von zarter Kindheit an einen guten Informatorem, nebst einer besondern Wart-Frau, denn meine Mut- ter hatte eine sehr schwere Haus-Wirthschafft zu be- sorgen, zumahlen da mein Vater, als ein exempla- rischer Priester, allzugewissenhafft war, sich um die Nahrungs-Sorgen zu bekümmern, dahingegen er seinem Berufe aufs eiffrigste nachzukommen trachtete.
Allein eben dieser preißwürdige Eiffer, brachte meinen sel. Vater in seinen besten Jahren um das zeitliche Leben, und zwar bey solcher Gelegenheit: Es hatten bey denen, im Jahre 1703. vor Polnisch- Preussen sehr gefährlichen Krieges-Läufften, zwey Schwedische Offciers, ohnfern von unserm Dorffe Kugeln gewechselt, worvon der eine sehr gefährlich, und zwar der Medicorum Aussage nach, durch den Magen und Unterleib geschossen war. So wohl die Medici. als Chirurgi. hatten diesem elenden Pa- tienten, nach vernünfftiger Untersuchung der Blessur, so gleich das Leben abgesprochen, und zwar in Er- wegung seines jederzeit geführten ruchlosen Lebens, ihn um so viel desto eher dahin zu reitzen, den weni- gen Rest seiner Lebens-Zeit, noch zur wahren Busse und Versöhnung mit GOtt anzuwenden. Und eben dieser Ursachen wegen, wird mein sel. Vater, von dessen guten Freunden, zu ihm berufen, wiewohl die zwey ersten Visiten gantz fruchtlos abgehen, weilen dieser atheistische Patient, weder von der Busse und Bekehrung, und noch vielweniger vom Tode und Sterben etwas hören will. Bald hernach überfällt ihn ein hitziges Wund-Fieber, es fängt derselbe ziem- licher mafsen an zu rasen, jedoch so bald der paro-
xismus
a 4
von zarter Kindheit an einen guten Informatorem, nebſt einer beſondern Wart-Frau, denn meine Mut- ter hatte eine ſehr ſchwere Haus-Wirthſchafft zu be- ſorgen, zumahlen da mein Vater, als ein exempla- riſcher Prieſter, allzugewiſſenhafft war, ſich um die Nahrungs-Sorgen zu bekuͤmmern, dahingegen er ſeinem Berufe aufs eiffrigſte nachzukommen trachtete.
Allein eben dieſer preißwuͤrdige Eiffer, brachte meinen ſel. Vater in ſeinen beſten Jahren um das zeitliche Leben, und zwar bey ſolcher Gelegenheit: Es hatten bey denen, im Jahre 1703. vor Polniſch- Preuſſen ſehr gefaͤhrlichen Krieges-Laͤufften, zwey Schwediſche Offciers, ohnfern von unſerm Dorffe Kugeln gewechſelt, worvon der eine ſehr gefaͤhrlich, und zwar der Medicorum Auſſage nach, durch den Magen und Unterleib geſchoſſen war. So wohl die Medici. als Chirurgi. hatten dieſem elenden Pa- tienten, nach vernuͤnfftiger Unterſuchung der Bleſſur, ſo gleich das Leben abgeſprochen, und zwar in Er- wegung ſeines jederzeit gefuͤhrten ruchloſen Lebens, ihn um ſo viel deſto eher dahin zu reitzen, den weni- gen Reſt ſeiner Lebens-Zeit, noch zur wahren Buſſe und Verſoͤhnung mit GOtt anzuwenden. Und eben dieſer Urſachen wegen, wird mein ſel. Vater, von deſſen guten Freunden, zu ihm berufen, wiewohl die zwey erſten Viſiten gantz fruchtlos abgehen, weilen dieſer atheiſtiſche Patient, weder von der Buſſe und Bekehrung, und noch vielweniger vom Tode und Sterben etwas hoͤren will. Bald hernach uͤberfaͤllt ihn ein hitziges Wund-Fieber, es faͤngt derſelbe ziem- licher mafſen an zu raſen, jedoch ſo bald der paro-
xiſmus
a 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0021"n="7"/>
von zarter Kindheit an einen guten <hirendition="#aq">Informatorem,</hi><lb/>
nebſt einer beſondern Wart-Frau, denn meine Mut-<lb/>
ter hatte eine ſehr ſchwere Haus-Wirthſchafft zu be-<lb/>ſorgen, zumahlen da mein Vater, als ein <hirendition="#aq">exempla-</hi><lb/>
riſcher Prieſter, allzugewiſſenhafft war, ſich um die<lb/>
Nahrungs-Sorgen zu bekuͤmmern, dahingegen<lb/>
er ſeinem Berufe aufs eiffrigſte nachzukommen<lb/>
trachtete.</p><lb/><p>Allein eben dieſer preißwuͤrdige Eiffer, brachte<lb/>
meinen ſel. Vater in ſeinen beſten Jahren um das<lb/>
zeitliche Leben, und zwar bey ſolcher Gelegenheit: Es<lb/>
hatten bey denen, im Jahre 1703. vor Polniſch-<lb/>
Preuſſen ſehr gefaͤhrlichen Krieges-Laͤufften, zwey<lb/>
Schwediſche <hirendition="#aq">Offciers,</hi> ohnfern von unſerm Dorffe<lb/>
Kugeln gewechſelt, worvon der eine ſehr gefaͤhrlich,<lb/>
und zwar der <hirendition="#aq">Medicorum</hi> Auſſage nach, durch den<lb/>
Magen und Unterleib geſchoſſen war. So wohl<lb/>
die <hirendition="#aq">Medici.</hi> als <hirendition="#aq">Chirurgi.</hi> hatten dieſem elenden Pa-<lb/>
tienten, nach vernuͤnfftiger Unterſuchung der <hirendition="#aq">Bleſſur,</hi><lb/>ſo gleich das Leben abgeſprochen, und zwar in Er-<lb/>
wegung ſeines jederzeit gefuͤhrten ruchloſen Lebens,<lb/>
ihn um ſo viel deſto eher dahin zu reitzen, den weni-<lb/>
gen Reſt ſeiner Lebens-Zeit, noch zur wahren Buſſe<lb/>
und Verſoͤhnung mit GOtt anzuwenden. Und eben<lb/>
dieſer Urſachen wegen, wird mein ſel. Vater, von<lb/>
deſſen guten Freunden, zu ihm berufen, wiewohl die<lb/>
zwey erſten <hirendition="#aq">Viſit</hi>en gantz fruchtlos abgehen, weilen<lb/>
dieſer <hirendition="#aq">atheiſti</hi>ſche Patient, weder von der Buſſe und<lb/>
Bekehrung, und noch vielweniger vom Tode und<lb/>
Sterben etwas hoͤren will. Bald hernach uͤberfaͤllt<lb/>
ihn ein hitziges Wund-Fieber, es faͤngt derſelbe ziem-<lb/>
licher mafſen an zu raſen, jedoch ſo bald der <hirendition="#aq">paro-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">a 4</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">xiſmus</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[7/0021]
von zarter Kindheit an einen guten Informatorem,
nebſt einer beſondern Wart-Frau, denn meine Mut-
ter hatte eine ſehr ſchwere Haus-Wirthſchafft zu be-
ſorgen, zumahlen da mein Vater, als ein exempla-
riſcher Prieſter, allzugewiſſenhafft war, ſich um die
Nahrungs-Sorgen zu bekuͤmmern, dahingegen
er ſeinem Berufe aufs eiffrigſte nachzukommen
trachtete.
Allein eben dieſer preißwuͤrdige Eiffer, brachte
meinen ſel. Vater in ſeinen beſten Jahren um das
zeitliche Leben, und zwar bey ſolcher Gelegenheit: Es
hatten bey denen, im Jahre 1703. vor Polniſch-
Preuſſen ſehr gefaͤhrlichen Krieges-Laͤufften, zwey
Schwediſche Offciers, ohnfern von unſerm Dorffe
Kugeln gewechſelt, worvon der eine ſehr gefaͤhrlich,
und zwar der Medicorum Auſſage nach, durch den
Magen und Unterleib geſchoſſen war. So wohl
die Medici. als Chirurgi. hatten dieſem elenden Pa-
tienten, nach vernuͤnfftiger Unterſuchung der Bleſſur,
ſo gleich das Leben abgeſprochen, und zwar in Er-
wegung ſeines jederzeit gefuͤhrten ruchloſen Lebens,
ihn um ſo viel deſto eher dahin zu reitzen, den weni-
gen Reſt ſeiner Lebens-Zeit, noch zur wahren Buſſe
und Verſoͤhnung mit GOtt anzuwenden. Und eben
dieſer Urſachen wegen, wird mein ſel. Vater, von
deſſen guten Freunden, zu ihm berufen, wiewohl die
zwey erſten Viſiten gantz fruchtlos abgehen, weilen
dieſer atheiſtiſche Patient, weder von der Buſſe und
Bekehrung, und noch vielweniger vom Tode und
Sterben etwas hoͤren will. Bald hernach uͤberfaͤllt
ihn ein hitziges Wund-Fieber, es faͤngt derſelbe ziem-
licher mafſen an zu raſen, jedoch ſo bald der paro-
xiſmus
a 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/21>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.