Barque mitnehmen wolten; Allein da wir ihre Ab- sicht zeitig merckten, und allbereit in Avantage sas- sen, ward nicht allein ihre Arbeit und Vorhaben zu- nichte gemacht, sondern das beste Schiff, mit allen dem, was darauf war, erobert.
Wenn mein naturell so beschaffen wäre, daß ich mich selbst gerne lobte, oder loben hörete, könte bey dieser Gelegenheit schon etwas vorbringen, das ei- nen oder den andern überreden solte; ich wäre ein gantz besonderer tapfferer Mann, allein ich versi- chere, daß ich niemahls mehr gethan, als ein recht- schaffener Soldat, dessen Ehre, Leben und Freyheit, nebst allem bey sich habenden Vermögen, auf der Spitze stehet, bey dergleichen Affairen zu thun schul- dig ist.
Jedoch man kan unter dem Praetext dieser Schuldigkeit, auch der guten Sache zu weilen zu viel oder zu wenig thun, mein Beyspiel zum wenig- sten, kan andern eine vernünfftige Behutsamkeit er- wecken; de[nn] als wir uns an dasjenige Raub- Schiff, welches wir auch nach diesen glückl. erober- ten angehengt, und bloß noch mit dem Degen in der Faust wider einander agirten, hatte sich ein eintziger Räuber, auf seinem in letzten Zügen liegenden Schiffe, einen eignen Kampff-Platz erwehlet, in- dem er, durch etliche gegen-und übereinander gesetzte Kasten, seinen Rücken srey machen lassen, und mit seiner Mord-Sense dergestalt hausete, daß alle von unsern Schiffe überspringende Leute, entwe- der todt niederfallen, oder sich starck blessirt rete- riren musten.
Jch war unter dem Capitain mit etwa 12. Mann
von
D 5
Barque mitnehmen wolten; Allein da wir ihre Ab- ſicht zeitig merckten, und allbereit in Avantage ſaſ- ſen, ward nicht allein ihre Arbeit und Vorhaben zu- nichte gemacht, ſondern das beſte Schiff, mit allen dem, was darauf war, erobert.
Wenn mein naturell ſo beſchaffen waͤre, daß ich mich ſelbſt gerne lobte, oder loben hoͤrete, koͤnte bey dieſer Gelegenheit ſchon etwas vorbringen, das ei- nen oder den andern uͤberreden ſolte; ich waͤre ein gantz beſonderer tapfferer Mann, allein ich verſi- chere, daß ich niemahls mehr gethan, als ein recht- ſchaffener Soldat, deſſen Ehre, Leben und Freyheit, nebſt allem bey ſich habenden Vermoͤgen, auf der Spitze ſtehet, bey dergleichen Affairen zu thun ſchul- dig iſt.
Jedoch man kan unter dem Prætext dieſer Schuldigkeit, auch der guten Sache zu weilen zu viel oder zu wenig thun, mein Beyſpiel zum wenig- ſten, kan andern eine vernuͤnfftige Behutſamkeit er- wecken; de[nn] als wir uns an dasjenige Raub- Schiff, welches wir auch nach dieſen gluͤckl. erober- ten angehengt, und bloß noch mit dem Degen in der Fauſt wider einander agirten, hatte ſich ein eintziger Raͤuber, auf ſeinem in letzten Zuͤgen liegenden Schiffe, einen eignen Kampff-Platz erwehlet, in- dem er, durch etliche gegen-und uͤbereinander geſetzte Kaſten, ſeinen Ruͤcken ſrey machen laſſen, und mit ſeiner Mord-Senſe dergeſtalt hauſete, daß alle von unſern Schiffe uͤberſpringende Leute, entwe- der todt niederfallen, oder ſich ſtarck bleſſirt rete- riren muſten.
Jch war unter dem Capitain mit etwa 12. Mann
von
D 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0069"n="57"/><hirendition="#aq">Barque</hi> mitnehmen wolten; Allein da wir ihre Ab-<lb/>ſicht zeitig merckten, und allbereit in <hirendition="#aq">Avantage</hi>ſaſ-<lb/>ſen, ward nicht allein ihre Arbeit und Vorhaben zu-<lb/>
nichte gemacht, ſondern das beſte Schiff, mit allen<lb/>
dem, was darauf war, erobert.</p><lb/><p>Wenn mein <hirendition="#aq">naturell</hi>ſo beſchaffen waͤre, daß ich<lb/>
mich ſelbſt gerne lobte, oder loben hoͤrete, koͤnte bey<lb/>
dieſer Gelegenheit ſchon etwas vorbringen, das ei-<lb/>
nen oder den andern uͤberreden ſolte; ich waͤre ein<lb/>
gantz beſonderer tapfferer Mann, allein ich verſi-<lb/>
chere, daß ich niemahls mehr gethan, als ein recht-<lb/>ſchaffener Soldat, deſſen Ehre, Leben und Freyheit,<lb/>
nebſt allem bey ſich habenden Vermoͤgen, auf der<lb/>
Spitze ſtehet, bey dergleichen <hirendition="#aq">Affair</hi>en zu thun ſchul-<lb/>
dig iſt.</p><lb/><p>Jedoch man kan unter dem <hirendition="#aq">Prætext</hi> dieſer<lb/>
Schuldigkeit, auch der guten Sache zu weilen zu<lb/>
viel oder zu wenig thun, mein Beyſpiel zum wenig-<lb/>ſten, kan andern eine vernuͤnfftige Behutſamkeit er-<lb/>
wecken; de<supplied>nn</supplied> als wir uns an dasjenige Raub-<lb/>
Schiff, welches wir auch nach dieſen gluͤckl. erober-<lb/>
ten angehengt, und bloß noch mit dem Degen in der<lb/>
Fauſt wider einander <hirendition="#aq">agirt</hi>en, hatte ſich ein eintziger<lb/>
Raͤuber, auf ſeinem in letzten Zuͤgen liegenden<lb/>
Schiffe, einen eignen Kampff-Platz erwehlet, in-<lb/>
dem er, durch etliche gegen-und uͤbereinander geſetzte<lb/>
Kaſten, ſeinen Ruͤcken ſrey machen laſſen, und mit<lb/>ſeiner Mord-Senſe dergeſtalt hauſete, daß alle<lb/>
von unſern Schiffe uͤberſpringende Leute, entwe-<lb/>
der todt niederfallen, oder ſich ſtarck <hirendition="#aq">bleſſirt rete-<lb/>
rir</hi>en muſten.</p><lb/><p>Jch war unter dem <hirendition="#aq">Capitain</hi> mit etwa 12. Mann<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">von</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[57/0069]
Barque mitnehmen wolten; Allein da wir ihre Ab-
ſicht zeitig merckten, und allbereit in Avantage ſaſ-
ſen, ward nicht allein ihre Arbeit und Vorhaben zu-
nichte gemacht, ſondern das beſte Schiff, mit allen
dem, was darauf war, erobert.
Wenn mein naturell ſo beſchaffen waͤre, daß ich
mich ſelbſt gerne lobte, oder loben hoͤrete, koͤnte bey
dieſer Gelegenheit ſchon etwas vorbringen, das ei-
nen oder den andern uͤberreden ſolte; ich waͤre ein
gantz beſonderer tapfferer Mann, allein ich verſi-
chere, daß ich niemahls mehr gethan, als ein recht-
ſchaffener Soldat, deſſen Ehre, Leben und Freyheit,
nebſt allem bey ſich habenden Vermoͤgen, auf der
Spitze ſtehet, bey dergleichen Affairen zu thun ſchul-
dig iſt.
Jedoch man kan unter dem Prætext dieſer
Schuldigkeit, auch der guten Sache zu weilen zu
viel oder zu wenig thun, mein Beyſpiel zum wenig-
ſten, kan andern eine vernuͤnfftige Behutſamkeit er-
wecken; denn als wir uns an dasjenige Raub-
Schiff, welches wir auch nach dieſen gluͤckl. erober-
ten angehengt, und bloß noch mit dem Degen in der
Fauſt wider einander agirten, hatte ſich ein eintziger
Raͤuber, auf ſeinem in letzten Zuͤgen liegenden
Schiffe, einen eignen Kampff-Platz erwehlet, in-
dem er, durch etliche gegen-und uͤbereinander geſetzte
Kaſten, ſeinen Ruͤcken ſrey machen laſſen, und mit
ſeiner Mord-Senſe dergeſtalt hauſete, daß alle
von unſern Schiffe uͤberſpringende Leute, entwe-
der todt niederfallen, oder ſich ſtarck bleſſirt rete-
riren muſten.
Jch war unter dem Capitain mit etwa 12. Mann
von
D 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/69>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.