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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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gung, damit der darinnen verborgene Schatz, an
632. Stück Cremnitzer Ducaten, dem Haus-
Herrn zu gute kommen solte. Jch bin allein ge-
wesen, und hätte mit leichter Mühe dieses Geld
bey seite schaffen können, allein mein Gewissen ist
zu enge, dergleichen Guth, so mich nicht vor den Ei-
genthums Herrn erkennet, an sich zu bringen, her-
gegen hat es mich angetrieben, solches dem Haus-
Herrn einzuliefern, und auf eine, ihm selbst belie-
bige Discretion zu warten, jedoch meine Redlich-
keit ist mir übel belohnet worden. Hierauf sahe
der Bischoff meinen Ankläger an, welcher in diese
mir höchst empfindliche Worte ausbrach: Hoch-
würdigster! Dieser Kerl ist ein Schelm, wie alle
Ketzer sind. Man lasse ihn auf die Tortur brin-
gen, so wird er nicht allein gestehen, daß er das hei-
lige Bild, welches ich höher als eine Tonne Goldes
geschätzt, und ihm täglich hundert Küsse gegeben,
muthwilliger Weise zerbrochen, sondern mir dar-
aus mehr als 1300. Ducaten entwendet hat.
Denn da mein sel. Groß-Vater auf dem Tod-
Bette lag, seine Erben aber bey Vermissung
2000. Stück Cremnitzer Ducaten, ihn befragten,
wo er dieselben hingelegt hätte, wiese er beständig
mit dem Finger auf den heil. Bonifacium, konte
auch, weil ihm ein Schlag-Fluß die Zunge geläh-
met, weiter nichts mehr heraus stammlen, als:
San-ctus Bo-ni-fa-ci-us San-ctus Bo-ni-fa-ci-us
hat-al-les. Dieses, sagte mein Ankläger weiter,
weiß ich mich in meinem itzigen 68sten Jahre an-
noch so wohl zu erinnern, als ob es vor acht Tagen
geschehen wäre, ohngeacht ich damahls nur ein

Knabe

gung, damit der darinnen verborgene Schatz, an
632. Stuͤck Cremnitzer Ducaten, dem Haus-
Herrn zu gute kommen ſolte. Jch bin allein ge-
weſen, und haͤtte mit leichter Muͤhe dieſes Geld
bey ſeite ſchaffen koͤnnen, allein mein Gewiſſen iſt
zu enge, dergleichen Guth, ſo mich nicht vor den Ei-
genthums Herrn erkennet, an ſich zu bringen, her-
gegen hat es mich angetrieben, ſolches dem Haus-
Herrn einzuliefern, und auf eine, ihm ſelbſt belie-
bige Diſcretion zu warten, jedoch meine Redlich-
keit iſt mir uͤbel belohnet worden. Hierauf ſahe
der Biſchoff meinen Anklaͤger an, welcher in dieſe
mir hoͤchſt empfindliche Worte ausbrach: Hoch-
wuͤrdigſter! Dieſer Kerl iſt ein Schelm, wie alle
Ketzer ſind. Man laſſe ihn auf die Tortur brin-
gen, ſo wird er nicht allein geſtehen, daß er das hei-
lige Bild, welches ich hoͤher als eine Tonne Goldes
geſchaͤtzt, und ihm taͤglich hundert Kuͤſſe gegeben,
muthwilliger Weiſe zerbrochen, ſondern mir dar-
aus mehr als 1300. Ducaten entwendet hat.
Denn da mein ſel. Groß-Vater auf dem Tod-
Bette lag, ſeine Erben aber bey Vermiſſung
2000. Stuͤck Cremnitzer Ducaten, ihn befragten,
wo er dieſelben hingelegt haͤtte, wieſe er beſtaͤndig
mit dem Finger auf den heil. Bonifacium, konte
auch, weil ihm ein Schlag-Fluß die Zunge gelaͤh-
met, weiter nichts mehr heraus ſtammlen, als:
San-ctus Bo-ni-fa-ci-us San-ctus Bo-ni-fa-ci-us
hat-al-les. Dieſes, ſagte mein Anklaͤger weiter,
weiß ich mich in meinem itzigen 68ſten Jahre an-
noch ſo wohl zu erinnern, als ob es vor acht Tagen
geſchehen waͤre, ohngeacht ich damahls nur ein

Knabe
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[336/0350] gung, damit der darinnen verborgene Schatz, an 632. Stuͤck Cremnitzer Ducaten, dem Haus- Herrn zu gute kommen ſolte. Jch bin allein ge- weſen, und haͤtte mit leichter Muͤhe dieſes Geld bey ſeite ſchaffen koͤnnen, allein mein Gewiſſen iſt zu enge, dergleichen Guth, ſo mich nicht vor den Ei- genthums Herrn erkennet, an ſich zu bringen, her- gegen hat es mich angetrieben, ſolches dem Haus- Herrn einzuliefern, und auf eine, ihm ſelbſt belie- bige Diſcretion zu warten, jedoch meine Redlich- keit iſt mir uͤbel belohnet worden. Hierauf ſahe der Biſchoff meinen Anklaͤger an, welcher in dieſe mir hoͤchſt empfindliche Worte ausbrach: Hoch- wuͤrdigſter! Dieſer Kerl iſt ein Schelm, wie alle Ketzer ſind. Man laſſe ihn auf die Tortur brin- gen, ſo wird er nicht allein geſtehen, daß er das hei- lige Bild, welches ich hoͤher als eine Tonne Goldes geſchaͤtzt, und ihm taͤglich hundert Kuͤſſe gegeben, muthwilliger Weiſe zerbrochen, ſondern mir dar- aus mehr als 1300. Ducaten entwendet hat. Denn da mein ſel. Groß-Vater auf dem Tod- Bette lag, ſeine Erben aber bey Vermiſſung 2000. Stuͤck Cremnitzer Ducaten, ihn befragten, wo er dieſelben hingelegt haͤtte, wieſe er beſtaͤndig mit dem Finger auf den heil. Bonifacium, konte auch, weil ihm ein Schlag-Fluß die Zunge gelaͤh- met, weiter nichts mehr heraus ſtammlen, als: San-ctus Bo-ni-fa-ci-us San-ctus Bo-ni-fa-ci-us hat-al-les. Dieſes, ſagte mein Anklaͤger weiter, weiß ich mich in meinem itzigen 68ſten Jahre an- noch ſo wohl zu erinnern, als ob es vor acht Tagen geſchehen waͤre, ohngeacht ich damahls nur ein Knabe

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/350>, abgerufen am 22.11.2024.