Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

nigere Antwort als dem alten Dostart, weßwegen
er mit allerhand hochtrabenden, theils auch nieder-
trächtigen verliebten Worten und Narrens-Possen
aufgezogen kam, welche ich dergestalt belachte, daß
mich fast selbst darüber vergaß, endlich aber mir die
2. Susannen-Brüder in meinen Gedancken vorstel-
lete, deren Personen voritzo allhier Dostart und Rack-
huysen accurat praesentirt
en.

Jndem ich aber in diesen Gedancken verwickelt
war, entstund ein kleiner Tumult, weßwegen ich
durch den Ritz guckte, und wahrnahm, daß Mons.
Rackhuysen
die Dame par force küssen wolte, sie
wehrete sich nach ihren äusersten Vermögen/ allein,
er ward ihrer mächtig, und warff sie auf einen im
Winckel stehenden Schlaf-Stuhl, kehrete sich dar-
an nicht, daß sie ihn mit den Nägeln ins Gesicht
und ziemlich blutrünstig gekratzt hatte, sondern
wolte über das Küssen noch etwas mehreres versu-
chen, indem er ihr den Mund mit seinem Schnupff-
Tuche zuhielte, und die tröstlichen Worte darzu ge-
brauchte: Stille, Madame, was die Barbarn von
ihnen genossen haben, können sie ja auch wohl ei-
nen Christen gönnen. Nunmehro merckte ich erst,
daß das arme Ding nicht um Hülffe schreyen kon-
te, weil ihr der Mund zugehalten wurde, und daß
sie in Ausbleibung meiner Hülffe fast verzweiffeln
und ohnmächtig werden wolte, (denn ich konte
durch den Ritz zwar etwas, doch nicht alles abse-
hen,) derowegen sprang ich plötzlich aus dem Ca-
binet heraus, ergriff meinen an der Seite stehen-
den Degen, und hatte dem lustigen Bruder damit
schon 2. Streiche über den Rücken gegeben, als er

noch

nigere Antwort als dem alten Doſtart, weßwegen
er mit allerhand hochtrabenden, theils auch nieder-
traͤchtigen verliebten Worten und Narrens-Poſſen
aufgezogen kam, welche ich dergeſtalt belachte, daß
mich faſt ſelbſt daruͤber vergaß, endlich aber mir die
2. Suſannen-Bruͤder in meinen Gedancken vorſtel-
lete, deren Perſonen voritzo allhier Doſtart und Rack-
huyſen accurat præſentirt
en.

Jndem ich aber in dieſen Gedancken verwickelt
war, entſtund ein kleiner Tumult, weßwegen ich
durch den Ritz guckte, und wahrnahm, daß Monſ.
Rackhuyſen
die Dame par forçe kuͤſſen wolte, ſie
wehrete ſich nach ihren aͤuſerſten Vermoͤgen/ allein,
er ward ihrer maͤchtig, und warff ſie auf einen im
Winckel ſtehenden Schlaf-Stuhl, kehrete ſich dar-
an nicht, daß ſie ihn mit den Naͤgeln ins Geſicht
und ziemlich blutruͤnſtig gekratzt hatte, ſondern
wolte uͤber das Kuͤſſen noch etwas mehreres verſu-
chen, indem er ihr den Mund mit ſeinem Schnupff-
Tuche zuhielte, und die troͤſtlichen Worte darzu ge-
brauchte: Stille, Madame, was die Barbarn von
ihnen genoſſen haben, koͤnnen ſie ja auch wohl ei-
nen Chriſten goͤnnen. Nunmehro merckte ich erſt,
daß das arme Ding nicht um Huͤlffe ſchreyen kon-
te, weil ihr der Mund zugehalten wurde, und daß
ſie in Ausbleibung meiner Huͤlffe faſt verzweiffeln
und ohnmaͤchtig werden wolte, (denn ich konte
durch den Ritz zwar etwas, doch nicht alles abſe-
hen,) derowegen ſprang ich ploͤtzlich aus dem Ca-
binet heraus, ergriff meinen an der Seite ſtehen-
den Degen, und hatte dem luſtigen Bruder damit
ſchon 2. Streiche uͤber den Ruͤcken gegeben, als er

noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0190" n="182"/>
nigere Antwort als dem alten <hi rendition="#aq">Do&#x017F;tart,</hi> weßwegen<lb/>
er mit allerhand hochtrabenden, theils auch nieder-<lb/>
tra&#x0364;chtigen verliebten Worten und Narrens-Po&#x017F;&#x017F;en<lb/>
aufgezogen kam, welche ich derge&#x017F;talt belachte, daß<lb/>
mich fa&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t daru&#x0364;ber vergaß, endlich aber mir die<lb/>
2. Su&#x017F;annen-Bru&#x0364;der in meinen Gedancken vor&#x017F;tel-<lb/>
lete, deren Per&#x017F;onen voritzo allhier <hi rendition="#aq">Do&#x017F;tart</hi> und <hi rendition="#aq">Rack-<lb/>
huy&#x017F;en accurat præ&#x017F;entirt</hi>en.</p><lb/>
          <p>Jndem ich aber in die&#x017F;en Gedancken verwickelt<lb/>
war, ent&#x017F;tund ein kleiner Tumult, weßwegen ich<lb/>
durch den Ritz guckte, und wahrnahm, daß <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;.<lb/>
Rackhuy&#x017F;en</hi> die <hi rendition="#aq">Dame par forçe</hi> ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wolte, &#x017F;ie<lb/>
wehrete &#x017F;ich nach ihren a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Vermo&#x0364;gen/ allein,<lb/>
er ward ihrer ma&#x0364;chtig, und warff &#x017F;ie auf einen im<lb/>
Winckel &#x017F;tehenden Schlaf-Stuhl, kehrete &#x017F;ich dar-<lb/>
an nicht, daß &#x017F;ie ihn mit den Na&#x0364;geln ins Ge&#x017F;icht<lb/>
und ziemlich blutru&#x0364;n&#x017F;tig gekratzt hatte, &#x017F;ondern<lb/>
wolte u&#x0364;ber das Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en noch etwas mehreres ver&#x017F;u-<lb/>
chen, indem er ihr den Mund mit &#x017F;einem Schnupff-<lb/>
Tuche zuhielte, und die tro&#x0364;&#x017F;tlichen Worte darzu ge-<lb/>
brauchte: Stille, <hi rendition="#aq">Madame,</hi> was die Barbarn von<lb/>
ihnen geno&#x017F;&#x017F;en haben, ko&#x0364;nnen &#x017F;ie ja auch wohl ei-<lb/>
nen Chri&#x017F;ten go&#x0364;nnen. Nunmehro merckte ich er&#x017F;t,<lb/>
daß das arme Ding nicht um Hu&#x0364;lffe &#x017F;chreyen kon-<lb/>
te, weil ihr der Mund zugehalten wurde, und daß<lb/>
&#x017F;ie in Ausbleibung meiner Hu&#x0364;lffe fa&#x017F;t verzweiffeln<lb/>
und ohnma&#x0364;chtig werden wolte, (denn ich konte<lb/>
durch den Ritz zwar etwas, doch nicht alles ab&#x017F;e-<lb/>
hen,) derowegen &#x017F;prang ich plo&#x0364;tzlich aus dem Ca-<lb/>
binet heraus, ergriff meinen an der Seite &#x017F;tehen-<lb/>
den Degen, und hatte dem lu&#x017F;tigen Bruder damit<lb/>
&#x017F;chon 2. Streiche u&#x0364;ber den Ru&#x0364;cken gegeben, als er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0190] nigere Antwort als dem alten Doſtart, weßwegen er mit allerhand hochtrabenden, theils auch nieder- traͤchtigen verliebten Worten und Narrens-Poſſen aufgezogen kam, welche ich dergeſtalt belachte, daß mich faſt ſelbſt daruͤber vergaß, endlich aber mir die 2. Suſannen-Bruͤder in meinen Gedancken vorſtel- lete, deren Perſonen voritzo allhier Doſtart und Rack- huyſen accurat præſentirten. Jndem ich aber in dieſen Gedancken verwickelt war, entſtund ein kleiner Tumult, weßwegen ich durch den Ritz guckte, und wahrnahm, daß Monſ. Rackhuyſen die Dame par forçe kuͤſſen wolte, ſie wehrete ſich nach ihren aͤuſerſten Vermoͤgen/ allein, er ward ihrer maͤchtig, und warff ſie auf einen im Winckel ſtehenden Schlaf-Stuhl, kehrete ſich dar- an nicht, daß ſie ihn mit den Naͤgeln ins Geſicht und ziemlich blutruͤnſtig gekratzt hatte, ſondern wolte uͤber das Kuͤſſen noch etwas mehreres verſu- chen, indem er ihr den Mund mit ſeinem Schnupff- Tuche zuhielte, und die troͤſtlichen Worte darzu ge- brauchte: Stille, Madame, was die Barbarn von ihnen genoſſen haben, koͤnnen ſie ja auch wohl ei- nen Chriſten goͤnnen. Nunmehro merckte ich erſt, daß das arme Ding nicht um Huͤlffe ſchreyen kon- te, weil ihr der Mund zugehalten wurde, und daß ſie in Ausbleibung meiner Huͤlffe faſt verzweiffeln und ohnmaͤchtig werden wolte, (denn ich konte durch den Ritz zwar etwas, doch nicht alles abſe- hen,) derowegen ſprang ich ploͤtzlich aus dem Ca- binet heraus, ergriff meinen an der Seite ſtehen- den Degen, und hatte dem luſtigen Bruder damit ſchon 2. Streiche uͤber den Ruͤcken gegeben, als er noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/190
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/190>, abgerufen am 24.11.2024.