Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

subtilesten Cautelen anhören und behertzigen. Den
ältern Sohn unterwiese sie selbsten fast täglich in
der Kunst, mit galanten Frauenzimmer zu conver-
si
ren, er mußte lernen charmiren, obligante Com-
pliment
e machen, eines Frauenzimmers Hand
und Mund a la mode küssen, und hunderterley der-
gleichen Thorheiten mehr begehen, von welchem
allen er denn bey der Frauen Mama offt wiederhohlte
Proben ablegen mußte. Die älteste von ihren
Töchtern war würcklich ein sehr wohl qualificirtes
Frauenzimmer, und läugnete selbst nicht, daß sie
bereits seit einiger Zeit an einen anständigen und
Standes-mäßigen Liebsten versprochen sey, ich
habe aber einige Zeit nach meinem Hinwegreisen
vernommen, daß die Frau Fick-Fackerin, nach ih-
rer eingebildeten Weisheit, ihren christlichen Mann
endlich beredet, aus gewissen Staats-Ursachen, sol-
ches Verlöbniß zu widerrufen, und die Tochter
an einen andern, wiewohl eben nicht so gar ange-
nehmen Mann, zu verheyrathen. Jch vor meine
Person hatte zwar eben nicht Ursach über mein
Tractament zu klagen, allein, so bald ich alle An-
stalten dieses Hauses in genauere Betrachtung ge-
zogen, über dieses erwogen hatte, daß ich hiesiges
Orts ebenfalls keine Beförderung, ohne sonderba-
re Knoten und Gewissens-Scrupel, erhalten würde,
bedachte ich mich kurtz, und trat, so bald mein voraus
bezahltes Kost-Geld verzehrt zu haben meinte, eine
Reise nach meinem Vaterlande an, mit dem Ver-
sprechen, nach Beschaffenheit meiner Umstände viel-
leicht bald zurück zu kommen.

Nun war es zwar an dem, daß ich die Meinigen,

von

ſubtileſten Cautelen anhoͤren und behertzigen. Den
aͤltern Sohn unterwieſe ſie ſelbſten faſt taͤglich in
der Kunſt, mit galanten Frauenzimmer zu conver-
ſi
ren, er mußte lernen charmiren, obligante Com-
pliment
e machen, eines Frauenzimmers Hand
und Mund a la mode kuͤſſen, und hunderterley der-
gleichen Thorheiten mehr begehen, von welchem
allen er denn bey der Frauē Mama offt wiederhohlte
Proben ablegen mußte. Die aͤlteſte von ihren
Toͤchtern war wuͤrcklich ein ſehr wohl qualificirtes
Frauenzimmer, und laͤugnete ſelbſt nicht, daß ſie
bereits ſeit einiger Zeit an einen anſtaͤndigen und
Standes-maͤßigen Liebſten verſprochen ſey, ich
habe aber einige Zeit nach meinem Hinwegreiſen
vernommen, daß die Frau Fick-Fackerin, nach ih-
rer eingebildeten Weisheit, ihren chriſtlichen Mann
endlich beredet, aus gewiſſen Staats-Urſachen, ſol-
ches Verloͤbniß zu widerrufen, und die Tochter
an einen andern, wiewohl eben nicht ſo gar ange-
nehmen Mann, zu verheyrathen. Jch vor meine
Perſon hatte zwar eben nicht Urſach uͤber mein
Tractament zu klagen, allein, ſo bald ich alle An-
ſtalten dieſes Hauſes in genauere Betrachtung ge-
zogen, uͤber dieſes erwogen hatte, daß ich hieſiges
Orts ebenfalls keine Befoͤrderung, ohne ſonderba-
re Knoten und Gewiſſens-Scrupel, erhalten wuͤrde,
bedachte ich mich kurtz, und trat, ſo bald mein voraus
bezahltes Koſt-Geld verzehrt zu haben meinte, eine
Reiſe nach meinem Vaterlande an, mit dem Ver-
ſprechen, nach Beſchaffenheit meiner Umſtaͤnde viel-
leicht bald zuruͤck zu kommen.

Nun war es zwar an dem, daß ich die Meinigen,

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="60"/><hi rendition="#aq">&#x017F;ubtil</hi>e&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Cautel</hi>en anho&#x0364;ren und behertzigen. Den<lb/>
a&#x0364;ltern Sohn unterwie&#x017F;e &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;ten fa&#x017F;t ta&#x0364;glich in<lb/>
der Kun&#x017F;t, mit <hi rendition="#aq">galant</hi>en Frauenzimmer zu <hi rendition="#aq">conver-<lb/>
&#x017F;i</hi>ren, er mußte lernen <hi rendition="#aq">charmi</hi>ren, <hi rendition="#aq">obligan</hi>te <hi rendition="#aq">Com-<lb/>
pliment</hi>e machen, eines Frauenzimmers Hand<lb/>
und Mund <hi rendition="#aq">a la mode</hi> ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und hunderterley der-<lb/>
gleichen Thorheiten mehr begehen, von welchem<lb/>
allen er denn bey der Fraue&#x0304; <hi rendition="#aq">Mama</hi> offt wiederhohlte<lb/>
Proben ablegen mußte. Die a&#x0364;lte&#x017F;te von ihren<lb/>
To&#x0364;chtern war wu&#x0364;rcklich ein &#x017F;ehr wohl <hi rendition="#aq">qualifici</hi>rtes<lb/>
Frauenzimmer, und la&#x0364;ugnete &#x017F;elb&#x017F;t nicht, daß &#x017F;ie<lb/>
bereits &#x017F;eit einiger Zeit an einen an&#x017F;ta&#x0364;ndigen und<lb/>
Standes-ma&#x0364;ßigen Lieb&#x017F;ten ver&#x017F;prochen &#x017F;ey, ich<lb/>
habe aber einige Zeit nach meinem Hinwegrei&#x017F;en<lb/>
vernommen, daß die Frau Fick-Fackerin, nach ih-<lb/>
rer eingebildeten Weisheit, ihren chri&#x017F;tlichen Mann<lb/>
endlich beredet, aus gewi&#x017F;&#x017F;en Staats-Ur&#x017F;achen, &#x017F;ol-<lb/>
ches Verlo&#x0364;bniß zu widerrufen, und die Tochter<lb/>
an einen andern, wiewohl eben nicht &#x017F;o gar ange-<lb/>
nehmen Mann, zu verheyrathen. Jch vor meine<lb/>
Per&#x017F;on hatte zwar eben nicht Ur&#x017F;ach u&#x0364;ber mein<lb/><hi rendition="#aq">Tractament</hi> zu klagen, allein, &#x017F;o bald ich alle An-<lb/>
&#x017F;talten die&#x017F;es Hau&#x017F;es in genauere Betrachtung ge-<lb/>
zogen, u&#x0364;ber die&#x017F;es erwogen hatte, daß ich hie&#x017F;iges<lb/>
Orts ebenfalls keine Befo&#x0364;rderung, ohne &#x017F;onderba-<lb/>
re Knoten und Gewi&#x017F;&#x017F;ens-<hi rendition="#aq">Scrupel,</hi> erhalten wu&#x0364;rde,<lb/>
bedachte ich mich kurtz, und trat, &#x017F;o bald mein voraus<lb/>
bezahltes Ko&#x017F;t-Geld verzehrt zu haben meinte, eine<lb/>
Rei&#x017F;e nach meinem Vaterlande an, mit dem Ver-<lb/>
&#x017F;prechen, nach Be&#x017F;chaffenheit meiner Um&#x017F;ta&#x0364;nde viel-<lb/>
leicht bald zuru&#x0364;ck zu kommen.</p><lb/>
          <p>Nun war es zwar an dem, daß ich die Meinigen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0074] ſubtileſten Cautelen anhoͤren und behertzigen. Den aͤltern Sohn unterwieſe ſie ſelbſten faſt taͤglich in der Kunſt, mit galanten Frauenzimmer zu conver- ſiren, er mußte lernen charmiren, obligante Com- plimente machen, eines Frauenzimmers Hand und Mund a la mode kuͤſſen, und hunderterley der- gleichen Thorheiten mehr begehen, von welchem allen er denn bey der Frauē Mama offt wiederhohlte Proben ablegen mußte. Die aͤlteſte von ihren Toͤchtern war wuͤrcklich ein ſehr wohl qualificirtes Frauenzimmer, und laͤugnete ſelbſt nicht, daß ſie bereits ſeit einiger Zeit an einen anſtaͤndigen und Standes-maͤßigen Liebſten verſprochen ſey, ich habe aber einige Zeit nach meinem Hinwegreiſen vernommen, daß die Frau Fick-Fackerin, nach ih- rer eingebildeten Weisheit, ihren chriſtlichen Mann endlich beredet, aus gewiſſen Staats-Urſachen, ſol- ches Verloͤbniß zu widerrufen, und die Tochter an einen andern, wiewohl eben nicht ſo gar ange- nehmen Mann, zu verheyrathen. Jch vor meine Perſon hatte zwar eben nicht Urſach uͤber mein Tractament zu klagen, allein, ſo bald ich alle An- ſtalten dieſes Hauſes in genauere Betrachtung ge- zogen, uͤber dieſes erwogen hatte, daß ich hieſiges Orts ebenfalls keine Befoͤrderung, ohne ſonderba- re Knoten und Gewiſſens-Scrupel, erhalten wuͤrde, bedachte ich mich kurtz, und trat, ſo bald mein voraus bezahltes Koſt-Geld verzehrt zu haben meinte, eine Reiſe nach meinem Vaterlande an, mit dem Ver- ſprechen, nach Beſchaffenheit meiner Umſtaͤnde viel- leicht bald zuruͤck zu kommen. Nun war es zwar an dem, daß ich die Meinigen, von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/74
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/74>, abgerufen am 11.12.2024.