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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Art zu bedienen, daß zuweilen ein mehrers aus
selbigem zog, als das offerirte Honorarium aus-
trug. Es war immer Schade um diesen sonst aller
Ehren würdigen Mann, daß er ein Sclave der Af-
fecten
seines Weibes war, denn weil sie ihn betäubt
hatte, den Bischoffs-Stab nach ihrem Willen, als
eine Wünschel-Ruthe zu gebrauchen, so mußte die-
selbe bey Besetzung ein und anderer geistlichen Aem-
ter nur auf diejenigen Personen schlagen, allwo die-
se geitzige Frau, auf importante Spendagen sichere
Rechnung machen konte. Hätte ich dieses vorher
gewußt, so würde mich vor diesem Hause gehütet ha-
ben, so aber erfuhr alles nur nach und nach. Von
vielen Exempeln nur etliche wenige zu erzehlen, so
hatte um selbige Zeit ein gewisser vornehmer Herrn
Diener die Unzucht begangen, sich mit einer Weibs-
Person fleischlich zu vermischen, welchen Flecken
abzuwischen, er endlich die Copulation einging, und
sich der gewöhnlichen Geld-Busse unterwarff.
Wegen der Copulation wurde ihm zwar gewill-
fahret, andern theils aber wolte der Herr-Ober-
Pfarrer, aus gantz besondern Ursachen, beyde Leute
nicht eher zum heiligen Abendmahle lassen, bis sie
die ordentliche Kirchen-Busse gethan, und der christ-
lichen Gemeine das gegebene Aergerniß, kniend ab-
gebeten hätten. Der Herr des erwehnten Die-
ners wolte selbigen nicht gern vor allen Leuten pro-
stituirt
wissen, wandte derowegen viele Mühe an,
von dem Ober-Pfarrer dasjenige Beneficium zu
erhalten, welches bereits vielen andern privat-Per-
sonen vor baares Geld angediehen war, allein,
ziemlich lange Zeit gantz vergebens, endlich schlug

sich
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Art zu bedienen, daß zuweilen ein mehrers aus
ſelbigem zog, als das offerirte Honorarium aus-
trug. Es war immer Schade um dieſen ſonſt aller
Ehren wuͤrdigen Mann, daß er ein Sclave der Af-
fecten
ſeines Weibes war, denn weil ſie ihn betaͤubt
hatte, den Biſchoffs-Stab nach ihrem Willen, als
eine Wuͤnſchel-Ruthe zu gebrauchen, ſo mußte die-
ſelbe bey Beſetzung ein und anderer geiſtlichen Aem-
ter nur auf diejenigen Perſonen ſchlagen, allwo die-
ſe geitzige Frau, auf importante Spendagen ſichere
Rechnung machen konte. Haͤtte ich dieſes vorher
gewußt, ſo wuͤrde mich vor dieſem Hauſe gehuͤtet ha-
ben, ſo aber erfuhr alles nur nach und nach. Von
vielen Exempeln nur etliche wenige zu erzehlen, ſo
hatte um ſelbige Zeit ein gewiſſer vornehmer Herrn
Diener die Unzucht begangen, ſich mit einer Weibs-
Perſon fleiſchlich zu vermiſchen, welchen Flecken
abzuwiſchen, er endlich die Copulation einging, und
ſich der gewoͤhnlichen Geld-Buſſe unterwarff.
Wegen der Copulation wurde ihm zwar gewill-
fahret, andern theils aber wolte der Herr-Ober-
Pfarrer, aus gantz beſondern Urſachen, beyde Leute
nicht eher zum heiligen Abendmahle laſſen, bis ſie
die ordentliche Kirchen-Buſſe gethan, und der chriſt-
lichen Gemeine das gegebene Aergerniß, kniend ab-
gebeten haͤtten. Der Herr des erwehnten Die-
ners wolte ſelbigen nicht gern vor allen Leuten pro-
ſtituirt
wiſſen, wandte derowegen viele Muͤhe an,
von dem Ober-Pfarrer dasjenige Beneficium zu
erhalten, welches bereits vielen andern privat-Per-
ſonen vor baares Geld angediehen war, allein,
ziemlich lange Zeit gantz vergebens, endlich ſchlug

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[55/0069] Art zu bedienen, daß zuweilen ein mehrers aus ſelbigem zog, als das offerirte Honorarium aus- trug. Es war immer Schade um dieſen ſonſt aller Ehren wuͤrdigen Mann, daß er ein Sclave der Af- fecten ſeines Weibes war, denn weil ſie ihn betaͤubt hatte, den Biſchoffs-Stab nach ihrem Willen, als eine Wuͤnſchel-Ruthe zu gebrauchen, ſo mußte die- ſelbe bey Beſetzung ein und anderer geiſtlichen Aem- ter nur auf diejenigen Perſonen ſchlagen, allwo die- ſe geitzige Frau, auf importante Spendagen ſichere Rechnung machen konte. Haͤtte ich dieſes vorher gewußt, ſo wuͤrde mich vor dieſem Hauſe gehuͤtet ha- ben, ſo aber erfuhr alles nur nach und nach. Von vielen Exempeln nur etliche wenige zu erzehlen, ſo hatte um ſelbige Zeit ein gewiſſer vornehmer Herrn Diener die Unzucht begangen, ſich mit einer Weibs- Perſon fleiſchlich zu vermiſchen, welchen Flecken abzuwiſchen, er endlich die Copulation einging, und ſich der gewoͤhnlichen Geld-Buſſe unterwarff. Wegen der Copulation wurde ihm zwar gewill- fahret, andern theils aber wolte der Herr-Ober- Pfarrer, aus gantz beſondern Urſachen, beyde Leute nicht eher zum heiligen Abendmahle laſſen, bis ſie die ordentliche Kirchen-Buſſe gethan, und der chriſt- lichen Gemeine das gegebene Aergerniß, kniend ab- gebeten haͤtten. Der Herr des erwehnten Die- ners wolte ſelbigen nicht gern vor allen Leuten pro- ſtituirt wiſſen, wandte derowegen viele Muͤhe an, von dem Ober-Pfarrer dasjenige Beneficium zu erhalten, welches bereits vielen andern privat-Per- ſonen vor baares Geld angediehen war, allein, ziemlich lange Zeit gantz vergebens, endlich ſchlug ſich d 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/69>, abgerufen am 04.12.2024.