Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

es (s. v.) wiederum hinweg brechen, weßwegen
meine Schwachheit in wenig Stunden dermassen
zunahm, daß ich nicht noch eine Nacht zu leben ver-
muthete, gleichwohl kamen die Barbarn am 4ten
Tage ebenfalls wieder mich zu quälen, derowegen
redete ich sie gantz behertzt also an: So schlaget denn
zu, ihr Tyrannen, und weidet eure Augen an mei-
ner zeitlichen Marter, wisset aber, daß dieser
Tag vielleicht der letzte meines Lebens seyn wird,
und daß ihr euch werdet bequemen müssen, mir die-
ses Tractaments wegen vor GOttes Richter-Stuhl
Rede und Antwort zu geben. Die Lotter-Buben
lachten dieserhalb überlaut, und stiessen über dieses
die schändlichsten und Gotteslästerlichsten Reden aus
ihren vermaledeyten Hälsen, befahlen auch dem
Knechte, sein Amt nur getrost zu verrichten. Nach-
dem nun dieser, mein in die verwundete Haut gantz
eingebackenes Hemde, mit Gewalt abgerissen, so
daß gantze Flatschen daran hangen blieben, ich aber
nicht die geringste Empfindung spüren ließ, sprach
er: Meine lieben Herren, meine Mühe ist vergebens,
der verteufelte Ketzer fühlet voritzo nichts mehr, der
Satan hat ihn abgehärtet, lasset ihm so lange Ruhe,
bis er halb wiederum heil worden, was gilts, her-
nach sollen meine Streiche um so viel desto hefftiger
anziehen.

Hierauf redete mich einer von der jungen Basilis-
ken-
Brut also an: Höre Hund! wilst du dich ent-
schliessen deinen Ketzerischen Glauben abzuschwö-
ren, so wollen wir alle vor dich bitten, daß dir die an-
noch zugedachten übrigen gerechten Strafen ge-
schenckt werden, wo nicht, so wirst du in wenig Tagen

em-
b 3

es (ſ. v.) wiederum hinweg brechen, weßwegen
meine Schwachheit in wenig Stunden dermaſſen
zunahm, daß ich nicht noch eine Nacht zu leben ver-
muthete, gleichwohl kamen die Barbarn am 4ten
Tage ebenfalls wieder mich zu quaͤlen, derowegen
redete ich ſie gantz behertzt alſo an: So ſchlaget denn
zu, ihr Tyrannen, und weidet eure Augen an mei-
ner zeitlichen Marter, wiſſet aber, daß dieſer
Tag vielleicht der letzte meines Lebens ſeyn wird,
und daß ihr euch werdet bequemen muͤſſen, mir die-
ſes Tractaments wegen vor GOttes Richter-Stuhl
Rede und Antwort zu geben. Die Lotter-Buben
lachten dieſerhalb uͤberlaut, und ſtieſſen uͤber dieſes
die ſchaͤndlichſten und Gotteslaͤſteꝛlichſten Reden aus
ihren vermaledeyten Haͤlſen, befahlen auch dem
Knechte, ſein Amt nur getroſt zu verrichten. Nach-
dem nun dieſer, mein in die verwundete Haut gantz
eingebackenes Hemde, mit Gewalt abgeriſſen, ſo
daß gantze Flatſchen daran hangen blieben, ich aber
nicht die geringſte Empfindung ſpuͤren ließ, ſprach
er: Meine lieben Herren, meine Muͤhe iſt vergebens,
der verteufelte Ketzer fuͤhlet voritzo nichts mehr, der
Satan hat ihn abgehaͤrtet, laſſet ihm ſo lange Ruhe,
bis er halb wiederum heil worden, was gilts, her-
nach ſollen meine Streiche um ſo viel deſto hefftiger
anziehen.

Hierauf redete mich einer von der jungen Baſilis-
ken-
Brut alſo an: Hoͤre Hund! wilſt du dich ent-
ſchlieſſen deinen Ketzeriſchen Glauben abzuſchwoͤ-
ren, ſo wollen wir alle vor dich bitten, daß dir die an-
noch zugedachten uͤbrigen gerechten Strafen ge-
ſchenckt werden, wo nicht, ſo wirſt du in wenig Tagen

em-
b 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0035" n="21"/>
es (<hi rendition="#aq">&#x017F;. v.</hi>) wiederum hinweg brechen, weßwegen<lb/>
meine Schwachheit in wenig Stunden derma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zunahm, daß ich nicht noch eine Nacht zu leben ver-<lb/>
muthete, gleichwohl kamen die <hi rendition="#aq">Barbarn</hi> am 4ten<lb/>
Tage ebenfalls wieder mich zu qua&#x0364;len, derowegen<lb/>
redete ich &#x017F;ie gantz behertzt al&#x017F;o an: So &#x017F;chlaget denn<lb/>
zu, ihr Tyrannen, und weidet eure Augen an mei-<lb/>
ner zeitlichen Marter, wi&#x017F;&#x017F;et aber, daß die&#x017F;er<lb/>
Tag vielleicht der letzte meines Lebens &#x017F;eyn wird,<lb/>
und daß ihr euch werdet bequemen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, mir die-<lb/>
&#x017F;es <hi rendition="#aq">Tractaments</hi> wegen vor GOttes Richter-Stuhl<lb/>
Rede und Antwort zu geben. Die Lotter-Buben<lb/>
lachten die&#x017F;erhalb u&#x0364;berlaut, und &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;ber die&#x017F;es<lb/>
die &#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;ten und Gottesla&#x0364;&#x017F;te&#xA75B;lich&#x017F;ten Reden aus<lb/>
ihren vermaledeyten Ha&#x0364;l&#x017F;en, befahlen auch dem<lb/>
Knechte, &#x017F;ein Amt nur getro&#x017F;t zu verrichten. Nach-<lb/>
dem nun die&#x017F;er, mein in die verwundete Haut gantz<lb/>
eingebackenes Hemde, mit Gewalt abgeri&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
daß gantze Flat&#x017F;chen daran hangen blieben, ich aber<lb/>
nicht die gering&#x017F;te Empfindung &#x017F;pu&#x0364;ren ließ, &#x017F;prach<lb/>
er: Meine lieben Herren, meine Mu&#x0364;he i&#x017F;t vergebens,<lb/>
der verteufelte Ketzer fu&#x0364;hlet voritzo nichts mehr, der<lb/>
Satan hat ihn abgeha&#x0364;rtet, la&#x017F;&#x017F;et ihm &#x017F;o lange Ruhe,<lb/>
bis er halb wiederum heil worden, was gilts, her-<lb/>
nach &#x017F;ollen meine Streiche um &#x017F;o viel de&#x017F;to hefftiger<lb/>
anziehen.</p><lb/>
          <p>Hierauf redete mich einer von der jungen <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilis-<lb/>
ken-</hi>Brut al&#x017F;o an: Ho&#x0364;re Hund! wil&#x017F;t du dich ent-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en deinen Ketzeri&#x017F;chen Glauben abzu&#x017F;chwo&#x0364;-<lb/>
ren, &#x017F;o wollen wir alle vor dich bitten, daß dir die an-<lb/>
noch zugedachten u&#x0364;brigen gerechten Strafen ge-<lb/>
&#x017F;chenckt werden, wo nicht, &#x017F;o wir&#x017F;t du in wenig Tagen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b 3</fw><fw place="bottom" type="catch">em-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0035] es (ſ. v.) wiederum hinweg brechen, weßwegen meine Schwachheit in wenig Stunden dermaſſen zunahm, daß ich nicht noch eine Nacht zu leben ver- muthete, gleichwohl kamen die Barbarn am 4ten Tage ebenfalls wieder mich zu quaͤlen, derowegen redete ich ſie gantz behertzt alſo an: So ſchlaget denn zu, ihr Tyrannen, und weidet eure Augen an mei- ner zeitlichen Marter, wiſſet aber, daß dieſer Tag vielleicht der letzte meines Lebens ſeyn wird, und daß ihr euch werdet bequemen muͤſſen, mir die- ſes Tractaments wegen vor GOttes Richter-Stuhl Rede und Antwort zu geben. Die Lotter-Buben lachten dieſerhalb uͤberlaut, und ſtieſſen uͤber dieſes die ſchaͤndlichſten und Gotteslaͤſteꝛlichſten Reden aus ihren vermaledeyten Haͤlſen, befahlen auch dem Knechte, ſein Amt nur getroſt zu verrichten. Nach- dem nun dieſer, mein in die verwundete Haut gantz eingebackenes Hemde, mit Gewalt abgeriſſen, ſo daß gantze Flatſchen daran hangen blieben, ich aber nicht die geringſte Empfindung ſpuͤren ließ, ſprach er: Meine lieben Herren, meine Muͤhe iſt vergebens, der verteufelte Ketzer fuͤhlet voritzo nichts mehr, der Satan hat ihn abgehaͤrtet, laſſet ihm ſo lange Ruhe, bis er halb wiederum heil worden, was gilts, her- nach ſollen meine Streiche um ſo viel deſto hefftiger anziehen. Hierauf redete mich einer von der jungen Baſilis- ken-Brut alſo an: Hoͤre Hund! wilſt du dich ent- ſchlieſſen deinen Ketzeriſchen Glauben abzuſchwoͤ- ren, ſo wollen wir alle vor dich bitten, daß dir die an- noch zugedachten uͤbrigen gerechten Strafen ge- ſchenckt werden, wo nicht, ſo wirſt du in wenig Tagen em- b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/35
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/35>, abgerufen am 21.11.2024.