und Trieb
ſelbſt in den unehelichen Stand zu verbannen, dar-
bey aber aller chriſtlichen Sacramenten und Kir-
chen-Gebraͤuche beraubt zu leben.
Ohngeacht nun ich ſehr deutlich merckte, daß es
ihnen nicht ſo wohl um die Religion als um die Wei-
ber-Liebe zu thun waͤre, ſo nahm mir doch ein Beden-
cken ihrem Vorhaben zu widerſtreben, zumahlen da
ſie meinen vernuͤnftigen Vorſtellungen gantz und gar
kein Gehoͤr geben wolten. Meine an ſie gethane
Fragen aber waren ohngefaͤhr folgendes Jnnhalts:
Meine Freunde bedenckt es wohl, ſprach ich,
1. Wie wollen wir hieſiges Orts ein tuͤchtiges
Schiff bauen koͤnnen, das uns etliche hundert,
ja vielleicht mehr als 1000. Meilen von hier
hinweg fuͤhren und alles Ungemach der See
ertragen kan. Wo iſt gnugſames Eiſenwerck
zu Naͤgeln, Klammern und dergleichen? Wo
iſt Pech, Werck, Tuch, Strickwerck und an-
ders Dinges mehr, nach Nothdurfft anzu-
treffen?
2. Werden wir nicht GOtt verſuchen, wenn wir
uns auf einem uͤbel zugerichteten Schiffe unter-
ſtehen einen ſo fernen Weg anzutreten, und
werden wir nicht als Selbſt-Moͤrder zu ach-
ten ſeyn, daferne uns die Gefahr umbringt,
worein wir uns muthwillig begeben?
3. Wel-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/607>, abgerufen am 24.11.2024.
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