Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

gegeben, daß du hinführo nicht mehr ein Gefange-
ner seyn solst; es ist dir erlaubt, ein Christ zu blei-
ben, und dir eine Christliche Sclavin zur Frau
auszusuchen, so bald derselben eingebracht werden;
Allein, aus meinen Diensten lasse ich dich nicht, son-
dern du solst eine gute Charge erhalten, auch wenn
du dich dabey wohl aufführest, weiter befördert
werden.

So bald der alte Kayser aufgehöret hatte zu re-
den, berührete ich mit meiner Stirne 3. mahl den
Erd-Boden, zum Zeichen meiner Danckbarkeit,
versprach mit dem Munde, solchergestalt Zeit mei-
nes gantzen Lebens der allergetreuste Knecht des
Kaysers zu verbleiben, wurde hernach unter die
Zahl der Geheim-Schreiber und Dollmetscher auf-
genommen, auch zugleich zum Unter Aufseher des
Bau-Wesens bestellet, bekam im übrigen die Frey-
heit, in der gantzen Residentz-Stadt herum zu wan-
deln, wohin ich wolte, jedoch nur ausser der Zeit
meiner Amts-Verichtungen, welche hauptsäch-
lich darinnen bestunden, daß ich zuweilen Morgens
wenigstens 2. biß 3. Stunden bey dem Kayser mit
zur Aufwartung seyn muste. Wenig Tage dar-
auf brachte mir mein kleiner Mohr, abermahls im
Wachs-Lichte, ein Pappier, worauf diese Zeilen ge-
schrieben stunden:

Mein Herr!

JCh bin nunmehro versichert, daß ihr er-
fahren habt, wie viel mein Vorspruch
gilt, und daß ihr dadurch in Freyheit gesetzt
seyd. Nunmero bin ich auch selbst begie-
rig euch persönlich zu sprechen, weil sich

aber
(H 2)

gegeben, daß du hinfuͤhro nicht mehr ein Gefange-
ner ſeyn ſolſt; es iſt dir erlaubt, ein Chriſt zu blei-
ben, und dir eine Chriſtliche Sclavin zur Frau
auszuſuchen, ſo bald derſelben eingebracht werden;
Allein, aus meinen Dienſten laſſe ich dich nicht, ſon-
dern du ſolſt eine gute Charge erhalten, auch wenn
du dich dabey wohl auffuͤhreſt, weiter befoͤrdert
werden.

So bald der alte Kayſer aufgehoͤret hatte zu re-
den, beruͤhrete ich mit meiner Stirne 3. mahl den
Erd-Boden, zum Zeichen meiner Danckbarkeit,
verſprach mit dem Munde, ſolchergeſtalt Zeit mei-
nes gantzen Lebens der allergetreuſte Knecht des
Kayſers zu verbleiben, wurde hernach unter die
Zahl der Geheim-Schreiber und Dollmetſcher auf-
genommen, auch zugleich zum Unter Aufſeher des
Bau-Weſens beſtellet, bekam im uͤbrigen die Frey-
heit, in der gantzen Reſidentz-Stadt herum zu wan-
deln, wohin ich wolte, jedoch nur auſſer der Zeit
meiner Amts-Verichtungen, welche hauptſaͤch-
lich darinnen beſtunden, daß ich zuweilen Morgens
wenigſtens 2. biß 3. Stunden bey dem Kayſer mit
zur Aufwartung ſeyn muſte. Wenig Tage dar-
auf brachte mir mein kleiner Mohr, abermahls im
Wachs-Lichte, ein Pappier, worauf dieſe Zeilen ge-
ſchrieben ſtunden:

Mein Herr!

JCh bin nunmehro verſichert, daß ihr er-
fahren habt, wie viel mein Vorſpruch
gilt, und daß ihr dadurch in Freyheit geſetzt
ſeyd. Nunmero bin ich auch ſelbſt begie-
rig euch perſoͤnlich zu ſprechen, weil ſich

aber
(H 2)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="115"/>
gegeben, daß du hinfu&#x0364;hro nicht mehr ein Gefange-<lb/>
ner &#x017F;eyn &#x017F;ol&#x017F;t; es i&#x017F;t dir erlaubt, ein Chri&#x017F;t zu blei-<lb/>
ben, und dir eine Chri&#x017F;tliche Sclavin zur Frau<lb/>
auszu&#x017F;uchen, &#x017F;o bald der&#x017F;elben eingebracht werden;<lb/>
Allein, aus meinen Dien&#x017F;ten la&#x017F;&#x017F;e ich dich nicht, &#x017F;on-<lb/>
dern du &#x017F;ol&#x017F;t eine gute <hi rendition="#aq">Charge</hi> erhalten, auch wenn<lb/>
du dich dabey wohl auffu&#x0364;hre&#x017F;t, weiter befo&#x0364;rdert<lb/>
werden.</p><lb/>
        <p>So bald der alte Kay&#x017F;er aufgeho&#x0364;ret hatte zu re-<lb/>
den, beru&#x0364;hrete ich mit meiner Stirne 3. mahl den<lb/>
Erd-Boden, zum Zeichen meiner Danckbarkeit,<lb/>
ver&#x017F;prach mit dem Munde, &#x017F;olcherge&#x017F;talt Zeit mei-<lb/>
nes gantzen Lebens der allergetreu&#x017F;te Knecht des<lb/>
Kay&#x017F;ers zu verbleiben, wurde hernach unter die<lb/>
Zahl der Geheim-Schreiber und Dollmet&#x017F;cher auf-<lb/>
genommen, auch zugleich zum Unter Auf&#x017F;eher des<lb/>
Bau-We&#x017F;ens be&#x017F;tellet, bekam im u&#x0364;brigen die Frey-<lb/>
heit, in der gantzen Re&#x017F;identz-Stadt herum zu wan-<lb/>
deln, wohin ich wolte, jedoch nur au&#x017F;&#x017F;er der Zeit<lb/>
meiner Amts-Verichtungen, welche haupt&#x017F;a&#x0364;ch-<lb/>
lich darinnen be&#x017F;tunden, daß ich zuweilen Morgens<lb/>
wenig&#x017F;tens 2. biß 3. Stunden bey dem Kay&#x017F;er mit<lb/>
zur Aufwartung &#x017F;eyn mu&#x017F;te. Wenig Tage dar-<lb/>
auf brachte mir mein kleiner Mohr, abermahls im<lb/>
Wachs-Lichte, ein Pappier, worauf die&#x017F;e Zeilen ge-<lb/>
&#x017F;chrieben &#x017F;tunden:</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Mein Herr!</hi> </hi> </salute><lb/>
              <p> <hi rendition="#in">J</hi> <hi rendition="#fr">Ch bin nunmehro ver&#x017F;ichert, daß ihr er-<lb/>
fahren habt, wie viel mein Vor&#x017F;pruch<lb/>
gilt, und daß ihr dadurch in Freyheit ge&#x017F;etzt<lb/>
&#x017F;eyd. Nunmero bin ich auch &#x017F;elb&#x017F;t begie-<lb/>
rig euch per&#x017F;o&#x0364;nlich zu &#x017F;prechen, weil &#x017F;ich</hi><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">(H 2)</fw>
                <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">aber</hi> </fw><lb/>
              </p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0123] gegeben, daß du hinfuͤhro nicht mehr ein Gefange- ner ſeyn ſolſt; es iſt dir erlaubt, ein Chriſt zu blei- ben, und dir eine Chriſtliche Sclavin zur Frau auszuſuchen, ſo bald derſelben eingebracht werden; Allein, aus meinen Dienſten laſſe ich dich nicht, ſon- dern du ſolſt eine gute Charge erhalten, auch wenn du dich dabey wohl auffuͤhreſt, weiter befoͤrdert werden. So bald der alte Kayſer aufgehoͤret hatte zu re- den, beruͤhrete ich mit meiner Stirne 3. mahl den Erd-Boden, zum Zeichen meiner Danckbarkeit, verſprach mit dem Munde, ſolchergeſtalt Zeit mei- nes gantzen Lebens der allergetreuſte Knecht des Kayſers zu verbleiben, wurde hernach unter die Zahl der Geheim-Schreiber und Dollmetſcher auf- genommen, auch zugleich zum Unter Aufſeher des Bau-Weſens beſtellet, bekam im uͤbrigen die Frey- heit, in der gantzen Reſidentz-Stadt herum zu wan- deln, wohin ich wolte, jedoch nur auſſer der Zeit meiner Amts-Verichtungen, welche hauptſaͤch- lich darinnen beſtunden, daß ich zuweilen Morgens wenigſtens 2. biß 3. Stunden bey dem Kayſer mit zur Aufwartung ſeyn muſte. Wenig Tage dar- auf brachte mir mein kleiner Mohr, abermahls im Wachs-Lichte, ein Pappier, worauf dieſe Zeilen ge- ſchrieben ſtunden: Mein Herr! JCh bin nunmehro verſichert, daß ihr er- fahren habt, wie viel mein Vorſpruch gilt, und daß ihr dadurch in Freyheit geſetzt ſeyd. Nunmero bin ich auch ſelbſt begie- rig euch perſoͤnlich zu ſprechen, weil ſich aber (H 2)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/123
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/123>, abgerufen am 21.11.2024.