Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Litzbergen an, um dieselben nebst ihren Weibern,
ebenfalls mit zu nehmen, der erste ließ sich gleich be-
reden, Mons. Litzberg aber, der den Tischler La-
demann bey sich hatte, und vorgab, daß ihm der-
selbe etwas bequemes in seine Wohnung zu machen
versprochen, gelobte doch an, nebst seiner Frauen
und diesem guten Freunde etwa in ein paar Stun-
den nachzukommen Allein, nachdem wir uns fast
den gantzen Tag über, bis etwa 2. Stunden vor Un-
tergang der Sonnen, im Weinberge aufgehalten
hatten, Mons. Litzberg aber noch nicht angekom-
men war, nahmen wir die von meiner Liebsten und
Mons. Harckerts Frauen zubereitete Abend-Mahl-
zeit ein, und höreten darauf zum noch übrigen Zeit-
vertreibe.

Des Poamentirers Harckerts Lebens-
Geschicht

aus eigener Erzehlung folgender massen an:

Jch bin, meine Herren, ließ er sich vernehmen,
eines Dorff-Schulmeisters Sohn aus der Ober-
Laußnitz, und im Jahr 1702. gebohren. Mein
Vater hatte dreyerley Professionen, er war nicht
allein Schulmeister, sondern zugleich auch Schnei-
der und Leinweber im Dorffe, so daß er, als ein sehr
arbeitsamer Mann, sein Brod wohl verdienen kon-
te, denn wenn ein Handwerck nicht gehen wolte, so
nahm er das andere vor. Jch war sein eintziger,
jüngster und liebster Sohn, weil er ausser mir lau-
ter Töchter gezeuget hatte, wovon jedoch nur 4. am
Leben geblieben. Seines herannahenden hohen Al-
ters ohngeacht, vermeinte mein Vater dennoch, so

lan-

Litzbergen an, um dieſelben nebſt ihren Weibern,
ebenfalls mit zu nehmen, der erſte ließ ſich gleich be-
reden, Monſ. Litzberg aber, der den Tiſchler La-
demann bey ſich hatte, und vorgab, daß ihm der-
ſelbe etwas bequemes in ſeine Wohnung zu machen
verſprochen, gelobte doch an, nebſt ſeiner Frauen
und dieſem guten Freunde etwa in ein paar Stun-
den nachzukommen Allein, nachdem wir uns faſt
den gantzen Tag uͤber, bis etwa 2. Stunden vor Un-
tergang der Sonnen, im Weinberge aufgehalten
hatten, Monſ. Litzberg aber noch nicht angekom-
men war, nahmen wir die von meiner Liebſten und
Monſ. Harckerts Frauen zubereitete Abend-Mahl-
zeit ein, und hoͤreten darauf zum noch uͤbrigen Zeit-
vertreibe.

Des Poamentirers Harckerts Lebens-
Geſchicht

aus eigener Erzehlung folgender maſſen an:

Jch bin, meine Herren, ließ er ſich vernehmen,
eines Dorff-Schulmeiſters Sohn aus der Ober-
Laußnitz, und im Jahr 1702. gebohren. Mein
Vater hatte dreyerley Profeſſionen, er war nicht
allein Schulmeiſter, ſondern zugleich auch Schnei-
der und Leinweber im Dorffe, ſo daß er, als ein ſehr
arbeitſamer Mann, ſein Brod wohl verdienen kon-
te, denn wenn ein Handwerck nicht gehen wolte, ſo
nahm er das andere vor. Jch war ſein eintziger,
juͤngſter und liebſter Sohn, weil er auſſer mir lau-
ter Toͤchter gezeuget hatte, wovon jedoch nur 4. am
Leben geblieben. Seines herannahenden hohen Al-
ters ohngeacht, vermeinte mein Vater dennoch, ſo

lan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0438" n="424"/><hi rendition="#aq">Litzbergen</hi> an, um die&#x017F;elben neb&#x017F;t ihren Weibern,<lb/>
ebenfalls mit zu nehmen, der er&#x017F;te ließ &#x017F;ich gleich be-<lb/>
reden, <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Litzberg</hi> aber, der den Ti&#x017F;chler La-<lb/>
demann bey &#x017F;ich hatte, und vorgab, daß ihm der-<lb/>
&#x017F;elbe etwas bequemes in &#x017F;eine Wohnung zu machen<lb/>
ver&#x017F;prochen, gelobte doch an, neb&#x017F;t &#x017F;einer Frauen<lb/>
und die&#x017F;em guten Freunde etwa in ein paar Stun-<lb/>
den nachzukommen Allein, nachdem wir uns fa&#x017F;t<lb/>
den gantzen Tag u&#x0364;ber, bis etwa 2. Stunden vor Un-<lb/>
tergang der Sonnen, im Weinberge aufgehalten<lb/>
hatten, <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Litzberg</hi> aber noch nicht angekom-<lb/>
men war, nahmen wir die von meiner Lieb&#x017F;ten und<lb/><hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Harckerts</hi> Frauen zubereitete Abend-Mahl-<lb/>
zeit ein, und ho&#x0364;reten darauf zum noch u&#x0364;brigen Zeit-<lb/>
vertreibe.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Poamentirers</hi></hi> Harckerts Lebens-<lb/>
Ge&#x017F;chicht</head><lb/>
          <p>aus eigener Erzehlung folgender ma&#x017F;&#x017F;en an:</p><lb/>
          <p>Jch bin, meine Herren, ließ er &#x017F;ich vernehmen,<lb/>
eines Dorff-Schulmei&#x017F;ters Sohn aus der Ober-<lb/>
Laußnitz, und im Jahr 1702. gebohren. Mein<lb/>
Vater hatte dreyerley <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi>en, er war nicht<lb/>
allein Schulmei&#x017F;ter, &#x017F;ondern zugleich auch Schnei-<lb/>
der und Leinweber im Dorffe, &#x017F;o daß er, als ein &#x017F;ehr<lb/>
arbeit&#x017F;amer Mann, &#x017F;ein Brod wohl verdienen kon-<lb/>
te, denn wenn ein Handwerck nicht gehen wolte, &#x017F;o<lb/>
nahm er das andere vor. Jch war &#x017F;ein eintziger,<lb/>
ju&#x0364;ng&#x017F;ter und lieb&#x017F;ter Sohn, weil er au&#x017F;&#x017F;er mir lau-<lb/>
ter To&#x0364;chter gezeuget hatte, wovon jedoch nur 4. am<lb/>
Leben geblieben. Seines herannahenden hohen Al-<lb/>
ters ohngeacht, vermeinte mein Vater dennoch, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lan-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0438] Litzbergen an, um dieſelben nebſt ihren Weibern, ebenfalls mit zu nehmen, der erſte ließ ſich gleich be- reden, Monſ. Litzberg aber, der den Tiſchler La- demann bey ſich hatte, und vorgab, daß ihm der- ſelbe etwas bequemes in ſeine Wohnung zu machen verſprochen, gelobte doch an, nebſt ſeiner Frauen und dieſem guten Freunde etwa in ein paar Stun- den nachzukommen Allein, nachdem wir uns faſt den gantzen Tag uͤber, bis etwa 2. Stunden vor Un- tergang der Sonnen, im Weinberge aufgehalten hatten, Monſ. Litzberg aber noch nicht angekom- men war, nahmen wir die von meiner Liebſten und Monſ. Harckerts Frauen zubereitete Abend-Mahl- zeit ein, und hoͤreten darauf zum noch uͤbrigen Zeit- vertreibe. Des Poamentirers Harckerts Lebens- Geſchicht aus eigener Erzehlung folgender maſſen an: Jch bin, meine Herren, ließ er ſich vernehmen, eines Dorff-Schulmeiſters Sohn aus der Ober- Laußnitz, und im Jahr 1702. gebohren. Mein Vater hatte dreyerley Profeſſionen, er war nicht allein Schulmeiſter, ſondern zugleich auch Schnei- der und Leinweber im Dorffe, ſo daß er, als ein ſehr arbeitſamer Mann, ſein Brod wohl verdienen kon- te, denn wenn ein Handwerck nicht gehen wolte, ſo nahm er das andere vor. Jch war ſein eintziger, juͤngſter und liebſter Sohn, weil er auſſer mir lau- ter Toͤchter gezeuget hatte, wovon jedoch nur 4. am Leben geblieben. Seines herannahenden hohen Al- ters ohngeacht, vermeinte mein Vater dennoch, ſo lan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/438
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/438>, abgerufen am 27.11.2024.