sondern auch täglich selbst etliche Stunden privatim informirte, endlich aber in eine grosse Stadt zu einem vornehmen Kauff- und Handelsmanne, um bey sel- bigen die Handlung zu erlernen, brachte, auch hin- längliche Caution vor mich machte. Jch führete mich | zeitwährenden meinen Lehr-Jahren, ohne Ruhm zu melden, so auf, daß mein Herr und mei- ne Eltern wohl zufrieden mit mir waren; sonsten aber passirte mir in meinen Lehr-Jahren dieser no- table Streich: eines Abends, da mein Herr sich mit etlichen frembden Kauff-Leuten in einem Wein- Hause befand, muste ich mit der Laterne dahin ge- hen, denselben nach Hause zu leuchten, allda hörete ich nun verschiedene Handels-Gespräche, ein eintzi- ger frembder Kauffmann aber, faß beständig in sehr tieffen Gedancken, weßwegen mein Herr, der vom Weine ein wenig lustig worden war, aufstund, ihn auf die Schulter klopfte und sagte: betrübet euch nicht, mein Herr! vor der Zeit, denn das Schiff kan noch glücklich zurück kommen. Ja ja! antwortete jener, mein Herr! wollet ihr mir 10000 gegen 20000 setzen. Mein Patron war ein ungemein rei- cher Mann und gar gewaltiger Hazardeur, weßwe- gen er ohne langes Bedencken heraus fuhr: Wa Topp! kömmt das Schiff mit der Ladung zurücke, so zahlet ihr mir 20000. Tahl. ist es verlohren gegan- gen, so zahle ich euch 10000. Thlr. Der Frembde ließ sich ebenfals nicht lange nöthigen, sondern schlug zu, die andern musten Zeugen seyn, der Contract wurde mit wenig Zeilen errichtet und behörig unter- schrieben, hierauf gieng ein jeder seines Weges.
So bald mein Herr in die freye Luft kam, moch-
te
ſondern auch taͤglich ſelbſt etliche Stunden privatim informirte, endlich aber in eine groſſe Stadt zu einem vornehmen Kauff- und Handelsmanne, um bey ſel- bigen die Handlung zu erlernen, brachte, auch hin- laͤngliche Caution vor mich machte. Jch fuͤhrete mich | zeitwaͤhrenden meinen Lehr-Jahren, ohne Ruhm zu melden, ſo auf, daß mein Herr und mei- ne Eltern wohl zufrieden mit mir waren; ſonſten aber paſſirte mir in meinen Lehr-Jahren dieſer no- table Streich: eines Abends, da mein Herr ſich mit etlichen frembden Kauff-Leuten in einem Wein- Hauſe befand, muſte ich mit der Laterne dahin ge- hen, denſelben nach Hauſe zu leuchten, allda hoͤrete ich nun verſchiedene Handels-Geſpraͤche, ein eintzi- ger frembder Kauffmann aber, faß beſtaͤndig in ſehr tieffen Gedancken, weßwegen mein Herr, der vom Weine ein wenig luſtig worden war, aufſtund, ihn auf die Schulter klopfte und ſagte: betruͤbet euch nicht, mein Herr! vor der Zeit, denn das Schiff kan noch gluͤcklich zuruͤck kommen. Ja ja! antwortete jener, mein Herr! wollet ihr mir 10000 gegen 20000 ſetzen. Mein Patron war ein ungemein rei- cher Mann und gar gewaltiger Hazardeur, weßwe- gen er ohne langes Bedencken heraus fuhr: Wa Topp! koͤmmt das Schiff mit der Ladung zuruͤcke, ſo zahlet ihr mir 20000. Tahl. iſt es verlohren gegan- gen, ſo zahle ich euch 10000. Thlr. Der Frembde ließ ſich ebenfals nicht lange noͤthigen, ſondern ſchlug zu, die andern muſten Zeugen ſeyn, der Contract wurde mit wenig Zeilen errichtet und behoͤrig unter- ſchrieben, hierauf gieng ein jeder ſeines Weges.
So bald mein Herr in die freye Luft kam, moch-
te
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0020"n="12"/>ſondern auch taͤglich ſelbſt etliche Stunden <hirendition="#aq">privatim</hi><lb/>
informirte, endlich aber in eine groſſe Stadt zu einem<lb/>
vornehmen Kauff- und Handelsmanne, um bey ſel-<lb/>
bigen die Handlung zu erlernen, brachte, auch hin-<lb/>
laͤngliche <hirendition="#aq">Caution</hi> vor mich machte. Jch fuͤhrete<lb/>
mich | zeitwaͤhrenden meinen Lehr-Jahren, ohne<lb/>
Ruhm zu melden, ſo auf, daß mein Herr und mei-<lb/>
ne Eltern wohl zufrieden mit mir waren; ſonſten<lb/>
aber <hirendition="#aq">paſſir</hi>te mir in meinen Lehr-Jahren dieſer <hirendition="#aq">no-<lb/>
table</hi> Streich: eines Abends, da mein Herr ſich mit<lb/>
etlichen frembden Kauff-Leuten in einem Wein-<lb/>
Hauſe befand, muſte ich mit der Laterne dahin ge-<lb/>
hen, denſelben nach Hauſe zu leuchten, allda hoͤrete<lb/>
ich nun verſchiedene Handels-Geſpraͤche, ein eintzi-<lb/>
ger frembder Kauffmann aber, faß beſtaͤndig in ſehr<lb/>
tieffen Gedancken, weßwegen mein Herr, der vom<lb/>
Weine ein wenig luſtig worden war, aufſtund, ihn<lb/>
auf die Schulter klopfte und ſagte: betruͤbet euch<lb/>
nicht, mein Herr! vor der Zeit, denn das Schiff kan<lb/>
noch gluͤcklich zuruͤck kommen. Ja ja! antwortete<lb/>
jener, mein Herr! wollet ihr mir 10000 gegen<lb/>
20000 ſetzen. Mein <hirendition="#aq">Patron</hi> war ein ungemein rei-<lb/>
cher Mann und gar gewaltiger <hirendition="#aq">Hazardeur,</hi> weßwe-<lb/>
gen er ohne langes Bedencken heraus fuhr: <hirendition="#aq">Wa<lb/>
Topp!</hi> koͤmmt das Schiff mit der Ladung zuruͤcke,<lb/>ſo zahlet ihr mir 20000. Tahl. iſt es verlohren gegan-<lb/>
gen, ſo zahle ich euch 10000. Thlr. Der Frembde<lb/>
ließ ſich ebenfals nicht lange noͤthigen, ſondern ſchlug<lb/>
zu, die andern muſten Zeugen ſeyn, der <hirendition="#aq">Contract</hi><lb/>
wurde mit wenig Zeilen errichtet und behoͤrig unter-<lb/>ſchrieben, hierauf gieng ein jeder ſeines Weges.</p><lb/><p>So bald mein Herr in die freye Luft kam, moch-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">te</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[12/0020]
ſondern auch taͤglich ſelbſt etliche Stunden privatim
informirte, endlich aber in eine groſſe Stadt zu einem
vornehmen Kauff- und Handelsmanne, um bey ſel-
bigen die Handlung zu erlernen, brachte, auch hin-
laͤngliche Caution vor mich machte. Jch fuͤhrete
mich | zeitwaͤhrenden meinen Lehr-Jahren, ohne
Ruhm zu melden, ſo auf, daß mein Herr und mei-
ne Eltern wohl zufrieden mit mir waren; ſonſten
aber paſſirte mir in meinen Lehr-Jahren dieſer no-
table Streich: eines Abends, da mein Herr ſich mit
etlichen frembden Kauff-Leuten in einem Wein-
Hauſe befand, muſte ich mit der Laterne dahin ge-
hen, denſelben nach Hauſe zu leuchten, allda hoͤrete
ich nun verſchiedene Handels-Geſpraͤche, ein eintzi-
ger frembder Kauffmann aber, faß beſtaͤndig in ſehr
tieffen Gedancken, weßwegen mein Herr, der vom
Weine ein wenig luſtig worden war, aufſtund, ihn
auf die Schulter klopfte und ſagte: betruͤbet euch
nicht, mein Herr! vor der Zeit, denn das Schiff kan
noch gluͤcklich zuruͤck kommen. Ja ja! antwortete
jener, mein Herr! wollet ihr mir 10000 gegen
20000 ſetzen. Mein Patron war ein ungemein rei-
cher Mann und gar gewaltiger Hazardeur, weßwe-
gen er ohne langes Bedencken heraus fuhr: Wa
Topp! koͤmmt das Schiff mit der Ladung zuruͤcke,
ſo zahlet ihr mir 20000. Tahl. iſt es verlohren gegan-
gen, ſo zahle ich euch 10000. Thlr. Der Frembde
ließ ſich ebenfals nicht lange noͤthigen, ſondern ſchlug
zu, die andern muſten Zeugen ſeyn, der Contract
wurde mit wenig Zeilen errichtet und behoͤrig unter-
ſchrieben, hierauf gieng ein jeder ſeines Weges.
So bald mein Herr in die freye Luft kam, moch-
te
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/20>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.