Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

cher in die Augen leuchtete, allein er bedanckte sich,
und gab vor, wie er meinem Herrn nicht beschwer-
lich fallen, sondern nur ein kurtzes Gespräch von
chymischen Geheimnissen mit ihm halten, dieserwe-
gen auch in einer Stunde wiederkommen wolte.
Hiemit ging er fort, ich aber mußte in meinem Her-
tzen lachen, daß ein solcher einfältiger Mensch, sich
in so wichtige und hohe Dinge mischen wolte, denn
ohne Schertz, dieser Mann schien in meinen Augen
ein gantz ausserordentlicher Einfalts-Pinsel zu seyn.
Jch sagte meinem Principal nicht einmahl etwas da-
von, da aber der Mann in einer guten Stunde wie-
der kam, war der erstere so gütig, denselben in sein
geheimes Cabinet zu führen. Sie waren 3. gute
Stunden in sehr ernsthafften Gesprächen begriffen,
wovon aber ich wenig oder nichts deutliches verste-
hen konte. Nachhero speisete der Gast mit meinem
Principal gantz allein, nach Tische aber mußte ich ein
grosses Feuer-Becken, einen mittelmäßlgen
Schmeltz-Tiegel, einen Blasebalg, wie auch ein
Pfund-Stück Bley in das geheime Cabinet brin-
gen, indem ich nun bey dem Feuer-Becken stehen
blieb und die Kohlen anblies, gab der Fremde mei-
nem Principal einen Winck, der so viel bedeutete,
daß er mich hinaus schaffen solte. Der Principal
aber sagte darauf: Mein Herr! wenn ihr sonsten
keine besondere Ursachen habt, euch vor diesem Men-
schen zu fürchten, so lasset ihn in GOttes Nahmen
die Wunderwercke des Allerhöchsten beschauen, ich
bin Bürge vor seine Gottesfurcht und Redlichkeit,
denn er ist in der Creutz-Schule gewesen, und nach
vielen Thorheiten zu sehr guten Verstande gekom-
men.

Dem-

cher in die Augen leuchtete, allein er bedanckte ſich,
und gab vor, wie er meinem Herrn nicht beſchwer-
lich fallen, ſondern nur ein kurtzes Geſpraͤch von
chymiſchen Geheimniſſen mit ihm halten, dieſerwe-
gen auch in einer Stunde wiederkommen wolte.
Hiemit ging er fort, ich aber mußte in meinem Her-
tzen lachen, daß ein ſolcher einfaͤltiger Menſch, ſich
in ſo wichtige und hohe Dinge miſchen wolte, denn
ohne Schertz, dieſer Mann ſchien in meinen Augen
ein gantz auſſerordentlicher Einfalts-Pinſel zu ſeyn.
Jch ſagte meinem Principal nicht einmahl etwas da-
von, da aber der Mann in einer guten Stunde wie-
der kam, war der erſtere ſo guͤtig, denſelben in ſein
geheimes Cabinet zu fuͤhren. Sie waren 3. gute
Stunden in ſehr ernſthafften Geſpraͤchen begriffen,
wovon aber ich wenig oder nichts deutliches verſte-
hen konte. Nachhero ſpeiſete der Gaſt mit meinem
Principal gantz allein, nach Tiſche aber mußte ich ein
groſſes Feuer-Becken, einen mittelmaͤßlgen
Schmeltz-Tiegel, einen Blaſebalg, wie auch ein
Pfund-Stuͤck Bley in das geheime Cabinet brin-
gen, indem ich nun bey dem Feuer-Becken ſtehen
blieb und die Kohlen anblies, gab der Fremde mei-
nem Principal einen Winck, der ſo viel bedeutete,
daß er mich hinaus ſchaffen ſolte. Der Principal
aber ſagte darauf: Mein Herr! wenn ihr ſonſten
keine beſondere Urſachen habt, euch vor dieſem Men-
ſchen zu fuͤrchten, ſo laſſet ihn in GOttes Nahmen
die Wunderwercke des Allerhoͤchſten beſchauen, ich
bin Buͤrge vor ſeine Gottesfurcht und Redlichkeit,
denn er iſt in der Creutz-Schule geweſen, und nach
vielen Thorheiten zu ſehr guten Verſtande gekom-
men.

Dem-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0306" n="292"/>
cher in die Augen leuchtete, allein er bedanckte &#x017F;ich,<lb/>
und gab vor, wie er meinem Herrn nicht be&#x017F;chwer-<lb/>
lich fallen, &#x017F;ondern nur ein kurtzes Ge&#x017F;pra&#x0364;ch von<lb/><hi rendition="#aq">chymi</hi>&#x017F;chen Geheimni&#x017F;&#x017F;en mit ihm halten, die&#x017F;erwe-<lb/>
gen auch in einer Stunde wiederkommen wolte.<lb/>
Hiemit ging er fort, ich aber mußte in meinem Her-<lb/>
tzen lachen, daß ein &#x017F;olcher einfa&#x0364;ltiger Men&#x017F;ch, &#x017F;ich<lb/>
in &#x017F;o wichtige und hohe Dinge mi&#x017F;chen wolte, denn<lb/>
ohne Schertz, die&#x017F;er Mann &#x017F;chien in meinen Augen<lb/>
ein gantz au&#x017F;&#x017F;erordentlicher Einfalts-Pin&#x017F;el zu &#x017F;eyn.<lb/>
Jch &#x017F;agte meinem <hi rendition="#aq">Principal</hi> nicht einmahl etwas da-<lb/>
von, da aber der Mann in einer guten Stunde wie-<lb/>
der kam, war der er&#x017F;tere &#x017F;o gu&#x0364;tig, den&#x017F;elben in &#x017F;ein<lb/>
geheimes <hi rendition="#aq">Cabinet</hi> zu fu&#x0364;hren. Sie waren 3. gute<lb/>
Stunden in &#x017F;ehr ern&#x017F;thafften Ge&#x017F;pra&#x0364;chen begriffen,<lb/>
wovon aber ich wenig oder nichts deutliches ver&#x017F;te-<lb/>
hen konte. Nachhero &#x017F;pei&#x017F;ete der Ga&#x017F;t mit meinem<lb/><hi rendition="#aq">Principal</hi> gantz allein, nach Ti&#x017F;che aber mußte ich ein<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;es Feuer-Becken, einen mittelma&#x0364;ßlgen<lb/>
Schmeltz-Tiegel, einen Bla&#x017F;ebalg, wie auch ein<lb/>
Pfund-Stu&#x0364;ck Bley in das geheime <hi rendition="#aq">Cabinet</hi> brin-<lb/>
gen, indem ich nun bey dem Feuer-Becken &#x017F;tehen<lb/>
blieb und die Kohlen anblies, gab der Fremde mei-<lb/>
nem <hi rendition="#aq">Principal</hi> einen Winck, der &#x017F;o viel bedeutete,<lb/>
daß er mich hinaus &#x017F;chaffen &#x017F;olte. Der <hi rendition="#aq">Principal</hi><lb/>
aber &#x017F;agte darauf: Mein Herr! wenn ihr &#x017F;on&#x017F;ten<lb/>
keine be&#x017F;ondere Ur&#x017F;achen habt, euch vor die&#x017F;em Men-<lb/>
&#x017F;chen zu fu&#x0364;rchten, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;et ihn in GOttes Nahmen<lb/>
die Wunderwercke des Allerho&#x0364;ch&#x017F;ten be&#x017F;chauen, ich<lb/>
bin Bu&#x0364;rge vor &#x017F;eine Gottesfurcht und Redlichkeit,<lb/>
denn er i&#x017F;t in der Creutz-Schule gewe&#x017F;en, und nach<lb/>
vielen Thorheiten zu &#x017F;ehr guten Ver&#x017F;tande gekom-<lb/>
men.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Dem-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0306] cher in die Augen leuchtete, allein er bedanckte ſich, und gab vor, wie er meinem Herrn nicht beſchwer- lich fallen, ſondern nur ein kurtzes Geſpraͤch von chymiſchen Geheimniſſen mit ihm halten, dieſerwe- gen auch in einer Stunde wiederkommen wolte. Hiemit ging er fort, ich aber mußte in meinem Her- tzen lachen, daß ein ſolcher einfaͤltiger Menſch, ſich in ſo wichtige und hohe Dinge miſchen wolte, denn ohne Schertz, dieſer Mann ſchien in meinen Augen ein gantz auſſerordentlicher Einfalts-Pinſel zu ſeyn. Jch ſagte meinem Principal nicht einmahl etwas da- von, da aber der Mann in einer guten Stunde wie- der kam, war der erſtere ſo guͤtig, denſelben in ſein geheimes Cabinet zu fuͤhren. Sie waren 3. gute Stunden in ſehr ernſthafften Geſpraͤchen begriffen, wovon aber ich wenig oder nichts deutliches verſte- hen konte. Nachhero ſpeiſete der Gaſt mit meinem Principal gantz allein, nach Tiſche aber mußte ich ein groſſes Feuer-Becken, einen mittelmaͤßlgen Schmeltz-Tiegel, einen Blaſebalg, wie auch ein Pfund-Stuͤck Bley in das geheime Cabinet brin- gen, indem ich nun bey dem Feuer-Becken ſtehen blieb und die Kohlen anblies, gab der Fremde mei- nem Principal einen Winck, der ſo viel bedeutete, daß er mich hinaus ſchaffen ſolte. Der Principal aber ſagte darauf: Mein Herr! wenn ihr ſonſten keine beſondere Urſachen habt, euch vor dieſem Men- ſchen zu fuͤrchten, ſo laſſet ihn in GOttes Nahmen die Wunderwercke des Allerhoͤchſten beſchauen, ich bin Buͤrge vor ſeine Gottesfurcht und Redlichkeit, denn er iſt in der Creutz-Schule geweſen, und nach vielen Thorheiten zu ſehr guten Verſtande gekom- men. Dem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/306
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/306>, abgerufen am 22.11.2024.