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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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gangen. Dem ohngeacht wenden unsere bestochenen
Freunde allen Fleiß an, meine Schwester nur dahin
zu vermögen, daß sie, um den Peterson nicht gäntzlich
zu prostituiren, sich endlich mit zu Tische setzt, auch
nachhero etliche Reyhen mit ihm und andern anwe-
senden Gästen tantzet, wiewohl ihr eben nicht gar
täntzerlich zu muthe gewesen. Peterson hatte sich son-
sten bey dieser verdrießlichen Affaire ziemlich politisch
und vernünfftig aufgeführet, jedoch sich etlichemahl
gegen die alte Amme verlauten lassen: Er wolle seine
Liebste in Zukunfft schon anders gewöhnen.

Dieses war also der kurtze Haupt-Jnhalt von
meiner Schwester damahligen unglückseligen Zu-
stande, welchen sie mir nicht so bald erzehlet hatte,
als ich ihr den allerkräfftigsten Trost zusprach, und
die Versicherung gab, mein alleräusserstes anzu-
wenden, sie aus dieser Noth zu erlösen, indem mir
der Himmel so viel Vermögen zugewendet, nicht
allein meines Vaters gäntzliche Schulden damit zu
bezahlen, sondern auch ihren ungestalten Liebsten mit
seiner Haabe und Güthern vielleicht wohl zwey oder
mehrmahl auszukauffen.

Sie hörete dieses mit bangen Hertzen als ein blo-
ses Mährlein an, jedoch nachdem ich ihr noch weit
theurere Versicherung gegeben, und nicht ehe aus
diesem Hause zu weichen versprochen, bis ich sie mit
mir hinweg führen könte, fing sie an etwas stär-
ckere Hoffnung zuschöpfen, und schlich sich mit ihrer
Amme gantz sachte wieder in ihre Cammer, ehe noch
jemand von Petersons Leuten aufgestanden, und
unsere Zusammenkunfft inne worden war.

Etwa

gangen. Dem ohngeacht wenden unſere beſtochenen
Freunde allen Fleiß an, meine Schweſter nur dahin
zu vermoͤgen, daß ſie, um den Peterſon nicht gaͤntzlich
zu proſtituiren, ſich endlich mit zu Tiſche ſetzt, auch
nachhero etliche Reyhen mit ihm und andern anwe-
ſenden Gaͤſten tantzet, wiewohl ihr eben nicht gar
taͤntzerlich zu muthe geweſen. Peterſon hatte ſich ſon-
ſten bey dieſer verdrießlichen Affaire ziemlich politiſch
und vernuͤnfftig aufgefuͤhret, jedoch ſich etlichemahl
gegen die alte Amme verlauten laſſen: Er wolle ſeine
Liebſte in Zukunfft ſchon anders gewoͤhnen.

Dieſes war alſo der kurtze Haupt-Jnhalt von
meiner Schweſter damahligen ungluͤckſeligen Zu-
ſtande, welchen ſie mir nicht ſo bald erzehlet hatte,
als ich ihr den allerkraͤfftigſten Troſt zuſprach, und
die Verſicherung gab, mein alleraͤuſſerſtes anzu-
wenden, ſie aus dieſer Noth zu erloͤſen, indem mir
der Himmel ſo viel Vermoͤgen zugewendet, nicht
allein meines Vaters gaͤntzliche Schulden damit zu
bezahlen, ſondern auch ihren ungeſtalten Liebſten mit
ſeiner Haabe und Guͤthern vielleicht wohl zwey oder
mehrmahl auszukauffen.

Sie hoͤrete dieſes mit bangen Hertzen als ein blo-
ſes Maͤhrlein an, jedoch nachdem ich ihr noch weit
theurere Verſicherung gegeben, und nicht ehe aus
dieſem Hauſe zu weichen verſprochen, bis ich ſie mit
mir hinweg fuͤhren koͤnte, fing ſie an etwas ſtaͤr-
ckere Hoffnung zuſchoͤpfen, und ſchlich ſich mit ihrer
Amme gantz ſachte wieder in ihre Cammer, ehe noch
jemand von Peterſons Leuten aufgeſtanden, und
unſere Zuſammenkunfft inne worden war.

Etwa
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[590/0606] gangen. Dem ohngeacht wenden unſere beſtochenen Freunde allen Fleiß an, meine Schweſter nur dahin zu vermoͤgen, daß ſie, um den Peterſon nicht gaͤntzlich zu proſtituiren, ſich endlich mit zu Tiſche ſetzt, auch nachhero etliche Reyhen mit ihm und andern anwe- ſenden Gaͤſten tantzet, wiewohl ihr eben nicht gar taͤntzerlich zu muthe geweſen. Peterſon hatte ſich ſon- ſten bey dieſer verdrießlichen Affaire ziemlich politiſch und vernuͤnfftig aufgefuͤhret, jedoch ſich etlichemahl gegen die alte Amme verlauten laſſen: Er wolle ſeine Liebſte in Zukunfft ſchon anders gewoͤhnen. Dieſes war alſo der kurtze Haupt-Jnhalt von meiner Schweſter damahligen ungluͤckſeligen Zu- ſtande, welchen ſie mir nicht ſo bald erzehlet hatte, als ich ihr den allerkraͤfftigſten Troſt zuſprach, und die Verſicherung gab, mein alleraͤuſſerſtes anzu- wenden, ſie aus dieſer Noth zu erloͤſen, indem mir der Himmel ſo viel Vermoͤgen zugewendet, nicht allein meines Vaters gaͤntzliche Schulden damit zu bezahlen, ſondern auch ihren ungeſtalten Liebſten mit ſeiner Haabe und Guͤthern vielleicht wohl zwey oder mehrmahl auszukauffen. Sie hoͤrete dieſes mit bangen Hertzen als ein blo- ſes Maͤhrlein an, jedoch nachdem ich ihr noch weit theurere Verſicherung gegeben, und nicht ehe aus dieſem Hauſe zu weichen verſprochen, bis ich ſie mit mir hinweg fuͤhren koͤnte, fing ſie an etwas ſtaͤr- ckere Hoffnung zuſchoͤpfen, und ſchlich ſich mit ihrer Amme gantz ſachte wieder in ihre Cammer, ehe noch jemand von Peterſons Leuten aufgeſtanden, und unſere Zuſammenkunfft inne worden war. Etwa

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/606>, abgerufen am 24.11.2024.