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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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schlug ich darzu, that die Helffte davon, als ein Capi-
tal,
in Banco, die andere Helffte aber wandte zu
meinem Unterhalt an, nächst diesen, die Equippage
auf eine frische Schiffarth anzuschaffen.

Biß hierher war der Capitain Wolffgang da-
mals in seiner Erzehlung kommen, als er, wegen ein-
brechender Nacht, vor dieses mal abbrach, und ver-
sprach, uns bey erster guten Gelegenheit den übrigen
Rest seiner Avanturen wissend zu machen. Es
suchtederowegen ein jeder von uns seine gewöhnliche
Ruhe-Stelle, hatten aber dieselbe kaum 3. Stun-
den gedrückt, als, wegen eines sich erhebenden
Sturmes, alle ermuntert wurden, damit wir uns
gegen einen solchen ungestümen Stöhrer unserer
Ruhe in behörige Positur setzen könten. Wir ver-
liessen uns zwar auf die besondere Stärcke und Fe-
stigkeit des getreuen Paridis, als welchen Nahmen
unser Schiff sührete; da aber das grausame Wü-
ten des Windes, und die einmahl in Raserey ge-
brachten Wellen, nachdem sie nunmehro 2. Nacht
und 2 Tage ohne einzuhalten getobet, auch noch kei-
nen Stillstand machen wolten, im Gegentheil, mit
hereinbrechender 3ten Nacht, ihre Wuth verviel-
fältigten, liessen wir die Hoffnung zu unserer Le-
bensrettung gäntzlich sincken, bekümmerten uns fast
gar nicht mehr, um welche Gegend wir wären, und
erwarteten, theils mit zitterenden, theils mit gelas-
senen Hertzen, die erschreckliche Zerscheiterung des
Schiffs, und das mehrentheils damit sehr genau-
verknüpffte jämmerliche Ende unseres Lebens. Al-
lein die Erhaltungs-Krafft des Himmels zeigte sich
weit kräfftiger, als die Krafft des Windes, und der

bersten-

ſchlug ich darzu, that die Helffte davon, als ein Capi-
tal,
in Banco, die andere Helffte aber wandte zu
meinem Unterhalt an, naͤchſt dieſen, die Equippage
auf eine friſche Schiffarth anzuſchaffen.

Biß hierher war der Capitain Wolffgang da-
mals in ſeiner Erzehlung kommen, als er, wegen ein-
brechender Nacht, vor dieſes mal abbrach, und ver-
ſprach, uns bey erſter guten Gelegenheit den uͤbrigen
Reſt ſeiner Avanturen wiſſend zu machen. Es
ſuchtederowegen ein jeder von uns ſeine gewoͤhnliche
Ruhe-Stelle, hatten aber dieſelbe kaum 3. Stun-
den gedruͤckt, als, wegen eines ſich erhebenden
Sturmes, alle ermuntert wurden, damit wir uns
gegen einen ſolchen ungeſtuͤmen Stoͤhrer unſerer
Ruhe in behoͤrige Poſitur ſetzen koͤnten. Wir ver-
lieſſen uns zwar auf die beſondere Staͤrcke und Fe-
ſtigkeit des getreuen Paridis, als welchen Nahmen
unſer Schiff ſuͤhrete; da aber das grauſame Wuͤ-
ten des Windes, und die einmahl in Raſerey ge-
brachten Wellen, nachdem ſie nunmehro 2. Nacht
und 2 Tage ohne einzuhalten getobet, auch noch kei-
nen Stillſtand machen wolten, im Gegentheil, mit
hereinbrechender 3ten Nacht, ihre Wuth verviel-
faͤltigten, lieſſen wir die Hoffnung zu unſerer Le-
bensrettung gaͤntzlich ſincken, bekuͤmmerten uns faſt
gar nicht mehr, um welche Gegend wir waͤren, und
erwarteten, theils mit zitterenden, theils mit gelaſ-
ſenen Hertzen, die erſchreckliche Zerſcheiterung des
Schiffs, und das mehrentheils damit ſehr genau-
verknuͤpffte jaͤmmerliche Ende unſeres Lebens. Al-
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weit kraͤfftiger, als die Krafft des Windes, und der

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[61/0073] ſchlug ich darzu, that die Helffte davon, als ein Capi- tal, in Banco, die andere Helffte aber wandte zu meinem Unterhalt an, naͤchſt dieſen, die Equippage auf eine friſche Schiffarth anzuſchaffen. Biß hierher war der Capitain Wolffgang da- mals in ſeiner Erzehlung kommen, als er, wegen ein- brechender Nacht, vor dieſes mal abbrach, und ver- ſprach, uns bey erſter guten Gelegenheit den uͤbrigen Reſt ſeiner Avanturen wiſſend zu machen. Es ſuchtederowegen ein jeder von uns ſeine gewoͤhnliche Ruhe-Stelle, hatten aber dieſelbe kaum 3. Stun- den gedruͤckt, als, wegen eines ſich erhebenden Sturmes, alle ermuntert wurden, damit wir uns gegen einen ſolchen ungeſtuͤmen Stoͤhrer unſerer Ruhe in behoͤrige Poſitur ſetzen koͤnten. Wir ver- lieſſen uns zwar auf die beſondere Staͤrcke und Fe- ſtigkeit des getreuen Paridis, als welchen Nahmen unſer Schiff ſuͤhrete; da aber das grauſame Wuͤ- ten des Windes, und die einmahl in Raſerey ge- brachten Wellen, nachdem ſie nunmehro 2. Nacht und 2 Tage ohne einzuhalten getobet, auch noch kei- nen Stillſtand machen wolten, im Gegentheil, mit hereinbrechender 3ten Nacht, ihre Wuth verviel- faͤltigten, lieſſen wir die Hoffnung zu unſerer Le- bensrettung gaͤntzlich ſincken, bekuͤmmerten uns faſt gar nicht mehr, um welche Gegend wir waͤren, und erwarteten, theils mit zitterenden, theils mit gelaſ- ſenen Hertzen, die erſchreckliche Zerſcheiterung des Schiffs, und das mehrentheils damit ſehr genau- verknuͤpffte jaͤmmerliche Ende unſeres Lebens. Al- lein die Erhaltungs-Krafft des Himmels zeigte ſich weit kraͤfftiger, als die Krafft des Windes, und der berſten-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/73>, abgerufen am 24.11.2024.