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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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nen Verdienst, noch ein schönes rothes Reise-Kleid,
nebst 30. Lüneburgischen Gulden, reisete also mit mei-
nem Bedienten, dem ich mittlerweile gut lesen, schrei-
ben und rechnen lernen lassen, wohl gespickt und
höchst vergnügt die Strasse nach Polen zu.

Durch Sachsen und Schlesien war gut reisen,
allein so bald ich auf den Polnischen Boden kam,
wurde in einer Stadt von etlichen Lutheranern ge-
warnet, wohl Achtung zu haben, weil es Kunst ko-
sten würde, bey dermahligen Troublen mich bis in
die Sächsische Armee durch zu practiciren. Allein
ich mußte mehr Glücke als Verstand haben, denn
medio Aprilis, gelangete ich ohne einige gehabte
Verdrießlichkeit, glücklich bey der Sächsischen In-
fanterie
an, engagirte mich anfänglich bey einem
Regimente als Voluntair, bekam aber, ehe 2. Mo-
nat vergingen, einen erledigten Fähndrichs Platz,
und zwar ohne grosse Kosten, sondern mehrentheils
aus besonderer Gnade eines genereusen Obristen,
der noch darzu meinen Schwedischen tyrannischen
Obristen sehr speciell gekennet hatte, welcher letzte-
re, wie damahls erstlich erfuhr, bey Pultawa in der
Schlacht von den Moscowitern massacriret
worden.

Plus ultra, war von nun an mein ernstliches Sym-
bolum,
derowegen suchte meinem Character, durch
möglichste Accuratesse, in allen Stücken behörige
Satisfaction zu geben. Jmmittelst war mir von
Grund des Hertzens leid, daß ich nicht ein oder an-
derthalb Jahr früher unter die Sachsen gegangen,
denn die delicatesten Expeditiones waren mehren-
theils vorbey, und passireten dermahlen nur aller-

hand

nen Verdienſt, noch ein ſchoͤnes rothes Reiſe-Kleid,
nebſt 30. Luͤneburgiſchen Gulden, reiſete alſo mit mei-
nem Bedienten, dem ich mittlerweile gut leſen, ſchrei-
ben und rechnen lernen laſſen, wohl geſpickt und
hoͤchſt vergnuͤgt die Straſſe nach Polen zu.

Durch Sachſen und Schleſien war gut reiſen,
allein ſo bald ich auf den Polniſchen Boden kam,
wurde in einer Stadt von etlichen Lutheranern ge-
warnet, wohl Achtung zu haben, weil es Kunſt ko-
ſten wuͤrde, bey dermahligen Troublen mich bis in
die Saͤchſiſche Armée durch zu practiciren. Allein
ich mußte mehr Gluͤcke als Verſtand haben, denn
medio Aprilis, gelangete ich ohne einige gehabte
Verdrießlichkeit, gluͤcklich bey der Saͤchſiſchen In-
fanterie
an, engagirte mich anfaͤnglich bey einem
Regimente als Voluntair, bekam aber, ehe 2. Mo-
nat vergingen, einen erledigten Faͤhndrichs Platz,
und zwar ohne groſſe Koſten, ſondern mehrentheils
aus beſonderer Gnade eines genereuſen Obriſten,
der noch darzu meinen Schwediſchen tyranniſchen
Obriſten ſehr ſpeciell gekennet hatte, welcher letzte-
re, wie damahls erſtlich erfuhr, bey Pultawa in der
Schlacht von den Moſcowitern maſſacriret
worden.

Plus ultra, war von nun an mein ernſtliches Sym-
bolum,
derowegen ſuchte meinem Character, durch
moͤglichſte Accurateſſe, in allen Stuͤcken behoͤrige
Satisfaction zu geben. Jmmittelſt war mir von
Grund des Hertzens leid, daß ich nicht ein oder an-
derthalb Jahr fruͤher unter die Sachſen gegangen,
denn die delicateſten Expeditiones waren mehren-
theils vorbey, und paſſireten dermahlen nur aller-

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[127/0141] nen Verdienſt, noch ein ſchoͤnes rothes Reiſe-Kleid, nebſt 30. Luͤneburgiſchen Gulden, reiſete alſo mit mei- nem Bedienten, dem ich mittlerweile gut leſen, ſchrei- ben und rechnen lernen laſſen, wohl geſpickt und hoͤchſt vergnuͤgt die Straſſe nach Polen zu. Durch Sachſen und Schleſien war gut reiſen, allein ſo bald ich auf den Polniſchen Boden kam, wurde in einer Stadt von etlichen Lutheranern ge- warnet, wohl Achtung zu haben, weil es Kunſt ko- ſten wuͤrde, bey dermahligen Troublen mich bis in die Saͤchſiſche Armée durch zu practiciren. Allein ich mußte mehr Gluͤcke als Verſtand haben, denn medio Aprilis, gelangete ich ohne einige gehabte Verdrießlichkeit, gluͤcklich bey der Saͤchſiſchen In- fanterie an, engagirte mich anfaͤnglich bey einem Regimente als Voluntair, bekam aber, ehe 2. Mo- nat vergingen, einen erledigten Faͤhndrichs Platz, und zwar ohne groſſe Koſten, ſondern mehrentheils aus beſonderer Gnade eines genereuſen Obriſten, der noch darzu meinen Schwediſchen tyranniſchen Obriſten ſehr ſpeciell gekennet hatte, welcher letzte- re, wie damahls erſtlich erfuhr, bey Pultawa in der Schlacht von den Moſcowitern maſſacriret worden. Plus ultra, war von nun an mein ernſtliches Sym- bolum, derowegen ſuchte meinem Character, durch moͤglichſte Accurateſſe, in allen Stuͤcken behoͤrige Satisfaction zu geben. Jmmittelſt war mir von Grund des Hertzens leid, daß ich nicht ein oder an- derthalb Jahr fruͤher unter die Sachſen gegangen, denn die delicateſten Expeditiones waren mehren- theils vorbey, und paſſireten dermahlen nur aller- hand

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/141>, abgerufen am 24.11.2024.