handen war. Allein so bald meiner Mutter Bru- der, als ein alter Vagabond von seinen 15. jährigen Reisen zu Hause kömmt, und meiner Mutter aller- hand verzweifelte Lufft-Schlösser ins Gehirne bau- et, läßt dieselbe nicht nach, meinem Vater so lange in den Ohren zu liegen, bis er sich mit demselben, als ei- nem vermeinten Alchymisten in verschiedenechymi- sche Processe verwickelt. Ob nun schon die ersten Versuche sehr unglücklich ablauffen, und bereits et- liche 1000. Thlr. theils an das Laboratorium und andere Requisita verwendet, theils aber in die Lufft verflogen sind, mein Vater also mit größter Raison die Hand von der Butten ziehen, und fernerem Un- glücke vorbauen können, findet sich dennoch in sei- nem Gemüthe das klare Gegenspiel, kurtz zu sagen, es ist nach diesen ersten verunglückten Processen, kein Mensch begieriger, erpichter und versteuerter auf das Goldmachen, als mein Vater.
Jhr werdet vielleicht gedencken, meine Herren, mein Vater müsse ein alberner Schöps oder lieder- licher Haus-Wirth gewesen seyn, allein solcherge- stalt irret ihr gar sehr, denn ohne Flatterie kan ich, ausser demjenigen, was den Punct des Goldma- chens anbelanget, theuer versichern, daß er einen aus- serordentlich guten Verstand gehabt, zwischen der Verschwendung und dem Geitze aber, die Mittel- Strasse dergestalt zu wandeln gewußt, daß ich ihn, seiner nachherigen Thorheit wegen, weit mehr verdacht, oder gar eine Hirn-Wandelung vermu- thet hätte, wenn ich mit der Zeit nicht an meinem ei- genen Exempel erfahren, welchergestalt die Alchy- mie die allerentsetzlichste Art einer Gelben Sucht
des
II.Theil. q
handen war. Allein ſo bald meiner Mutter Bru- der, als ein alter Vagabond von ſeinen 15. jaͤhrigen Reiſen zu Hauſe koͤmmt, und meiner Mutter aller- hand verzweifelte Lufft-Schloͤſſer ins Gehirne bau- et, laͤßt dieſelbe nicht nach, meinem Vater ſo lange in den Ohren zu liegen, bis er ſich mit demſelben, als ei- nem vermeinten Alchymiſten in verſchiedenechymi- ſche Proceſſe verwickelt. Ob nun ſchon die erſten Verſuche ſehr ungluͤcklich ablauffen, und bereits et- liche 1000. Thlr. theils an das Laboratorium und andere Requiſita verwendet, theils aber in die Lufft verflogen ſind, mein Vater alſo mit groͤßter Raiſon die Hand von der Butten ziehen, und fernerem Un- gluͤcke vorbauen koͤnnen, findet ſich dennoch in ſei- nem Gemuͤthe das klare Gegenſpiel, kurtz zu ſagen, es iſt nach dieſen erſten verungluͤckten Proceſſen, kein Menſch begieriger, erpichter und verſteuerter auf das Goldmachen, als mein Vater.
Jhr werdet vielleicht gedencken, meine Herren, mein Vater muͤſſe ein alberner Schoͤps oder lieder- licher Haus-Wirth geweſen ſeyn, allein ſolcherge- ſtalt irret ihr gar ſehr, denn ohne Flatterie kan ich, auſſer demjenigen, was den Punct des Goldma- chens anbelanget, theuer verſichern, daß er einen auſ- ſerordentlich guten Verſtand gehabt, zwiſchen der Verſchwendung und dem Geitze aber, die Mittel- Straſſe dergeſtalt zu wandeln gewußt, daß ich ihn, ſeiner nachherigen Thorheit wegen, weit mehr verdacht, oder gar eine Hirn-Wandelung vermu- thet haͤtte, wenn ich mit der Zeit nicht an meinem ei- genen Exempel erfahren, welchergeſtalt die Alchy- mie die allerentſetzlichſte Art einer Gelben Sucht
des
II.Theil. q
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0255"n="241"/>
handen war. Allein ſo bald meiner Mutter Bru-<lb/>
der, als ein alter <hirendition="#aq">Vagabond</hi> von ſeinen 15. jaͤhrigen<lb/>
Reiſen zu Hauſe koͤmmt, und meiner Mutter aller-<lb/>
hand verzweifelte Lufft-Schloͤſſer ins Gehirne bau-<lb/>
et, laͤßt dieſelbe nicht nach, meinem Vater ſo lange in<lb/>
den Ohren zu liegen, bis er ſich mit demſelben, als ei-<lb/>
nem vermeinten <hirendition="#aq">Alchymiſt</hi>en in verſchiedene<hirendition="#aq">chymi-</hi><lb/>ſche <hirendition="#aq">Proceſſe</hi> verwickelt. Ob nun ſchon die erſten<lb/>
Verſuche ſehr ungluͤcklich ablauffen, und bereits et-<lb/>
liche 1000. Thlr. theils an das <hirendition="#aq">Laboratorium</hi> und<lb/>
andere <hirendition="#aq">Requiſita</hi> verwendet, theils aber in die Lufft<lb/>
verflogen ſind, mein Vater alſo mit groͤßter <hirendition="#aq">Raiſon</hi><lb/>
die Hand von der Butten ziehen, und fernerem Un-<lb/>
gluͤcke vorbauen koͤnnen, findet ſich dennoch in ſei-<lb/>
nem Gemuͤthe das klare Gegenſpiel, kurtz zu ſagen,<lb/>
es iſt nach dieſen erſten verungluͤckten <hirendition="#aq">Proceſſ</hi>en,<lb/>
kein Menſch begieriger, erpichter und verſteuerter auf<lb/>
das Goldmachen, als mein Vater.</p><lb/><p>Jhr werdet vielleicht gedencken, meine Herren,<lb/>
mein Vater muͤſſe ein alberner Schoͤps oder lieder-<lb/>
licher Haus-Wirth geweſen ſeyn, allein ſolcherge-<lb/>ſtalt irret ihr gar ſehr, denn ohne <hirendition="#aq">Flatterie</hi> kan ich,<lb/>
auſſer demjenigen, was den Punct des Goldma-<lb/>
chens anbelanget, theuer verſichern, daß er einen auſ-<lb/>ſerordentlich guten Verſtand gehabt, zwiſchen der<lb/>
Verſchwendung und dem Geitze aber, die Mittel-<lb/>
Straſſe dergeſtalt zu wandeln gewußt, daß ich ihn,<lb/>ſeiner nachherigen Thorheit wegen, weit mehr<lb/>
verdacht, oder gar eine Hirn-Wandelung vermu-<lb/>
thet haͤtte, wenn ich mit der Zeit nicht an meinem ei-<lb/>
genen Exempel erfahren, welchergeſtalt die <hirendition="#aq">Alchy-<lb/>
mie</hi> die allerentſetzlichſte Art einer Gelben Sucht<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">Theil.</hi> q</fw><fwplace="bottom"type="catch">des</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[241/0255]
handen war. Allein ſo bald meiner Mutter Bru-
der, als ein alter Vagabond von ſeinen 15. jaͤhrigen
Reiſen zu Hauſe koͤmmt, und meiner Mutter aller-
hand verzweifelte Lufft-Schloͤſſer ins Gehirne bau-
et, laͤßt dieſelbe nicht nach, meinem Vater ſo lange in
den Ohren zu liegen, bis er ſich mit demſelben, als ei-
nem vermeinten Alchymiſten in verſchiedenechymi-
ſche Proceſſe verwickelt. Ob nun ſchon die erſten
Verſuche ſehr ungluͤcklich ablauffen, und bereits et-
liche 1000. Thlr. theils an das Laboratorium und
andere Requiſita verwendet, theils aber in die Lufft
verflogen ſind, mein Vater alſo mit groͤßter Raiſon
die Hand von der Butten ziehen, und fernerem Un-
gluͤcke vorbauen koͤnnen, findet ſich dennoch in ſei-
nem Gemuͤthe das klare Gegenſpiel, kurtz zu ſagen,
es iſt nach dieſen erſten verungluͤckten Proceſſen,
kein Menſch begieriger, erpichter und verſteuerter auf
das Goldmachen, als mein Vater.
Jhr werdet vielleicht gedencken, meine Herren,
mein Vater muͤſſe ein alberner Schoͤps oder lieder-
licher Haus-Wirth geweſen ſeyn, allein ſolcherge-
ſtalt irret ihr gar ſehr, denn ohne Flatterie kan ich,
auſſer demjenigen, was den Punct des Goldma-
chens anbelanget, theuer verſichern, daß er einen auſ-
ſerordentlich guten Verſtand gehabt, zwiſchen der
Verſchwendung und dem Geitze aber, die Mittel-
Straſſe dergeſtalt zu wandeln gewußt, daß ich ihn,
ſeiner nachherigen Thorheit wegen, weit mehr
verdacht, oder gar eine Hirn-Wandelung vermu-
thet haͤtte, wenn ich mit der Zeit nicht an meinem ei-
genen Exempel erfahren, welchergeſtalt die Alchy-
mie die allerentſetzlichſte Art einer Gelben Sucht
des
II. Theil. q
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/255>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.