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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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wolte, daß die Talli ihre Lebenszeit auf dieser glück-
seligen Jnsul zubringen dürffte, so wäre ich geson-
nen, diese mir zugefallene Sclavin, und das an ihrer
Person habende Recht an den Herrn Mag. Schmel-
zers
Liebste abzutreten, weilen vermerckte, daß die
Frau Magisterin selbige wohl leiden mag, und mir
deucht sie solte sich in kurtzer Zeit bald darein finden
lernen, eine gute Köchin abzugeben, ob sie nunmehro
aber etwa Lust zu heyrathen bekommen hat, kan ich
nicht sagen, weilen in langer Zeit von dieser Materie
nichts mit ihr gesprochen habe.

Der Alt-Vater wurde über diese Antwort sehr
erfreuet, und versprach nicht allein die Talli von Her-
tzen gern auf der Jnsul zu dulten, sondern das an die
Frau Magisterin gethane Geschencke aus seiner
Schatz-Kammer zu recompensiren.

So bald nun beyde auf dem Hügel anlangeten,
und sich bey uns niederliessen, sagte der Capitain
Horn: Höre, meine gute Talli, mache dich fertig,
denn wir werden in wenig Tagen wieder zu Schiffe
gehen. Talli verbarg zwar ihr Betrübniß wegen
dieses plötzlichen Befehls, sagte aber mit einem tief
geholten Seuffzer: Mein Herr! Leute, die so wenig
Sachen haben als ich, können sich gar bald fertig
machen, allein erzeiget mir die Gnade und lasset
mich bey diesen vortrefflichen Leuten, in ihrer Kir-
che die heilige Taufe empfangen, damit, wenn ich
ja auf einer abermahligen langwierigen Reise ster-
ben solte, ich doch nicht als eine Heydin, sondern als
eine getauffte Christin sterben möge. Sie begleite-

te

wolte, daß die Talli ihre Lebenszeit auf dieſer gluͤck-
ſeligen Jnſul zubringen duͤrffte, ſo waͤre ich geſon-
nen, dieſe mir zugefallene Sclavin, und das an ihrer
Perſon habende Recht an den Herrn Mag. Schmel-
zers
Liebſte abzutreten, weilen vermerckte, daß die
Frau Magiſterin ſelbige wohl leiden mag, und mir
deucht ſie ſolte ſich in kurtzer Zeit bald darein finden
lernen, eine gute Koͤchin abzugeben, ob ſie nunmehro
aber etwa Luſt zu heyrathen bekommen hat, kan ich
nicht ſagen, weilen in langer Zeit von dieſer Materie
nichts mit ihr geſprochen habe.

Der Alt-Vater wurde uͤber dieſe Antwort ſehr
erfreuet, und verſprach nicht allein die Talli von Her-
tzen gern auf der Jnſul zu dulten, ſondern das an die
Frau Magiſterin gethane Geſchencke aus ſeiner
Schatz-Kammer zu recompenſiren.

So bald nun beyde auf dem Huͤgel anlangeten,
und ſich bey uns niederlieſſen, ſagte der Capitain
Horn: Hoͤre, meine gute Talli, mache dich fertig,
denn wir werden in wenig Tagen wieder zu Schiffe
gehen. Talli verbarg zwar ihr Betruͤbniß wegen
dieſes ploͤtzlichen Befehls, ſagte aber mit einem tief
geholten Seuffzer: Mein Herr! Leute, die ſo wenig
Sachen haben als ich, koͤnnen ſich gar bald fertig
machen, allein erzeiget mir die Gnade und laſſet
mich bey dieſen vortrefflichen Leuten, in ihrer Kir-
che die heilige Taufe empfangen, damit, wenn ich
ja auf einer abermahligen langwierigen Reiſe ſter-
ben ſolte, ich doch nicht als eine Heydin, ſondern als
eine getauffte Chriſtin ſterben moͤge. Sie begleite-

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[555/0571] wolte, daß die Talli ihre Lebenszeit auf dieſer gluͤck- ſeligen Jnſul zubringen duͤrffte, ſo waͤre ich geſon- nen, dieſe mir zugefallene Sclavin, und das an ihrer Perſon habende Recht an den Herrn Mag. Schmel- zers Liebſte abzutreten, weilen vermerckte, daß die Frau Magiſterin ſelbige wohl leiden mag, und mir deucht ſie ſolte ſich in kurtzer Zeit bald darein finden lernen, eine gute Koͤchin abzugeben, ob ſie nunmehro aber etwa Luſt zu heyrathen bekommen hat, kan ich nicht ſagen, weilen in langer Zeit von dieſer Materie nichts mit ihr geſprochen habe. Der Alt-Vater wurde uͤber dieſe Antwort ſehr erfreuet, und verſprach nicht allein die Talli von Her- tzen gern auf der Jnſul zu dulten, ſondern das an die Frau Magiſterin gethane Geſchencke aus ſeiner Schatz-Kammer zu recompenſiren. So bald nun beyde auf dem Huͤgel anlangeten, und ſich bey uns niederlieſſen, ſagte der Capitain Horn: Hoͤre, meine gute Talli, mache dich fertig, denn wir werden in wenig Tagen wieder zu Schiffe gehen. Talli verbarg zwar ihr Betruͤbniß wegen dieſes ploͤtzlichen Befehls, ſagte aber mit einem tief geholten Seuffzer: Mein Herr! Leute, die ſo wenig Sachen haben als ich, koͤnnen ſich gar bald fertig machen, allein erzeiget mir die Gnade und laſſet mich bey dieſen vortrefflichen Leuten, in ihrer Kir- che die heilige Taufe empfangen, damit, wenn ich ja auf einer abermahligen langwierigen Reiſe ſter- ben ſolte, ich doch nicht als eine Heydin, ſondern als eine getauffte Chriſtin ſterben moͤge. Sie begleite- te

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/571>, abgerufen am 24.11.2024.