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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Es war abends noch nicht völlig 10. Uhr, da wir
die Stadt unseres bisherigen Aufenthalts verlies-
sen, mit anbrechenden Tage aber, bey der bestellten
Extra-Post eintraffen, welche, immittelst wir nur
einige Erfrischungen zu uns nahmen, sich völlig fer-
tig machte, und aufs allergeschwindeste davon fuhr.
Nachdem wir aber noch zwey frische Extra-Posten
genommen, erreichten wir einen solchen Ort, allwo,
unter der Bothmäßigkeit eines protestantischen
Landes-Herrn sattsame Sicherheit anzutreffen
war, derowegen liessen wir die allzukostbare Extra-
Post zurück gehen, um etliche Tage daselbst auszu-
ruhen. Binnen selbiger hatten wir Zeit genug die
Priorin und andern Closter-Schwestern ins Fäust-
gen auszulachen, zumahlen, da unsere Geliebten er-
zehleten, wie sie beyderseits ihre Zellen aufs aller-
festeste verschlossen, die Schlüssel aber so wohl als
die Kirch-Schlüssel, nebst zweyen Abschieds-Brie-
fen in ein Schnupf-Tuch gebunden und zwischen
die Blasebälge gesteckt hätten, all wo sie die Schwe-
ster Calcantin mit der Zeit schon finden würde. Jch
und mein Compagnon liessen bey der Gelegenheit
vor unsere Liebsten feine Frauenzimmer-Kleider zu
rechte machen, weil wir selbige in Officiers-Habiten
nicht weiter sicher durchzubringen getraueten, die-
selben sich auch selbst ein Gewissen machten, ohne
Noth dergleichen Kleider ferner zu tragen, denn ich
kan zu ihrer beyder besondern Ruhme, nicht anders
sagen, als daß sie sich ungemein fromm, keusch und
züchtig aufgeführet haben. Mein Compagnon,
der ein Hesse von Geburt war, trennete sich nebst
seiner Liebsten in selbigem Lande von mir, und zwar in

einer

Es war abends noch nicht voͤllig 10. Uhr, da wir
die Stadt unſeres bisherigen Aufenthalts verlieſ-
ſen, mit anbrechenden Tage aber, bey der beſtellten
Extra-Poſt eintraffen, welche, immittelſt wir nur
einige Erfriſchungen zu uns nahmen, ſich voͤllig fer-
tig machte, und aufs allergeſchwindeſte davon fuhr.
Nachdem wir aber noch zwey friſche Extra-Poſten
genommen, erreichten wir einen ſolchen Ort, allwo,
unter der Bothmaͤßigkeit eines proteſtantiſchen
Landes-Herrn ſattſame Sicherheit anzutreffen
war, derowegen lieſſen wir die allzukoſtbare Extra-
Poſt zuruͤck gehen, um etliche Tage daſelbſt auszu-
ruhen. Binnen ſelbiger hatten wir Zeit genug die
Priorin und andern Cloſter-Schweſtern ins Faͤuſt-
gen auszulachen, zumahlen, da unſere Geliebten er-
zehleten, wie ſie beyderſeits ihre Zellen aufs aller-
feſteſte verſchloſſen, die Schluͤſſel aber ſo wohl als
die Kirch-Schluͤſſel, nebſt zweyen Abſchieds-Brie-
fen in ein Schnupf-Tuch gebunden und zwiſchen
die Blaſebaͤlge geſteckt haͤtten, all wo ſie die Schwe-
ſter Calcantin mit der Zeit ſchon finden wuͤrde. Jch
und mein Compagnon lieſſen bey der Gelegenheit
vor unſere Liebſten feine Frauenzimmer-Kleider zu
rechte machen, weil wir ſelbige in Officiers-Habiten
nicht weiter ſicher durchzubringen getraueten, die-
ſelben ſich auch ſelbſt ein Gewiſſen machten, ohne
Noth dergleichen Kleider ferner zu tragen, denn ich
kan zu ihrer beyder beſondern Ruhme, nicht anders
ſagen, als daß ſie ſich ungemein fromm, keuſch und
zuͤchtig aufgefuͤhret haben. Mein Compagnon,
der ein Heſſe von Geburt war, trennete ſich nebſt
ſeiner Liebſten in ſelbigem Lande von mir, und zwar in

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[350/0364] Es war abends noch nicht voͤllig 10. Uhr, da wir die Stadt unſeres bisherigen Aufenthalts verlieſ- ſen, mit anbrechenden Tage aber, bey der beſtellten Extra-Poſt eintraffen, welche, immittelſt wir nur einige Erfriſchungen zu uns nahmen, ſich voͤllig fer- tig machte, und aufs allergeſchwindeſte davon fuhr. Nachdem wir aber noch zwey friſche Extra-Poſten genommen, erreichten wir einen ſolchen Ort, allwo, unter der Bothmaͤßigkeit eines proteſtantiſchen Landes-Herrn ſattſame Sicherheit anzutreffen war, derowegen lieſſen wir die allzukoſtbare Extra- Poſt zuruͤck gehen, um etliche Tage daſelbſt auszu- ruhen. Binnen ſelbiger hatten wir Zeit genug die Priorin und andern Cloſter-Schweſtern ins Faͤuſt- gen auszulachen, zumahlen, da unſere Geliebten er- zehleten, wie ſie beyderſeits ihre Zellen aufs aller- feſteſte verſchloſſen, die Schluͤſſel aber ſo wohl als die Kirch-Schluͤſſel, nebſt zweyen Abſchieds-Brie- fen in ein Schnupf-Tuch gebunden und zwiſchen die Blaſebaͤlge geſteckt haͤtten, all wo ſie die Schwe- ſter Calcantin mit der Zeit ſchon finden wuͤrde. Jch und mein Compagnon lieſſen bey der Gelegenheit vor unſere Liebſten feine Frauenzimmer-Kleider zu rechte machen, weil wir ſelbige in Officiers-Habiten nicht weiter ſicher durchzubringen getraueten, die- ſelben ſich auch ſelbſt ein Gewiſſen machten, ohne Noth dergleichen Kleider ferner zu tragen, denn ich kan zu ihrer beyder beſondern Ruhme, nicht anders ſagen, als daß ſie ſich ungemein fromm, keuſch und zuͤchtig aufgefuͤhret haben. Mein Compagnon, der ein Heſſe von Geburt war, trennete ſich nebſt ſeiner Liebſten in ſelbigem Lande von mir, und zwar in einer

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/364>, abgerufen am 24.11.2024.