Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Daß unser allerseitiges Schrecken über diese Be-
gebenheit nicht geringe gewesen seyn müsse, ist leicht
zu erachten, jedoch da unsere Schiff Barbiers her-
zu kamen und die Meinung bestärckten, daß so wohl
die Verstorbenen, als die noch etwas lebenden Pati-
ent
en ein starckes Gifft genossen haben müßten,
wurden alle mögliche Mittel vorgekehret, die letz-
tern von dem augenscheinlichen Tode zu retten, wel-
che dann auch so gut anschlugen, daß so wohl der Ca-
pitain
als der Portugiese, binnen 14. Tagen gäntz-
lich ausser Gefahr gesetzt wurden. Die Verstor-
benen begruben wir, jeden in ein besonderes Grab,
doch nahe beysammen, unter einen sehr dicken, ohn-
fern vom Ufer stehenden Baum, ich aber bejammer-
te sonderlich meine zwey wackern Leute, deren einer
ein unverglückter Handelsmann aus dem Lunebur-
gischen war, Nahmens Georg Ulrich Vorberg, sei-
nes Alters 52. Jahr, der andere ein Fleischhauer aus
dem Anhaltischen, Nahmens Johann Martin
Stahlkopf, von 29. Jahren.

Es entstund unter uns viel disputirens, woran
sich eigentlich diese Personen die Kranckheit und
den Tod gegessen hätten, denn die meisten von uns,
hatten so wohl als jene, von dem Wurtzel-Gemüse,
obschon keine Vogel gespeiset, als auf welche letz-
tern niemand einigen Verdacht legte, sondern viel-
mehr vermeinte, es müsse etwas sehr gifftiges in
ihren Gemüse-Topf, oder in die Anricht-Schüssel
gefallen seyn, allein der Capitain Wodley halff uns
aus dem Traume, denn derselbe hatte beobachtet,
daß die 4. Verstorbenen, die Magens und das mei-
ste vom Eingeweide ihrer gebratenen Vogel mit ge-

spei-

Daß unſer allerſeitiges Schrecken uͤber dieſe Be-
gebenheit nicht geringe geweſen ſeyn muͤſſe, iſt leicht
zu erachten, jedoch da unſere Schiff Barbiers her-
zu kamen und die Meinung beſtaͤrckten, daß ſo wohl
die Verſtorbenen, als die noch etwas lebenden Pati-
ent
en ein ſtarckes Gifft genoſſen haben muͤßten,
wurden alle moͤgliche Mittel vorgekehret, die letz-
tern von dem augenſcheinlichen Tode zu retten, wel-
che dann auch ſo gut anſchlugen, daß ſo wohl der Ca-
pitain
als der Portugieſe, binnen 14. Tagen gaͤntz-
lich auſſer Gefahr geſetzt wurden. Die Verſtor-
benen begruben wir, jeden in ein beſonderes Grab,
doch nahe beyſammen, unter einen ſehr dicken, ohn-
fern vom Ufer ſtehenden Baum, ich aber bejammer-
te ſonderlich meine zwey wackern Leute, deren einer
ein unvergluͤckter Handelsmann aus dem Lunebur-
giſchen war, Nahmens Georg Ulrich Vorberg, ſei-
nes Alters 52. Jahr, der andere ein Fleiſchhauer aus
dem Anhaltiſchen, Nahmens Johann Martin
Stahlkopf, von 29. Jahren.

Es entſtund unter uns viel diſputirens, woran
ſich eigentlich dieſe Perſonen die Kranckheit und
den Tod gegeſſen haͤtten, denn die meiſten von uns,
hatten ſo wohl als jene, von dem Wurtzel-Gemuͤſe,
obſchon keine Vogel geſpeiſet, als auf welche letz-
tern niemand einigen Verdacht legte, ſondern viel-
mehr vermeinte, es muͤſſe etwas ſehr gifftiges in
ihren Gemuͤſe-Topf, oder in die Anricht-Schuͤſſel
gefallen ſeyn, allein der Capitain Wodley halff uns
aus dem Traume, denn derſelbe hatte beobachtet,
daß die 4. Verſtorbenen, die Magens und das mei-
ſte vom Eingeweide ihrer gebratenen Vogel mit ge-

ſpei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0541" n="525"/>
            <p>Daß un&#x017F;er aller&#x017F;eitiges Schrecken u&#x0364;ber die&#x017F;e Be-<lb/>
gebenheit nicht geringe gewe&#x017F;en &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, i&#x017F;t leicht<lb/>
zu erachten, jedoch da un&#x017F;ere Schiff <hi rendition="#aq">Barbiers</hi> her-<lb/>
zu kamen und die Meinung be&#x017F;ta&#x0364;rckten, daß &#x017F;o wohl<lb/>
die Ver&#x017F;torbenen, als die noch etwas lebenden <hi rendition="#aq">Pati-<lb/>
ent</hi>en ein &#x017F;tarckes Gifft geno&#x017F;&#x017F;en haben mu&#x0364;ßten,<lb/>
wurden alle mo&#x0364;gliche Mittel vorgekehret, die letz-<lb/>
tern von dem augen&#x017F;cheinlichen Tode zu retten, wel-<lb/>
che dann auch &#x017F;o gut an&#x017F;chlugen, daß &#x017F;o wohl der <hi rendition="#aq">Ca-<lb/>
pitain</hi> als der Portugie&#x017F;e, binnen 14. Tagen ga&#x0364;ntz-<lb/>
lich au&#x017F;&#x017F;er Gefahr ge&#x017F;etzt wurden. Die Ver&#x017F;tor-<lb/>
benen begruben wir, jeden in ein be&#x017F;onderes Grab,<lb/>
doch nahe bey&#x017F;ammen, unter einen &#x017F;ehr dicken, ohn-<lb/>
fern vom Ufer &#x017F;tehenden Baum, ich aber bejammer-<lb/>
te &#x017F;onderlich meine zwey wackern Leute, deren einer<lb/>
ein unverglu&#x0364;ckter Handelsmann aus dem Lunebur-<lb/>
gi&#x017F;chen war, Nahmens <hi rendition="#aq">Georg Ulrich</hi> Vorberg, &#x017F;ei-<lb/>
nes Alters 52. Jahr, der andere ein Flei&#x017F;chhauer aus<lb/>
dem Anhalti&#x017F;chen, Nahmens Johann Martin<lb/>
Stahlkopf, von 29. Jahren.</p><lb/>
            <p>Es ent&#x017F;tund unter uns viel <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>ens, woran<lb/>
&#x017F;ich eigentlich die&#x017F;e Per&#x017F;onen die Kranckheit und<lb/>
den Tod gege&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tten, denn die mei&#x017F;ten von uns,<lb/>
hatten &#x017F;o wohl als jene, von dem Wurtzel-Gemu&#x0364;&#x017F;e,<lb/>
ob&#x017F;chon keine Vogel ge&#x017F;pei&#x017F;et, als auf welche letz-<lb/>
tern niemand einigen Verdacht legte, &#x017F;ondern viel-<lb/>
mehr vermeinte, es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e etwas &#x017F;ehr gifftiges in<lb/>
ihren Gemu&#x0364;&#x017F;e-Topf, oder in die Anricht-Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el<lb/>
gefallen &#x017F;eyn, allein der <hi rendition="#aq">Capitain Wodley</hi> halff uns<lb/>
aus dem Traume, denn der&#x017F;elbe hatte beobachtet,<lb/>
daß die 4. Ver&#x017F;torbenen, die Magens und das mei-<lb/>
&#x017F;te vom Eingeweide ihrer gebratenen Vogel mit ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;pei-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[525/0541] Daß unſer allerſeitiges Schrecken uͤber dieſe Be- gebenheit nicht geringe geweſen ſeyn muͤſſe, iſt leicht zu erachten, jedoch da unſere Schiff Barbiers her- zu kamen und die Meinung beſtaͤrckten, daß ſo wohl die Verſtorbenen, als die noch etwas lebenden Pati- enten ein ſtarckes Gifft genoſſen haben muͤßten, wurden alle moͤgliche Mittel vorgekehret, die letz- tern von dem augenſcheinlichen Tode zu retten, wel- che dann auch ſo gut anſchlugen, daß ſo wohl der Ca- pitain als der Portugieſe, binnen 14. Tagen gaͤntz- lich auſſer Gefahr geſetzt wurden. Die Verſtor- benen begruben wir, jeden in ein beſonderes Grab, doch nahe beyſammen, unter einen ſehr dicken, ohn- fern vom Ufer ſtehenden Baum, ich aber bejammer- te ſonderlich meine zwey wackern Leute, deren einer ein unvergluͤckter Handelsmann aus dem Lunebur- giſchen war, Nahmens Georg Ulrich Vorberg, ſei- nes Alters 52. Jahr, der andere ein Fleiſchhauer aus dem Anhaltiſchen, Nahmens Johann Martin Stahlkopf, von 29. Jahren. Es entſtund unter uns viel diſputirens, woran ſich eigentlich dieſe Perſonen die Kranckheit und den Tod gegeſſen haͤtten, denn die meiſten von uns, hatten ſo wohl als jene, von dem Wurtzel-Gemuͤſe, obſchon keine Vogel geſpeiſet, als auf welche letz- tern niemand einigen Verdacht legte, ſondern viel- mehr vermeinte, es muͤſſe etwas ſehr gifftiges in ihren Gemuͤſe-Topf, oder in die Anricht-Schuͤſſel gefallen ſeyn, allein der Capitain Wodley halff uns aus dem Traume, denn derſelbe hatte beobachtet, daß die 4. Verſtorbenen, die Magens und das mei- ſte vom Eingeweide ihrer gebratenen Vogel mit ge- ſpei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/541
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/541>, abgerufen am 21.11.2024.