zwar statuiren wollen, daß er dem Professori das gantze Geheimniß ohne Scheu entdeckt, ich aber lasse solches dahin gestellet seyn. Kurtz! unser Professor ist mit dem Quanto zufrieden, gibt ihm so gleich 50. Thlr. in Abschlag und verspricht den Rest, so gleich bey Empfang des Cadaveris zu be- zahlen, welches dieser arme Schlucker folgendes Abends selbst zu überbringen, und in seine Hände zu liefern angelobet. Vorhero aber ließ er Nachmit- tags, an statt seiner Mutter, den mit Steinen und Stroh gefülleten Sarg, öffentlich und mit allen ge- wöhnlichen Ceremonien zur Erden bestatten, und so bald es dunckel worden, steckt er den bereits wohl eingewickelten mütterlichen Cörper, in einen alten Sack, um damit nach des Professoris Hause zu zu wandern. Unterwegs begegnet ihm ein ande- rer bekandter Studiosus, der ohngeacht er sich mög- lichst zu verstellen gesucht, ihn dennoch erkennet, und nicht ablässet zu fragen, was er unter dem Mantel trüge? über dieses gar, den Mantel aufzudecken, Mine macht. Allein der arme bestürtzte Schlucker wickelt sich endlich doch von ihm los, und gibt zur Antwort: Herr Bruder! laß mich nur zufrieden, ich trage eine alte Bass-Geige. Solchemnach kömmt er, ohne fernern Anstoß, glücklich in unserm Hause an, und empfängt von dem Professore die annoch restirenden 50. Thlr. als womit er sich vor dasmahl aus aller seiner Noth und Schulden ge- rissen, vielleicht auch noch etwas erübriget hat. Folgenden Tages fanden wir sämtlichen Interes- senten, ein so lange gewünschtes menschliches Ca- daver, bezahleten derowegen des Professoris Vor-
schuß
zwar ſtatuiren wollen, daß er dem Profeſſori das gantze Geheimniß ohne Scheu entdeckt, ich aber laſſe ſolches dahin geſtellet ſeyn. Kurtz! unſer Profeſſor iſt mit dem Quanto zufrieden, gibt ihm ſo gleich 50. Thlr. in Abſchlag und verſpricht den Reſt, ſo gleich bey Empfang des Cadaveris zu be- zahlen, welches dieſer arme Schlucker folgendes Abends ſelbſt zu uͤberbringen, und in ſeine Haͤnde zu liefern angelobet. Vorhero aber ließ er Nachmit- tags, an ſtatt ſeiner Mutter, den mit Steinen und Stroh gefuͤlleten Sarg, oͤffentlich und mit allen ge- woͤhnlichen Ceremonien zur Erden beſtatten, und ſo bald es dunckel worden, ſteckt er den bereits wohl eingewickelten muͤtterlichen Coͤrper, in einen alten Sack, um damit nach des Profeſſoris Hauſe zu zu wandern. Unterwegs begegnet ihm ein ande- rer bekandter Studioſus, der ohngeacht er ſich moͤg- lichſt zu verſtellen geſucht, ihn dennoch erkennet, und nicht ablaͤſſet zu fragen, was er unter dem Mantel truͤge? uͤber dieſes gar, den Mantel aufzudecken, Mine macht. Allein der arme beſtuͤrtzte Schlucker wickelt ſich endlich doch von ihm los, und gibt zur Antwort: Herr Bruder! laß mich nur zufrieden, ich trage eine alte Basſ-Geige. Solchemnach koͤmmt er, ohne fernern Anſtoß, gluͤcklich in unſerm Hauſe an, und empfaͤngt von dem Profeſſore die annoch reſtirenden 50. Thlr. als womit er ſich vor dasmahl aus aller ſeiner Noth und Schulden ge- riſſen, vielleicht auch noch etwas eruͤbriget hat. Folgenden Tages fanden wir ſaͤmtlichen Intereſ- ſenten, ein ſo lange gewuͤnſchtes menſchliches Ca- daver, bezahleten derowegen des Profeſſoris Vor-
ſchuß
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zwar ſtatuiren wollen, daß er dem Profeſſori das
gantze Geheimniß ohne Scheu entdeckt, ich aber
laſſe ſolches dahin geſtellet ſeyn. Kurtz! unſer
Profeſſor iſt mit dem Quanto zufrieden, gibt ihm
ſo gleich 50. Thlr. in Abſchlag und verſpricht den
Reſt, ſo gleich bey Empfang des Cadaveris zu be-
zahlen, welches dieſer arme Schlucker folgendes
Abends ſelbſt zu uͤberbringen, und in ſeine Haͤnde zu
liefern angelobet. Vorhero aber ließ er Nachmit-
tags, an ſtatt ſeiner Mutter, den mit Steinen und
Stroh gefuͤlleten Sarg, oͤffentlich und mit allen ge-
woͤhnlichen Ceremonien zur Erden beſtatten, und
ſo bald es dunckel worden, ſteckt er den bereits
wohl eingewickelten muͤtterlichen Coͤrper, in einen
alten Sack, um damit nach des Profeſſoris Hauſe
zu zu wandern. Unterwegs begegnet ihm ein ande-
rer bekandter Studioſus, der ohngeacht er ſich moͤg-
lichſt zu verſtellen geſucht, ihn dennoch erkennet, und
nicht ablaͤſſet zu fragen, was er unter dem Mantel
truͤge? uͤber dieſes gar, den Mantel aufzudecken,
Mine macht. Allein der arme beſtuͤrtzte Schlucker
wickelt ſich endlich doch von ihm los, und gibt zur
Antwort: Herr Bruder! laß mich nur zufrieden,
ich trage eine alte Basſ-Geige. Solchemnach
koͤmmt er, ohne fernern Anſtoß, gluͤcklich in unſerm
Hauſe an, und empfaͤngt von dem Profeſſore die
annoch reſtirenden 50. Thlr. als womit er ſich vor
dasmahl aus aller ſeiner Noth und Schulden ge-
riſſen, vielleicht auch noch etwas eruͤbriget hat.
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/219>, abgerufen am 24.11.2024.
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